Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
konnte, woraufhin sie seinen Sohn Johan entführte. Später war Eriks Hypnose dann der Grund dafür, dass sie Johan töten musste. Deshalb entführte sie Benjamin, als Erik wieder hypnotisierte.
Eriks Gesicht ist todernst, hart und verschlossen. Er öffnet den Mund, um zu erklären, dass er wahrscheinlich Evelyns Leben rettete, als er sein Versprechen brach, verzichtet jedoch darauf, als ein Polizeimeister zu ihnen tritt.
»Wir müssen los«, sagt der Mann kurz. »Das Flugzeug startet in zehn Minuten.«
»Hast du mit den Kollegen in Dorotea gesprochen?«, erkundigt sich Joona.
»Sie können die Streife nicht erreichen, die zu dem Haus gefahren ist«, antwortet der Polizist.
»Warum nicht?«
»Keine Ahnung, aber sie sagen, dass sie es fünfzig Minuten lang versucht haben.«
»Verdammt, dann müssen sie doch Verstärkung schicken«, erklärt Joona.
»Das habe ich auch gesagt, aber sie wollten lieber noch abwarten.«
Als sie die kurze Strecke zu dem Flugzeug gehen, das sie zum Flughafen von Vilhelmina im südlichen Lappland bringen wird, fühlt sich Erik für einen Moment seltsam erleichert: Er hat die ganze Zeit Recht gehabt.
Er blickt in den fallenden Schnee, der gleichzeitig leicht und schwer durch die Luft wirbelt. Simone dreht sich zu ihm um und nimmt seine Hand.
51.
Donnerstag, der siebzehnte Dezember
Benjamin liegt auf dem Fußboden und lauscht dem Schaukelstuhl, dessen gebogene Kufen klebrig über die glänzende Fläche des Kunststoffbodens knarren. Inzwischen hat er starke Gliederschmerzen. Der Stuhl bewegt sich gemächlich vor und zurück. Es knarrt, und der Wind streicht über das Blechdach. Plötzlich singt die grobe Feder an der Tür zum Vorbau metallisch. Schwere Schritte bewegen sich durch den Gang. Jemand tritt seine Stiefel ab. Benjamin hebt den Kopf, aber als er zu sehen versucht, wer den Raum betritt, spannt die Hundeleine um seinen Hals.
»Leg dich hin«, murmelt Lydia.
Er senkt den Kopf zum Fußboden und spürt erneut die langen rauen Fransen des Webteppichs an seiner Wange. Trockener Staubgeruch steigt ihm in die Nase.
»In drei Tagen ist der vierte Advent«, sagt Jussi. »Da könnten wir Pfefferkuchen backen.«
»Die Sonntage sind zur Züchtigung da und zu nichts anderem«, entgegnet Lydia und schaukelt weiter.
Marek kichert über etwas, verstummt jedoch abrupt.
»Lach du nur«, meint Lydia.
»Es war nichts.«
»Ich will, dass meine Familie fröhlich ist«, erklärt Lydia gedämpft.
»Das sind wir«, erwidert Marek.
Der Fußboden ist kalt, und es zieht kühl an den Wänden, die Wollmäuse im Kabelgewirr hinter dem Fernseher rollen hin und her. Benjamin ist nach wie vor nur mit seinem Schlafanzug bekleidet. Er denkt an ihre Ankunft in Jussis verwunschenem Schloss zurück. An dem Tag lag schon Schnee, und seitdem hat es geschneit, getaut und wieder gefroren. Er war von Marek durch einen Fahrzeugpark vor dem Haus geführt worden, zwischen alten, schneebedeckten Bussen und aufgebockten Autowracks hindurch. Er war mit nackten, brennenden Füßen durch den Schnee gestapft. Wenn man zwischen den großen verschneiten Autos über den Hof ging, kam man sich vor wie in einem Burggraben. Im Haus hatte Licht gebrannt, und Jussi war mit dem Elchstutzen auf dem Arm auf die Eingangstreppe hinausgetreten. Als er Lydia erblickte, schien jedoch alle Kraft aus ihm zu weichen. Er hatte sie nicht erwartet, und sie waren ihm auch nicht willkommen, aber er würde keinen Widerstand leisten, sich Lydias Willen unterwerfen und sich ihr fügen, wie sich das Vieh fügt. Als Marek zu ihm ging und ihm das Gewehr abnahm, schüttelte Jussi nur den Kopf. Dann hatte man Schritte gehört, und Annbritt war aus dem Haus getreten. Jussi hatte gemurmelt, dass sie mit ihm zusammenlebte und sie Annbritt doch bitte laufen lassen sollten. Als Annbritt die Hundeleine um Benjamins Hals sah, wurde sie leichenblass und versuchte, ins Haus zurückzukehren und die Tür zu schließen. Marek hinderte sie daran, indem er den Gewehrlauf in den Türspalt steckte und grinsend fragte, ob sie eintreten dürften.
»Wollen wir über das Weihnachtsessen sprechen?«, fragt Annbritt jetzt mit unsicherer Stimme.
»Am wichtigsten sind die Heringshappen und die Presskopfsülze«, sagt Jussi.
Lydia seufzt gereizt. Benjamin blickt zu dem goldfarbenen Deckenventilator mit seinen vier ebenso goldfarbenen Lampen auf. Die Schatten der stillstehenden Flügel sehen auf dem weiß gestrichenen Masonit aus wie eine graue
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