Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
an. Ihre beiden Wagen sind noch da.«
»Können Sie ihm trauen?« fragte Yakov.
»Ich habe seinen Namen und seine Zulassungsnummer.«
»Das hat gar nichts zu bedeuten«, protestierte Weingrass.
»Ich habe ihm gesagt, daß ich ihn umbringe, wenn er lügt.«
»Von dieser Erklärung distanziere ich mich, Stümper.«
»Wollen Sie bitte...«
»Halten Sie den Mund! In welchem Teil des Sahalhuddin-Gebäudes ist die Firma Sariba untergebracht?«
»In den beiden obersten Stockwerken, wenn ich nicht irre. Die unteren Etagen sind an die Tochtergesellschaften vermietet. Das ganze Gebäude gehört der Sariba.«
»Sehr praktisch«, sagte Weingrass. »Können Sie uns die neuesten Bau- und die Schaltpläne der Alarmanlagen besorgen? Ich verstehe mich recht gut auf diese Dinge.«
»Um diese Zeit?« rief der Beamte. »Es ist nach drei Uhr morgens. Ich wüßte nicht...«
»Wie wär’s mit einer Million Dollar?« fiel Weingrass ihm freundlich ins Wort. »Ich schicke Ihnen das Geld aus Paris. Mein Wort darauf.«
»Was?«
»Teilen Sie das Geld auf, wie Sie wollen. Mein Sohn ist in diesem Haus. Besorgen Sie die Pläne!«
Der kleine Raum war dunkel, nur schwaches Mondlicht fiel durch ein hoch oben in die Wand eingelassenes Fenster – ein unerreichbares Fenster, denn im Raum stand außer einer niedrigen Pritsche kein Möbelstück. Ein Posten hatte ihm eine Flasche siber-ta-abjad gebracht, einen schnell betäubenden einheimischen Whisky, und hatte angedeutet, daß das, was ihn erwartete, im Zustand der Volltrunkenheit besser zu ertragen war. Die Vorstellung war verlockend; er hatte Angst. Sie fraß ihn fast auf, diese Angst. Er schwitzte so stark, daß sein Hemd klatschnaß war. Was ihn davon abhielt, die Flasche zu öffnen, waren die letzten Reste seines Zorns – und eine letzte Tat, die er begehen konnte. Er wollte sich wehren, wollte mit dem ganzen Haß, der ganzen Gewalttätigkeit kämpfen, die in ihm waren, wobei er im Hintergrund seines Bewußtseins vielleicht auf eine Kugel hoffte, die alles schnell beenden würde.
Lieber Gott, warum hatte er sich nur eingebildet, er könne es schaffen? Wieso war er nur so wahnwitzig und besessen gewesen zu glauben, er sei zu Dingen befähigt, die viel erfahrenere Leute für selbstmörderisch hielten? Die Frage war zugleich die Antwort: Er war besessen. Der heiße Wind des Hasses verbrannte ihn; hätte er den Versuch nicht gewagt, hätte er ihn ausgebrannt. Und er hatte nicht völlig versagt; er hatte sein Leben zwar verwirkt, aber nur weil er bis zu einem gewissen Grad Erfolg gehabt hatte. Er hatte die Existenz des Mahdi bewiesen. Er hatte einen Pfad durch den dichten Dschungel aus Betrug und Manipulation geschlagen. Andere würden ihm folgen; das war ein Trost.
Er warf wieder einen Blick auf die Flasche, betrachtete die Flüssigkeit, die ihm helfen könnte, sich fortzustehlen. Doch dann schüttelte er, ohne es zu merken, ganz langsam den Kopf. Der Mahdi sagte, seine Gesten seien so pathetisch wie seine Worte. Aber in der Maschine, die die Untiefen von Katar überflog, sollte weder das eine noch das andere pathetisch sein.
Jeder Soldat der Masada-Brigade hatte von Anfang an verstanden, und jeder überprüfte das Plastikband, das er ums linke
Handgelenk trug, um sich zu überzeugen, daß die Zyankalikapsel noch an Ort und Stelle war. Keiner hatte Papiere oder irgend etwas bei sich, an Hand dessen er identifiziert werden konnte; ihre »Arbeitskleidung«, von den billigen Hosenknöpfen bis hinunter zu den Schuhen, war von Mossad-Agenten in Bengasi, Libyen, gekauft worden, dem bedeutendsten Zentrum für die Anwerbung von Terroristen. In diesen Tagen, in denen es gang und gäbe war, mit Chemikalien zu arbeiten, Amphetamine und Skopolamin injiziert wurden, durfte es sich kein Mitglied der Masada-Brigade erlauben, sich an einem Ort lebend gefangennehmen zu lassen, an dem seine Aktion auch nur entfernt mit den Vorgängen in Oman in Verbindung gebracht werden konnte. Israel konnte es sich nicht leisten, für den Massenmord an zweihundertsechsunddreißig amerikanischen Geiseln verantwortlich gemacht zu werden, und das Gespenst israelischer Einmischung durfte erst gar nicht auftauchen, selbst wenn jeder einzelne Mann, der in Vorderasien zum Einsatz kam, Selbstmord begehen mußte. O ja, das hatten sie alle verstanden. Ein Biß in die weiche Gelatinekapsel, und man war tot.
Die Straße Al-Tidschar war menschenleer; Nebelschwaden zogen vom Persischen Golf herein und ließen Straßen
Weitere Kostenlose Bücher