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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hauptsächlich deshalb geheim, damit seine Frau nichts davon erfährt oder im umgekehrten Fall der Ehemann unwissend bleibt. »Wenn ich etwas verrate, will ich auf der Stelle tot umfallen«, ist eine Erklärung, die man von Kindern aller Altersstufen zu hören bekommt, die trotzdem ihr Wort nicht halten; wenn es jedoch um einen ungewöhnlichen Todesfall geht, muß der Kreis des Schweigens undurchdringlich sein. Wie an diesem Abend, an dem die fünf Limousinen auf ihrer Fahrt zur Chesapeake Bay das Dorf Cynwid Hollow passierten.
    Die hohe Bibliothek, die sich in dem am Wasser liegenden Flügel des riesigen Hauses befand, war ein durch und durch maskuliner Raum. Leder und poliertes Holz waren vorherrschend, Spitzbogenfenster blickten in den streng gegliederten, von Flutlicht erleuchteten Park hinaus, und die Wände bedeckten Regale mit Prachtfolianten und schlichten Büchern aus allen
Wissensgebieten. Lehnsessel aus weichem braunen Leder neben Bodenlampen luden zum Schmökern ein, und an der der Tür gegenüberliegenden Wand stand in der rechten Ecke ein ausladender Schreibtisch aus Kirschbaumholz mit einem hochlehnigen Drehstuhl aus schwarzem Leder. Die für einen solchen Raum so typische Einrichtung vervollständigte ein großer runder Tisch in der Mitte – Treffpunkt für Konferenzen, die am besten verborgen in einer ländlichen Idylle abgehalten wurden.
    Das war aber schon alles, was diesem Raum den Anschein von Normalität gab, und das Ungewöhnliche, wenn nicht gar Seltsame wurde um so offensichtlicher. Auf dem Tisch stand vor jedem Platz ein Punktstrahler aus Messing, dessen Licht auf eine gelbe Schreibunterlage fiel. Es war, als erleichtere der dünne, grelle Lichtstrahl es den am Tisch Sitzenden, sich auf die Notizen zu konzentrieren, die sie sich machten, ohne daß sie von den hell beleuchteten Gesichtern – und Augen – ihrer Nachbarn und Gegenüber abgelenkt wurden. Denn es brannten im Raum keine anderen Lampen; Gesichter bewegten sich im Spiel von Licht und Schatten, flüchtig wurde man dieses oder jenes Ausdrucks gewahr, doch zu langen, forschenden Blicken hatte man keine Gelegenheit. Am Ende der Bibliothek war unter der Decke eine lange schwarze Röhre angebracht, aus der sich nach einem Druck auf die Fernsteuerung eine silberne Filmleinwand entrollte, die etwa bis in die halbe Höhe zwischen Decke und Parkettboden reichte.
    In die Wand hinter und über dem Tisch und ebenfalls elektronisch zu betätigen, war eine Konsole mit allen nur erdenklichen audio-visuellen Geräten eingebaut: mit Projektoren für Live-und Kassettenaufnahmen des Fernsehens, für Filme, Dias und Tonaufnahmen. Mit Hilfe der Technik einer ferngesteuerten ausfahrbaren Satellitenantenne auf dem Dach konnte man Satelliten- und Kurzwellenprogramme aus der ganzen Welt empfangen. Im Augenblick blinkte ein kleines rotes Licht; ein Rundmagazin mit Dias war eingelegt worden und bereit, abgefahren zu werden.
    All das war, und das fanden selbst die Reichen, für eine Bibliothek überaus seltsam, denn man glaubte sich in einem völlig anderen Umfeld – in einem Strategieraum fern vom Weißen Haus oder vom Pentagon oder von den abgeschirmten Räumen der National Security Agency. Ein einziger Knopfdruck
stellte die Welt – die gegenwärtige und die vergangene – offen zur Schau.
    Doch am anderen Ende dieses so ungewöhnlichen Raums fand sich in der linken Ecke ein merkwürdiger Anachronismus. In sicherem Abstand von den Bücherregalen stand ein alter gußeiserner Ofen mit bis an die Decke reichendem Rohr; daneben ein gefüllter Kohleneimer. Besonders merkwürdig war, daß der Ofen glühte, obwohl zugleich das letzte Summen der zentralen Klimaanlage zu hören war, die an einem so warmen und feuchten Abend an der Chesapeake Bay natürlich eingeschaltet werden mußte.
    Dieser Ofen war jedoch ein wesentlicher Teil der Konferenz, die an diesem Abend an der Küste von Cynwid Hollow begonnen hatte. Alles Geschriebene mußte verbrannt werden – auch die Schreibunterlagen und Notizblöcke, denn nichts, was die hier Versammelten verhandelten, durfte über die vier Wände der Bibliothek hinausgelangen. Die Entschlüsse dieser Männer konnten Regierungen stürzen, konnten die internationale Wirtschaft positiv oder negativ beeinflussen, konnten Kriege heraufbeschwören oder verhindern.
    »Der Präsident wird in zwei Jahren mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt werden«, sagte der weißhaarige Mann mit dem aristokratischen Gesicht und der

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