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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hochherrschaftlichen Vordertür hinauf. Er erschauderte kurz in der kalten Morgenluft des bedeckten Tages, der Schnee versprach – Schnee zu Weihnachten, dachte Payton. Es war Heiliger Abend, nichts als ein ganz normaler Tag im Leben des Leiters von Special Projects, und doch ein Tag, vor dem er sich fürchtete. Er hätte gern ein paar Jahre seines Lebens dafür gegeben, nicht auf dem bevorstehenden Treffen bestanden zu haben. In seiner langen Laufbahn hatte er vieles getan, wobei ihm die Galle hochkam, aber das Allerschlimmste war die Vernichtung guter, moralischer Menschen. Heute würde er einen solchen Menschen vernichten, und er verabscheute sich deswegen, aber er hatte keine Alternative. Denn es gab höhere Werte, eine höhere Moral, festgeschrieben in den Gesetzen einer Nation von anständigen Menschen. Wer diese Gesetze mißachtete, verstieß gegen den Anstand. Er klingelte.
    Ein Hausmädchen ging Payton durch eine riesige Wohnhalle mit Blick auf die Chesapeake Bay voraus zu einer weiteren hochherrschaftlichen Tür. Sie machte die Tür auf, und der Leiter von Special Projects betrat die hinreißende Bibliothek und versuchte, alles in sich aufzunehmen, was ihm ins Auge fiel. Die Wand zur Linken, bestückt mit Fernsehmonitoren, Schalttafeln und Projektoren, den beheizten antiken Ofen in der Ecke, die Kathedralglasfenster gegenüber und den großen runden Tisch vor ihm. Samuel Winters saß in einem Sessel unter der mit moderner Technologie ausgestatteten Wand, stand jetzt auf und kam mit ausgestreckter Hand auf Payton zu.
    »Wir haben uns viel zu lange nicht gesehen, MJ – darf ich Sie MJ nennen?« fragte der weltberühmte Historiker. »Soweit ich mich erinnern kann, hat jeder MJ zu Ihnen gesagt.«
    »Aber ja, Herr Dr. Winters.« Sie gaben sich die Hand, und der Wissenschaftler in den Siebzigern umfaßte mit einer weiten Armbewegung den Raum.
    »Ich wollte, daß Sie das alles sehen. Daß Sie wissen, wir haben
die Finger am Puls der Welt – aber nicht, um uns persönlich zu bereichern, das müssen Sie recht verstehen.«
    »Das weiß ich. Wer sind die anderen?«
    »Bitte, setzen Sie sich«, sagte Winters und deutete auf den Sessel dem seinen gegenüber, auf der anderen Seite des runden Tisches. »Und legen Sie doch den Mantel ab. Wenn jemand in mein Alter kommt, sind alle Zimmer überheizt.«
    »Wenn es Sie nicht stört, lasse ich den Mantel lieber an. Unsere Konferenz wird nicht lange dauern.«
    »Da sind Sie sich sicher?«
    »Völlig«, sagte Payton und setzte sich.
    »Der überragende Intellekt«, sagte Winters leise, aber nachdrücklich, während er auf seinen Sessel zuging, »wählt seinen Standpunkt unabhängig von der Diskussion. Und Sie verfügen über Intellekt, MJ.«
    »Vielen Dank für das großzügige Kompliment, auch wenn es ziemlich herablassend klingt.«
    »So feindselig?«
    »Kaum feindseliger als Ihr Entschluß, darüber zu entscheiden, wer unser Land regieren und in die Staatsämter gewählt werden soll.«
    »Er ist der richtige Mann, zum richtigen Zeitpunkt und aus den richtigen Gründen.«
    »Darin bin ich ganz Ihrer Meinung. Es geht um die Methoden, zu denen Sie gegriffen haben. Wer auf verbrecherische Weise ein Ziel verfolgt, kann die Konsequenzen nicht absehen.«
    »Das tun andere auch. Und zwar jetzt eben.«
    »Das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht dazu. Stellen Sie die Verbrecher bloß, und bei Ihren Möglichkeiten bin ich mir sicher, daß Sie das können, aber ahmen Sie deren Methoden nicht nach.«
    »Das ist doch sophistisch! Wir leben in einer animalischen Welt, in einer Welt, in der die Raubtiere regieren!«
    »Wir müssen nicht selber zu Raubtieren werden, um sie zu bekämpfen...«
    »Bis ihre Verbrechen bekannt werden, bis auch nur wenige Menschen begriffen haben, was geschehen ist, sind die brutalen Herden längst ausgebrochen und trampeln über uns hinweg. Sie stellen neue Regeln auf – ihre Regeln – und ändern die Gesetze. Man kann ihnen nichts anhaben.«

    »Bei allem Respekt, da bin ich anderer Meinung, Herr Dr. Winters.«
    »Denken Sie an das Dritte Reich!«
    »Denken Sie daran, wie es zu Ende ging. Denken Sie an Runnymede und die Magna Charta, denken Sie an die Tyrannei der französischen Könige, an die Schreckensherrschaft der Zaren – um Himmels willen, denken Sie an die Verfassung von 1787! Die Menschen reagieren verflucht schnell auf Unterdrükkung und Mißhandlung!«
    »Erzählen Sie das den Bürgern der Sowjetunion.«
    »Schachmatt. Aber versuchen Sie nicht,

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