Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
machte Kendrick kehrt und verließ das Zimmer.
Yakov starrte dem Amerikaner nach, starrte auf die geschlossene Tür und dann auf den halb auf dem Boden liegenden und halb an der Wand lehnenden Leichnam. Er nahm die Uzi in die linke Hand, zog mit der rechten das Funkgerät aus dem Gürtel und drückte auf einen Knopf.
» Itklem «, sagte die Stimme von Schwarz, der vor dem Hotel postiert war.
»Hast du die anderen erreicht?«
»Das hat R gemacht. Sie sind hier – oder besser gesagt, sie kommen eben die Al Ahd herauf. Unser älterer Kollege ist mit R zusammen. G geht neben dem ältesten, aber mit dem scheint etwas nicht in Ordnung zu sein. G muß ihn stützen. Was ist mit dir?«
»Ich nütze euch jetzt nichts, vielleicht später.«
»Und Orange?«
»Tot...«
»Was?«
»Das Schwein auch. Das Objekt verläßt eben das Hotel. Trägt
eine rote und blaue Uniform. Geh ihm nach. Er hat total durchgedreht. Ruf mich in meinem Zimmer an, ich bin da.«
Wie betäubt überquerte Kendrick Wadi Al Ahd und ging auf das Gebüsch zu, in dem er die Plastiktüte versteckt hatte. Eigentlich war es ihm gleichgültig, ob sie noch da war oder nicht, doch er würde sich in den Sachen aus Maskat einfach wohler fühlen und sich unauffälliger bewegen können als in der bunten Gardistenuniform. Denn gleichgültig, was geschehen war, er war so weit gekommen und konnte jetzt nicht mehr zurück. Nur einen einzigen Mann brauche ich, wiederholte er immer wieder in Gedanken. Ich muß ihn finden. Ich muß den Mahdi finden!
Die Einkaufstüte war noch da und der Schatten, den das Gebüsch warf, für seine Zwecke tief genug. Langsam, Kleidungsstück für Kleidungsstück, zog er sich um. Dann trat er wieder auf den Gehsteig hinaus und schlug die Richtung zur Schaikh-Isa-Straße und der Dschuma-Moschee ein.
» Itklem « sagte Yakov in sein Funkgerät, in seinem Zimmer auf dem Bett liegend, mehrere Handtücher fest um seine Wunden gewickelt und in warmes und lauwarmes Wasser getauchte Waschlappen auf der Bettdecke verstreut.
»Hier spricht G«, antwortete Grau. »Wie schlimm bist du dran?«
»Es sind hauptsächlich Schnitte und Stiche. Ziemlicher Blutverlust. Nichts Lebensgefährliches.«
»Bist du damit einverstanden, daß ich dich vertrete, bis du wieder fit bist?«
»So war’s ausgemacht.«
»Ich wollte es von dir hören.«
»Das hast du jetzt.«
»Ich möchte noch etwas anderes wissen. Das Schwein ist eliminiert, sollen wir jetzt unsere Zelte hier abbrechen und nach Maskat zurückkehren? Ich kann es erzwingen, wenn du ja sagst.«
Yakov blickte, von einem inneren Zwiespalt geschüttelt, zur Decke hinauf. Die Worte des Amerikaners brannten ihm noch immer in den Ohren. »Nein«, sagte er. »Er ist zu weit gekommen, er riskiert zuviel. Bleibt bei ihm.«
»Nun zu W. Ich möchte ihn gern zurücklassen. Bei dir vielleicht.«
»Darauf läßt er sich nie ein. Der Mann dort draußen ist sein ›Sohn‹, vergiß das nicht.«
»Du hast recht. Es war ja nur ein Vorschlag. Ich möchte hinzufügen, daß er unmöglich ist. «
»Erzähl mir was, das ich noch nicht weiß...«
»Gern«, unterbrach Grau. »Das Objekt hat die Uniform ausgezogen und hat eben die Straße überquert. W hat ihn entdeckt.«
»Er geht wie ein Toter.«
»Wahrscheinlich ist er schon tot.«
»Ende.«
Auf dem Weg zur Dschuma-Moschee überlegte Kendrick es sich anders. Sein Instinkt sagte ihm, daß er inmitten einer in dieselbe Richtung strebenden Menge am sichersten war. Nachdem er auf der breiten Bab-Al-Bahrein nach Norden abgebogen war, wollte er über den riesigen Bab-Al-Platz die Al-Khalifa-Straße erreichen. Er wagte sich in ein Labyrinth, das wußte er, aber er wußte auch, daß in diesem Straßennetz ein oder mehrere Männer auf der Lauer liegen und darauf warten würden, daß der tote Asra erschien. Das war sein einziger, jedoch ziemlich großer Vorteil. Er wußte, nach wem sie Ausschau hielten. Er würde den Treffpunkt wie ein Falke umkreisen, der landen wollte, bis er jemand sah – den richtigen Jemand, der begriff, daß er mit seinem Leben spielte, wenn er den »Kronprinzen« der Terroristen nicht zum Mahdi brachte. Dieser Mann würde sich selbst verraten, vielleicht sogar Leute anhalten, um ihnen ins Gesicht zu sehen, und seine Angst würde mit jeder Minute wachsen. Kendrick würde diesen Mann finden, sich seiner bemächtigen und ihn erledigen. Oder machte er sich selbst etwas vor, machte seine Besessenheit ihn blind? Es war nicht mehr wichtig,
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