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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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vorbeizwängt. Er stößt versehentlich eine alte Frau mit einem Rollator an, die ihm daraufhin hinter seinem Rücken den Finger zeigt.
    Simone kehrt zum Posteingang zurück und findet eine kurze Mail von Aida, bei der sich ihre Nackenhaare sträuben. Die wenigen Worte lassen eine unförmige Angst in ihr aufsteigen. Ihre Handflächen sind auf einmal schweißnass. Sie dreht sich um und zieht Kennets Aufmerksamkeit auf sich.
    »Lies dir das einmal durch, Papa.«
    Sie dreht den Bildschirm so in seine Richtung, dass er Aidas Mail lesen kann: Nicke sagt, dass Wailord wütend ist, dass er sein Maul gegen dich aufgerissen hat. Ich glaube, das könnte wirklich gefährlich werden, Benjamin.
    »Nicke ist Aidas jüngerer Bruder«, erläutert Simone.
    »Und Wailord?«, erkundigt sich Kennet und atmet tief durch. »Sagt dir das was?«
    Simone schüttelt den Kopf. Die plötzliche Angst rumort weiter in ihr. Was weiß sie eigentlich noch über Benjamins Leben?
    »Ich glaube, es ist der Name einer Pokemonfigur«, sagt sie. »Aidas Bruder hat Wailord erwähnt.«
    Simone wechselt in den Ordner über Gesendete Objekte und findet dort Benjamins aufgebrachte Antwort: Nicke muss im Haus bleiben. Lass ihn nicht zum Meer gehen. Wenn Wailord wirklich wütend ist, wird es für einen von uns übel ausgehen. Wir hätten gleich zur Polizei gehen sollen. Ich glaube, es wäre zu gefährlich, das jetzt zu tun.
    »Verdammt«, sagt Kennet.
    »Ich weiß nicht, ob man das ernst nehmen soll oder ob es bloß zu einem Spiel gehört.«
    »Ich finde nicht, dass es wie ein Spiel klingt.«
    »Nein.«
    Kennet atmet hörbar aus und kratzt sich am Bauch.
    »Aida und Nicke«, sagt er langsam. »Was sind das eigentlich für Menschen?«
    Simone sieht ihren Vater an und fragt sich, was sie antworten soll. Jemanden wie Aida würde Kennet niemals verstehen. Ein schwarz gekleidetes, gepierctes, geschminktes und tätowiertes Mächen aus merkwürdigen Familienverhältnissen.
    »Aida ist Benjamins Freundin«, sagt Simone. »Und Nicke ist ihr Bruder. Hier muss es auch irgendwo ein Bild von ihr und Benjamin geben.«
    Sie holt Benjamins Portemonnaie und findet darin das Bild von Aida. Benjamin hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Sie wirkt ein bisschen verlegen, aber er lacht ausgelassen in die Kamera.
    »Aber was sind das für Leute«, beharrt Kennet und betrachtet Aidas stark geschminktes Gesicht auf dem Bild.
    »Was sind das für Leute«, erwidert sie bedächtig. »Das weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau. Ich weiß nur, dass Benjamin sie sehr gern hat. Und dass sie sich um ihren Bruder zu kümmern scheint. Ich glaube, er ist irgendwie geistig zurückgeblieben.«
    »Aggressiv?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das denke ich nicht«, sagt sie.
    Sie überlegt und erzählt dann:
    »Ihre Mutter scheint krank zu sein. Es kam mir am Telefon so vor, als hätte sie ein Lungenemphysem, aber mehr weiß ich darüber nicht.«
    Kennet verschränkt die Arme vor der Brust. Er lehnt sich zurück und sieht zur Decke. Dann richtet er sich wieder auf und sagt ernst:
    »Wailord ist eine Comicfigur, stimmt’s?«
    »Ein Pokemon«, antwortet sie.
    »Muss man die kennen?«
    »Wenn man Kinder in einem bestimmten Alter hat, kennt man sie, ob man will oder nicht«, antwortet sie.
    Kennet sieht sie verständnislos an.
    »Pokemon«, wiederholt Simone, »ist eine Art Spiel.«
    »Ein Spiel?«
    »Weißt du nicht mehr, dass Benjamin mit ihnen gespielt hat, als er kleiner war? Er hat die Karten gesammelt und über die verschiedenen Attacken geredet und wie die Figuren sich entwickeln.«
    Kennet schüttelt den Kopf.
    »Er hat sie mit Sicherheit zwei Jahre gesammelt«, sagt sie.
    »Heute nicht mehr?«
    »Dafür ist er mittlerweile ein bisschen zu groß«, antwortet sie.
    »Ich habe dich noch mit Puppen spielen sehen, als du vom Reitlager nach Hause kamst.«
    »Tja, wer weiß, vielleicht spielt er heimlich«, sagt sie.
    »Worum geht es bei diesen Pokemon?«
    »Wie soll ich das erklären? Es hat mit Tieren zu tun. Aber es sind keine richtigen Tiere. Sie sind konstruiert, sehen aus wie Insekten oder Roboter, was weiß ich. Manche sind niedlich und andere eher eklig. Ursprünglich kommen sie aus Japan, irgendwann in den Neunzigern sind sie dann bei uns aufgetaucht, ich glaube, Ende der neunziger Jahre, und haben sich zu einer regelrechten Industrie entwickelt. Diese Figuren sind Taschenmonster. Der Spieler hat sie in der Tasche, sie können zusammengerollt und in kleine Kugeln gelegt werden. Das Ganze ist

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