Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
auf- und zuging. »Oy!« rief er, steckte der erschrockenen Kalaila die Zigarette in den Mund und wedelte den Rauch, das Belastungsmaterial, auf Kalaila zu. »Böse Schickse!« flüsterte er. »Raucht in meiner Gegenwart!«
»Unmöglich«, sagte Kalaila leise, nahm die Zigarette aus dem Mund und drückte sie im Aschenbecher aus, als Kendrick aus dem Wohnzimmer in die Veranda kam.
»Sie würde niemals in deiner Nähe rauchen«, protestierte Evan, der einen blauen Sweatsuit trug, und dem der Schweiß übers Gesicht lief.
»Hast du neuerdings Ohren wie ein Dobermann?«
»Und du hast den Verstand eines Schwertfischs an der Angel.«
»Das ist ein sehr schlauer Fisch.«
»Tut mir leid«, sagte Kalaila ruhig. »Er kann so furchtbar hartnäckig sein.«
»Wem sagst du das?«
»Was habe ich eben gesagt?« schrie Weingrass. »Dauernd sagt er das. Das ist ein Zeichen für einen hochentwickelten, völlig unangebrachten Überheblichkeitskomplex, und für einen tatsächlich überlegenen Intellekt äußerst ärgerlich... Hast du dich auch richtig ausgetobt, Dummkopf?«
Kendrick lächelte und ging zur Bar, wo ein Krug mit Orangensaft stand. »Jetzt schaff’ ich’s schon in dreißig Minuten«, gab er zur Antwort und goß sich ein Glas Saft ein.
»Ganz nett – für ein Cowboypferd beim Zusammentreiben des Viehs.«
»Dauernd sagt er solche Sachen«, beschwerte sich Kendrick. »Es ist zum Auswachsen.«
»Wem sagst du das«, erwiderte Kalaila und trank einen Schluck Kaffee.
»Irgendwelche Anrufe?« fragte Evan.
»Liebling, es ist erst kurz nach sieben.«
»Aber nicht in Zürich. Dort ist es schon nach ein Uhr mittags. Ich habe mit Zürich gesprochen, ehe ich weggegangen bin.«
»Und mit wem hast du gesprochen?« wollte Kalaila wissen.
»Vor allem mit dem Direktor der Gemeinschaftsbank. Mitch hat ihm mit unseren Informationen so zugesetzt, daß er sich die ganze Blase leergepinkelt hat, und jetzt will er mit uns zusammenarbeiten... Moment mal, habt ihr nach dem Telex im Arbeitszimmer geschaut?«
»Nein, aber vor zwanzig Minuten habe ich gehört, wie sich das Scheißding die Seele aus dem Leib ratterte«, sagte Weingrass.
Kendrick stellte das Glas ab und ging schnell von der Veranda aus durch das Wohnzimmer auf eine Tür am Ende des Ganges zu. Kalaila und Manny sahen ihm nach, dann schauten sie sich an und zuckten die Achseln. Innerhalb weniger Augenblicke war der Kongreßabgeordnete wieder da, ein Fernschreiben in der Hand, und völlig aufgeregt. »Sie haben es gemacht!« rief er.
»Wer hat was gemacht?« fragte Weingrass.
»Die Bank. Erinnert ihr euch an die fünfzig Millionen, die Grinell und seine kalifornische Räuberbande ausgesetzt hatten, um mich herauszukaufen?«
»Großer Gott«, rief Kalaila. »Sie haben das Geld doch nicht etwa auf dem Konto stehenlassen?«
»Natürlich nicht. Sie haben den Kreditbrief widerrufen.«
»Und?« sagte Manny.
»In unserem Zeitalter der Telekommunikation kommt schon mal ein Computerirrtum vor, und eben haben die Schweizer ein Prachtexemplar erfunden. Der Widerruf ist nie eingegangen. Der Kreditbrief ist in Kraft; er ist zu einer Schwesterbank in Bern transferiert worden, mit einer neuen, geheimen Kontonummer. Wir können über die ganze Summe verfügen.«
»Die werden nie bezahlen!« Weingrass sprach mit Nachdruck.
»Es wird mit ihren Guthaben verrechnet, mit zehnmal fünfzig Millionen insgesamt.«
»Das werden sie anfechten, Evan«, wandte Kalaila ein, mit genausoviel Nachdruck wie der alte Mann.
»Und vor den Schweizer Gerichten aufmarschieren? Irgendwie bezweifle ich das.«
Der Cobra-Hubschrauber ohne Hoheitszeichen klapperte in weniger als hundertfünfzig Metern Höhe über die Wüste hinweg. Evan und Kalaila, erschöpft von fast sechsundzwanzig Stunden in der Luft und von den Sprints zu den geheimen Umsteigestationen am Boden, saßen nebeneinander. Kalailas Kopf lag auf Kendricks Schulter, seiner war auf die Brust gesackt; beide schliefen. Ein Mann im Khaki-Overall, der keine Dienstabzeichen trug, kam aus dem Cockpit in den Rumpf. Er schüttelte Evan im trüben Licht am Arm.
»In etwa fünfzehn Minuten sind wir da, Sir.«
»Oh?« Kendrick riß den Kopf hoch, blinzelte und machte die Augen weit auf, um die Schläfrigkeit zu vertreiben. »Danke. Dann will ich mal meine Freundin wecken. Die Weiber haben doch immer etwas zu erledigen, bevor sie irgendwo ankommen, nicht wahr?«
»Dieses Weib hier nicht«, sagte Kalaila, ohne sich zu rühren. »Ich will bis zum
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