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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Kendrick und Emilio
nutzten das Chaos aus und krochen währenddessen im Schutz des Grasgürtels weiter. Als sie die Straße erreichten, kam aus dem langgestreckten, flachen Gebäude – der ›Kaserne‹ – eine zweite Gruppe von Männern, die meisten nur halb angezogen, einige mit glasigen Augen und noch jetzt stockbetrunken, genauso verwirrt und kopflos wie die anderen.
    »Paß auf«, flüsterte Kendrick Emilio zu, »wir hängen uns jetzt die Gewehre um und gehen ganz offen die Straße entlang. Aber in entgegengesetzter Richtung. Und du mußt ständig etwas auf spanisch rufen, als ob wir irgendwelche Befehle befolgten. Jetzt!«
    »Traenes agua!« schrie Emilio, als sie auf die Straße und mitten unter den Haufen in panischer Angst durcheinanderrennender und brüllender Männer sprangen. »Agua! Traenes agua!« Die Finsternis war vollkommen und wurde durch die Wahnsinnsschreie der Männer geradezu unheimlich. Dann blitzten auf den Balkons des großen Hauses Taschenlampen auf.
    »Zum Hauptweg!« rief Kendrick seinem Kampfgefährten zu. »Wir müssen zur Pier hinunter: Und schnell, um Himmels willen! Der Tank wird jetzt jeden Augenblick explodieren, und dann werden sie wie die Wahnsinnigen zu den Booten rennen.«
    »Der Weg ist auf der anderen Seite. Wir müssen über die galeria! «
    »Heiland! Sie werden an den Fenstern stehen, auf den Balkons...«
    »Es gibt keinen kürzeren Weg.«
    »Dann also los.«
    Die unbefestigte Straße endete in dem schmalen Pfad, der vor noch nicht allzu langer Zeit von einer Doppelreihe bernsteinfarbener Bodenlampen erhellt worden war. Sie erreichten, von Kendricks qualvollem Stöhnen begleitet, den vertieft angelegten Patio und rannten über den Fliesenboden zu der Treppe, die zum Hauptweg führte.
    »Halt!« schrie eine tiefe Stimme, und gleichzeitig traf sie der Strahl einer starken Taschenlampe. »Wer seid ihr... Mein Gott, Sie!« Kendrick sah auf. Direkt über ihm stand auf dem kleinen Balkon, auf dem er am Abend selbst gestanden hatte, der große, schlaksige, braungebrannte ›Berater‹, der Kapitän der Yacht, auf der er entführt worden war. Der Mann hob die rechte Hand, im Schein der Taschenlampe blitzte es metallisch, und Kendrick
begriff, daß sein Feind eine Waffe hatte und auf ihn zielte. Er feuerte in derselben Sekunde, in der auch die Waffe des anderen losging. Sengend heiß grub sich ihm eine Kugel in die linke Schulter, und er prallte ein Stück zurück. Aber er schoß trotzdem noch einmal und noch einmal, während der Mann auf dem Balkon, die Hand auf seinen Magen pressend, aus vollem Hals schrie: »Haltet ihn auf! Es ist Kendrick! Haltet das Schwein auf! Er will zu den Booten!«
    Kendrick feuerte einen letzten Schuß ab. Der Held aus der Stadt der Korruption riß den Kopf zurück, fuhr sich mit der Hand an die Kehle, stürzte kopfüber vom Balkon und prallte auf dem Fliesenboden des Patios auf. Kendrick fielen langsam die Augen zu, durch seinen Kopf wogten Nebelschwaden.
    » No , Señor! Sie müssen rennen! Stehen Sie auf!« Kendrick hatte das Gefühl, daß ihm die Arme aus den Schultergelenken gerissen wurden, und dann wurde er ein paarmal links und rechts hart ins Gesicht geschlagen. »Sie kommen mit, weil es sonst mit Ihnen zu Ende ist, und ich habe keine Lust, mit Ihnen zu sterben. Auf mich warten in El Descanso Menschen, die ich liebe...«
    »Was?« schrie Kendrick. Seine Schulter brannte wie Feuer, und Blut durchtränkte sein Hemd, aber sein Kopf war ein wenig klarer. Er richtete sich auf und taumelte auf die Stufen zu. Dann stieg von irgendwoher aus seinem Unterbewußtsein die Erinnerung an den Colt in ihm auf, den er dem Mafioso abgenommen hatte. Er zerrte ihn aus der Gesäßtasche und hörte, wie der Stoff riß, weil die Waffe zu fest in der Tasche saß. »Ich komme mit!« rief er Emilio zu.
    »Das weiß ich doch, Señor«, antwortete der Mexikaner, blieb kurz stehen und drehte sich um. »Wer hat Sie die Stufen heraufgezogen, Señor? Sie sind verletzt, und der Weg ist dunkel, ich muß die linterna – die Taschenlampe – benutzen.«
    Plötzlich explodierte die Erde, und die Erschütterung war so groß, als sei ein Meteor von der Größe eines Häuserblocks eingeschlagen. Im großen Haus am Hügel zersprangen alle Fenster, und eine hohe Stichflamme leckte am nächtlichen Himmel. Die beiden Flüchtlinge liefen den Pfad hinunter, Kendrick stolpernd und schwankend und verzweifelt bemüht, sich auf den vor ihm herwandernden Lichtschein der Taschenlampe zu

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