Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
jedoch die richtigen Worte benutzte, wußte ich, daß ich gehorchen mußte.«
»Sie?«
»Das Geschlecht tut nichts zur Sache, ya schaikh. Wichtig waren nur die Worte. Kommen Sie. Hier hinein.«« El-Bas öffnete die Tür eines kleinen Fotoateliers mit, wie es schien, völlig
veralteten Apparaten. Kendricks abschätzige Blicke entgingen ihm nicht. »Die linke Kamera imitiert das genarbte Papier des von der Regierung ausgegebenen Ausweises«, erklärte er. »Ein sehr hilfreiches Verfahren, denn die Augen der Regierungsbeamten sind ebenso unbestechlich wie das Auge der Kamera. Setzen Sie sich auf den Hocker vor der Leinwand. Das Ganze ist schnell und schmerzlos.«
El-Bas arbeitete flink, und da es sich um eine Sofortbildkamera handelte, war auch der richtige Abzug rasch gefunden. Der alte Mann verbrannte die übrigen, zog ein paar dünne Chirurgenhandschuhe an, hielt das Foto hoch und deutete auf den mit einem Vorhang verhängten Teil des Raumes hinter dem grauen, straff gespannten Material, das als Leinwand diente. Er ging darauf zu, zog den schweren Vorhang zurück, und zum Vorschein kam eine leere Wand. Doch das Bild täuschte. El-Bas setzte den rechten Fuß auf eine bestimmte Stelle des abgetretenen Fußbodens, legte dann den Zeigefinger in Kopfhöhe an die Wand und drückte gleichzeitig auf die beiden verborgenen Mechanismen. Ein schmaler Spalt klaffte auf, der langsam breiter wurde. Die linke Hälfte der Wand verschwand hinter dem Vorhang, und es entstand ein freier Raum von etwas mehr als einem halben Meter. Der kleine Fälscher ging hinein und winkte Kendrick, ihm zu folgen.
Kendrick bekam eine Anlage zu sehen, die mindestens so modern war wie die in Swanns »Vorzimmer« in Washington. Und sie genügte sogar noch höheren Ansprüchen. Zwei große Computer, jeder mit einem eigenen Drucker, vier verschiedenfarbige Telefone, alle mit Datenübertragungs-Modems, und die ganze Anlage stand auf einem langen weißen, makellos sauberen Tisch mit vier Bürostühlen davor.
»Hier«, sagte El-Bas und zeigte auf den linken Computer, wo auf dem dunklen Bildschirm leuchtendgrüne Buchstaben flimmerten. »Und daraus können Sie ersehen, welche Vorrechte Sie genießen, ya schaikh. Man hat mir aufgetragen, Ihnen alle Informationen zugänglich zu machen, aber außer den Ausweispapieren keine schriftlichen Dokumente auszuhändigen. Aber lesen Sie selbst.«
»Was denn?« fragte Kendrick.
»Sie sind ein Saudi aus Riad und heißen Amal Bahrudi. Von Beruf sind Sie Bauingenieur, und Sie haben ein bißchen europäisches
Blut in den Adern – ein Großvater war Europäer, glaub’ ich. Sie können es auf dem Bildschirm nachlesen.«
»Europäer?«
»Eine Erklärung für ein paar Ungereimtheiten an Ihnen – falls jemand Sie darauf ansprechen sollte.«
»Warten Sie einen Moment.« Kendrick beugte sich näher zum Bildschirm. »Gibt es diesen Mann wirklich?«
»Es gab ihn. Er starb gestern abend in Ost-Berlin – das ist das grüne Telefon.«
»Gestorben? Gestern abend?«
»Der ostdeutsche Geheimdienst, der natürlich unter sowjetischer Kontrolle steht, wird seinen Tod mehrere Tage, vielleicht sogar Wochen geheimhalten, während seine Bürokraten, immer mit einem Auge auf den Vorteil des KGB schielend, alles aufs genaueste prüfen. Inzwischen wurde Mr. Bahrudis Einreise nach Oman behördlicherseits ordnungsgemäß registriert – das ist das blaue Telefon -, und sein Visum gilt für dreißig Tage.«
»Falls es also jemand nachprüft, hält Mr. Bahrudi sich ganz legal hier auf und liegt nicht tot in Ost-Berlin.«
»Richtig.«
»Was passiert, wenn man mich erwischt?«
»Das würde Sie kaum noch interessieren. Sie wären im Handumdrehen eine Leiche.«
»Aber die Sowjets könnten uns hier Schwierigkeiten machen. Sie wissen, daß ich nicht Bahrudi bin.«
»Könnten sie? Würden sie?« Der alte Araber zuckte mit den Schultern. »Man sollte nie eine Gelegenheit auslassen, den KGB zu verwirren oder zu blamieren, schaikhat.«
Kendrick runzelte die Stirn. »Ich verstehe, was Sie meinen. Woher haben Sie das alles? Du meine Güte – ein toter Saudi in Ost-Berlin, dessen Tod vertuscht wird – sein Dossier, sogar mit Großvater, einem europäischen Großvater. Es ist phantastisch.«
»Glauben Sie mir, mein junger Freund, den ich nicht kenne und dem ich nie begegnet bin. Selbstverständlich müssen Männer wie ich an vielen Orten viele Vertrauensleute haben, doch auch darum brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Studieren Sie einfach
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