Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Außenposten an der jemenitischen Grenze ausgetauscht.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich möchte dich auf zwei Punkte aufmerksam machen, Kalaila. Erstens: Ich halte es für einen unglaublichen Zufall, daß das Objekt noch nach fünf Jahren in dem verhältnismäßig kleinen, ständig wechselnden Offizierskorps einen Freund hat, der ausgerechnet um diese Zeit in Maskat stationiert ist. Außerdem dürfte das Offizierskorps selbst in diesen fünf Jahren ganz erneuert worden sein...««
»Ein unglaublicher Zufall, da muß ich dir recht geben, aber immerhin möglich. Und dein zweiter Punkt?«
»Er macht es eigentlich überflüssig, den ersten zu erwähnen. Zur Zeit würde kein Fahrzeug der Garnison in Maskat einen Fremden von der Straße auflesen. Da steckte höchste Autorität dahinter.«
»Der Sultan?«
»Wer sonst?«
»Er würde es nicht wagen. Er steckt in der Klemme. Eine falsche Bewegung, und man macht ihn für jede einzelne Hinrichtung verantwortlich. Wenn das geschieht, werden die Amerikaner Maskat dem Erdboden gleichmachen. Das weiß er.«
»Vielleicht weiß er, daß man ihn ohnehin für alles verantwortlich macht – für das, was er tut und für das, was er nicht tut. In einer solchen Situation ist es besser zu wissen, was andere tun, um sich eventuell danach zu richten – oder unproduktive Aktivitäten durch eine weitere Exekution zu verhindern.«
Kalaila sah den Informanten durchdringend an. »Falls dieses Militärfahrzeug das Objekt zu einem Treffen mit dem Sultan brachte, hat es unseren Mann auch zurückgebracht.«
»Das hat es auch«, stimmte der Araber in einem so nüchterntrockenen Ton zu, als habe er die Anspielung verstanden.
»Was bedeutet, daß das, was unser Objekt vorzuschlagen hatte, nicht rundweg abgelehnt wurde.«
»So scheint es, ya anisa Kalaila.«
»Und wir müssen erfahren, wie dieser Vorschlag gelautet hat, nicht wahr?«
»Es wäre für uns alle gefährlich, wenn wir es nicht wüßten«, antwortete der Araber. »Wir haben es mit gewichtigeren Dingen zu tun als mit dem Tod von zweihundertsechsunddreißig Amerikanern. Bei uns geht es um das Schicksal einer Nation. Meiner Nation, sollte ich hinzufügen, und ich werde mein Bestes tun, daß sie die unsere bleibt. Verstehst du mich, meine liebe Kalaila?«
»Sehr gut, ya sahib el Aumer.«
»Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.«
»Ich verstehe.«
»Wirklich? Ihr hattet in eurem Mittelmeerraum viel größere Vorteile als wir jemals in unserem Golf. Jetzt ist unsere Zeit gekommen. Aufhalten lassen wir uns nicht – von niemand.«
»Ich will, daß ihr eure Zeit bekommt, lieber Freund. Wir wollen, daß ihr sie bekommt.«
»Dann tu, was du tun mußt, ya sahbiti Kalaila.«
»Das werde ich.« Kalaila griff in ihre Handtasche und holte eine Pistole heraus. Die Waffe in der linken Hand, suchte sie noch einmal in der Tasche, brachte ein volles Magazin zum Vorschein, lud die Waffe und entsicherte sie. »Geh jetzt, athim sahbi «, sagte sie und hängte sich die Tasche über die Schulter, schob die Hand hinein und umklammerte die Pistole. »Wir verstehen uns, und du mußt woanders sein, irgendwo, wo du von anderen gesehen wirst, nicht hier.«
»Salaam aleikum, Kalaila. Geh mit Allah.«
»Ich schicke ihn zu Allah, wo er seinen Fall vortragen kann... Schnell, er verläßt die Bäckerei. Ich folge ihm und erledige, was getan werden muß. Dir bleiben ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten, um dir andere Gesellschaft zu suchen.«
»Du beschützt uns wenigstens, nicht wahr? Du bist ein Schatz. Sei vorsichtig, liebe Kalaila.«
»Sag ihm, daß er vorsichtig sein soll. Er stört.«
»Ich gehe in die Zawadi-Moschee und unterhalte mich mit ein paar älteren Mullahs und Muezzins. Heiligen Augen mißtraut man nicht. Es ist nicht weit, höchstens fünf Minuten.«
»Aleikum salaam«, sagte Kalaila und überquerte, die Augen starr auf den Amerikaner in arabischer Kleidung gerichtet, den Platz. Er hatte den römischen Brunnen hinter sich gelassen und entfernte sich schnell in Richtung der dunklen, engen Straßen im Osten, hinter dem Markt von Sabat Ajnub. Was macht denn dieser verdammte Narr? dachte Kalaila, nahm den Hut ab, zerknüllte ihn mit der Linken und stopfte ihn neben der Waffe, die sie mit der rechten Hand wie im Fieber umklammerte, in die Handtasche. Er geht ins musch kwaijis asch-scharjar, dachte sie. Das war das berüchtigtste Viertel der Stadt, eine Gegend, die Fremde meiden. Sie hatten recht. Er ist ein
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