Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
ehemaligen Präsidenten und Ministern offeriert werden, die doppelt so alt sind wie er.«
»Er muß ein verflucht guter Anwalt sein oder der jüngste Fachmann aus dem auswärtigen Dienst, der je aktenkundig wurde«, unterbrach Margaret Lowell.
»Er ist keins von beiden«, gab der weißhaarige Sprecher von Inver Brass zurück. »Er gilt als der beste Computertechnologe des Landes, vielleicht sogar der ganzen westlichen Welt. Zu unserem Glück kommt er aus reichem Haus und ist durch Angebote der Industrie nicht in Versuchung zu führen. Auf
seine Weise liegt ihm das Wohl der Nation genauso am Herzen wie Milos Varak... Im Grunde gehört er zu uns, seit er seine Begabung entdeckt hat.« Winters beugte sich über den Tisch und drückte auf einen Elfenbeinknopf. »Kommen Sie bitte herein.«
Die schwere Tür der hinreißenden Bibliothek ging auf, und im Rahmen stand ein junger Mann, noch in den Zwanzigern. Was ihn von den meisten Männern in seinem Alter unterschied, war das Aussehen. Er hätte einer Hochglanzanzeige in einem teuren Magazin für Herrenmode entstiegen sein können. Dabei war er unauffällig gekleidet, weder maßgeschneidert noch billig – einfach nur gepflegt. Es lag an dem wie gemeißelten, fast dem griechischen Ideal entsprechenden Gesicht, daß er so aufregend wirkte.
»Er sollte die Finger von den Computern lassen«, sagte Jacob Mandel leise. »Ich habe Freunde bei der Agentur William Morris. Die bringen ihn in einer Fernsehserie unter.«
»Bitte, kommen Sie herein«, unterbrach Winters und legte die Hand auf Mandels Arm. »Und stellen Sie sich bitte selber vor.«
Selbstbewußt, aber ohne Arroganz kam der junge Mann an den Tisch, blieb stehen und musterte einen Augenblick lang die Lichtkegel darauf.
»Es ist eine besondere Ehre für mich, daß ich hier sein darf«, sagte er liebenswürdig. »Ich heiße Gerald Bryce und leite im Augenblick die WCO im Außenministerium.«
»WCO?« fragte Mandel. »Was ist denn das? Ein neues Alphabet?«
»Weltweite Computeroperationen, Sir.«
Die Sonne Kaliforniens strömte durch die Fenster des Krankenhauszimmers herein, als Kalaila, die Evan in den Armen gehalten hatte, ihn langsam losließ. Sie setzte sich auf dem Bett ein Stück zurück und lächelte schwach, mit glänzenden Augen, weil sie die Tränen zurückhalten mußte, bleich im Gesicht. »Willkommen im Land der Lebenden«, sagte sie und griff nach seiner Hand.
»Ich bin so froh«, flüsterte Kendrick und starrte sie an. »Als ich die Augen aufmachte, war ich mir nicht sicher, ob du das bist, und wo ich bin... und ob sie wieder ihre miesen Tricks ausprobieren.«
»Tricks?«
»Sie haben mir die Kleider weggenommen... ich hatte alte Jeans an und eine Cordjacke – dann hatte ich wieder meinen Anzug an, den blauen -«
»Die Kongreßklamotten, wie du immer gesagt hast«, unterbrach ihn Kalaila liebevoll. »Du brauchst einen neuen Anzug, Liebling. Was von deiner Hose übrig war, nachdem sie sie aufschneiden mußten, kriegt kein Schneider wieder hin.«
»Verschwenderin... Gott im Himmel, weißt du, wie schön es ist, dich wiederzusehen? Ich habe nicht geglaubt, daß ich dich jemals wiedersehen würde – verflucht, das hat mich vor Wut wahnsinnig gemacht.«
»Ich weiß, wie schön es ist, dich wiederzusehen. Der Teppich im Hotel hat Löcher bekommen... Ruh dich jetzt aus; wir reden später. Du bist eben erst aufgewacht, und die Ärzte haben gesagt -«
»Nein... Zum Teufel mit den Ärzten, ich will wissen, was passiert ist. Wie geht es Emilio?«
»Er kommt durch, aber er hat nur noch eine halbe Lunge, und die Hüfte ist kaputt. Er wird nie wieder richtig gehen können, aber er ist am Leben.«
»Er braucht auch nicht zu gehen, er braucht bloß im Kapitänsstuhl zu sitzen.«
»Wie bitte?«
»Vergiß es... Die Insel. Sie heißt Passage to China -«
»Das wissen wir«, unterbrach ihn Kalaila energisch. »Wenn du schon so verflucht dickköpfig bist, überlaß wenigstens mir das Reden... Was ihr geschafft habt, du und Carallo, ist einfach unglaublich...«
»Carallo?... Emilio?«
»Ja. Ich habe die Fotos gesehen – lieber Himmel, was für eine Verwüstung! Das Feuer hat sich überall ausgebreitet, vor allem im Osten der Insel. Das Haus, die Anlagen, sogar das Dock, wo die anderen Boote explodiert sind – fort, alles fort. Als die Navy-Hubschrauber mit den Sturmtrupps von der Marineinfanterie ankamen, waren alle auf der Insel zu Tode erschrocken und warteten am Strand im Westen. Sie haben unsere
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