Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Milos.«
»Einen Moment bitte.« Mandel rückte an seiner Nickelbrille. »Sie haben gesagt, er hat vor sechs Jahren im Mittelmeerraum gearbeitet.«
»Er hatte ein eigenes Unternehmen. Er verkaufte es und verließ den Nahen Osten.«
»Und warum?«
»Wegen eines tragischen Unglücks, bei dem fast alle Angestellten seiner Firma und ihre Familien ums Leben kamen. Der Verlust hat ihn tief getroffen.«
»War er für das Unglück verantwortlich?«
»Nicht im geringsten. Man legte es einer anderen Firma zur Last, die altes und verrottetes Material verwendet hatte.«
»Hat er auf irgendeine Weise von dem Unglück profitiert?« fragte Mandel, und seine sanften Augen blickten plötzlich hart.
»Im Gegenteil, Sir. Das habe ich gründlich nachgeprüft. Er verkaufte das Unternehmen für weniger als die Hälfte seines Marktwertes. Sogar der Anwalt des Konsortiums, das die Firma
übernahm, war erstaunt. Er wäre befugt gewesen, das Dreifache zu zahlen.«
Die Blicke der fünf Inver-Brass-Mitglieder richteten sich wieder auf die große Filmleinwand und das Foto von Mann und Boot vor einer halsbrecherisch gefährlich aussehenden Biegung inmitten der Stromschnellen.
»Wer hat diese Bilder gemacht?« fragte Logan.
»Ich, Sir«, antwortete Varak. »Ich bin ihm gefolgt. Er hat mich aber nie zu sehen bekommen.«
Er zeigte noch mehr Dias, und plötzlich änderte sich die Szene. Der ›Kandidat‹ trug nicht mehr die derbe Kleidung wie im Boot oder abends am Lagerfeuer Drillichhosen und T-Shirt. Er war glattrasiert, das Haar geschnitten und gekämmt; in einem dunklen Straßenanzug ging er, einen Diplomatenkoffer in der Hand, eine Straße entlang, die alle kannten.
»Das ist in Washington«, sagte Eric Sundstrom.
»Und jetzt ist es die Treppe der Rotunde«, fügte Logan beim nächsten Dia hinzu.
»Nein, das ist das Kapitol«, warf Mandel ein.
»Ich kenne ihn«, sagte Sundstrom und preßte die Fingerspitzen der rechten Hand an die Schläfe. »Ich kenne das Gesicht und weiß, daß es hinter diesem Gesicht eine Geschichte gibt, aber ich komm’ nicht drauf, was für eine.«
»Nicht die Geschichte, die ich Ihnen jetzt erzählen will, Sir.«
»Schon gut, Milos«, sagte Margaret Lowell energisch. »jetzt ist es genug. Wer, zum Teufel, ist er?«
»Sein Name ist Kendrick. Evan Kendrick. Er ist Abgeordneter des neunten Wahlbezirks von Colorado.«
»Ein Kongreßabgeordneter?« rief Mandel, als das Foto von Kendrick auf dem Kapitol noch einmal auf der Leinwand erschien. »Ich habe noch nie von ihm gehört, obwohl ich mir einbilde, dort fast alle zu kennen. Dem Namen nach natürlich nur, nicht persönlich.«
»Er ist verhältnismäßig neu, und seine Wahl blieb weitgehend unbeachtet. Er wurde von der Partei des Präsidenten nominiert, da es in diesem Bezirk praktisch keine Opposition gibt. Ich erwähne das nur, weil er mit der Politik des Weißen Hauses nicht immer einverstanden ist. Während der Vorwahlen ist er nationalen Themen ausgewichen.«
»Abgesehen davon, daß er kein Blatt vor den Mund zu nehmen
scheint«, sagte Gideon Logan. »Wollen Sie damit andeuten, daß er die Unabhängigkeit eines – nun ja, sagen wir, Lowell Weicker besitzt?«
»Auf eine sehr ruhige und zurückhaltende Weise – ja.«
»Ruhig und neu und mit einem nicht besonders imponierenden Wahlbezirk«, sagte Sundstrom. »Von diesem Standpunkt aus gesehen, ist die von Ihnen geforderte Anonymität gewährleistet. Sie ist vielleicht sogar zu groß. In politisch brisanten Zeiten ist niemand so entbehrlich wie ein neu gewählter Kongreßabgeordneter, der noch nie aufgefallen ist und einen unbekannten Wahlbezirk vertritt. Denver liegt im ersten, Boulder im zweiten und Springs im fünften. Wo, zum Teufel, ist der neunte?«
»Südwestlich von Telluride, in der Nähe der Grenze nach Utah«, antwortete Jacob Mandel und zuckte dann mit den Schultern, als wolle er sich für sein Wissen entschuldigen. »Vor ein paar Jahren haben wir uns für Bergbau-Aktien aus dieser Gegend interessiert. Aber der Mann auf der Leinwand ist nicht der Kongreßabgeordnete, den wir damals kennenlernten und der sich verzweifelt bemühte, uns zur Unterschrift zu überreden.«
»Und haben Sie unterschrieben, Sir?« fragte Varak.
»Nein«, antwortete Mandel. »Offen gesagt, gingen die Spekulationen über jedes kalkulierbare Risiko hinaus, und schließlich wollten wir Geld verdienen, nicht verlieren.«
»Handelte es sich möglicherweise um betrügerische Machenschaften?«
»Wir hatten keinen
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