Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
haben uns schon einen zuviel hinter die Binde gegossen.«
»Nicht in einem gottverfluchten Land, das in Flammen aufgeht, die von Niggerbarbaren geschürt werden. Er braucht nur eine Schlägerei anzufangen, und man hängt uns alle an die nächsten Laternenpfähle. Wo ist, verdammt noch mal, sein Zimmer?«
»Am Ende des Korridors. Der Typ hat vielleicht ein Gewicht!«
»Nichts als Fett und Whisky pur, schätze ich.«
»Ich weiß nicht so recht. Mir schien er ein netter Kerl zu sein, den eine dieser glattzüngigen Huren zum Narren gehalten hat. Da reagiert jeder sauer. Hast du mitbekommen, für wen er arbeitet?«
»Irgendeine Textilfabrik in Manchester. Twillingame oder Burlingame oder so ähnlich.«
»Noch nie gehört«, sagte der Mann zur Rechten und zog die Brauen in die Höhe. »So, da wären wir. Gib mir den Schlüssel.«
»Wir schmeißen ihn ganz einfach aufs Bett, weitere Liebesdienste fallen aus, sag’ ich dir.«
»Glaubst du, daß der Bursche unten die Bar für uns offenhält? Vielleicht macht er uns quasi die Tür vor der Nase zu, während wir uns hier in christlicher Nächstenliebe üben.«
»Das soll er schön bleibenlassen!« rief der Mann, den sein Freund Dickie genannt hatte, als sie, den Fettwanst zwischen sich, das dunkle Zimmer betraten. Im schwachen Schein der Flurbeleuchtung waren nur die Umrisse des Bettes zu erkennen. »Ich habe dem Burschen in der Bar zwanzig Pfund zugesteckt, damit er nicht schließt, während wir weg sind. Wenn du denkst, daß ich auch nur ein Auge zumache, bevor ich morgen in der Maschine sitze, bist du reif für die Klapsmühle. Ich lass’ mir doch nicht von einem Farbigen mit messianischem Sendungsbewußtsein die Kehle aufschlitzen. Los, aufs Bett mit ihm!«
»Gute Nacht, mein fetter Prinz«, sagte sein Freund. »Träum’ süß von schwarzen Fledermäusen.«
Der schwergewichtige Mann im Nadelstreifenanzug hob den Kopf vom Kissen und wandte das Gesicht zur Tür. Die Schritte im Flur entfernten sich, wurden leiser. Er rollte sich herum und stand auf. Im trüben Licht der Straßenlaternen unter dem Fenster zog er das Jackett aus und hängte es, die Falten glattstreichend, sorgfältig in den Schrank. Er nahm die Regimentskrawatte ab, knöpfte das fleckige, nach Whisky riechende Hemd auf, zog es aus und warf es in den Abfallkorb. Dann ging er ins Bad, drehte beide Wasserhähne auf, wusch sich den Oberkörper gründlich mit dem Schwamm ab und griff zufrieden nach einer Flasche Eau de Cologne. Er klatschte sich das Duftwasser großzügig auf die Haut, trocknete sich ab und ging ins Zimmer zurück. Aus dem Koffer, der auf dem Gepäckständer in der Ecke lag, wählte er ein schwarzes Seidenhemd. Während er es zuknöpfte und unter den Gürtel steckte, ging er zu einem Fenster hinüber und holte ein Streichholzbriefchen aus der Hosentasche. Er zündete ein Streichholz an, wartete, bis die Flamme ruhig brannte, und beschrieb dann vor der großen Glasscheibe drei Halbkreise. Er wartete zehn Sekunden, ging dann zum Schreibtisch, der an der linken Wand stand, und
knipste die Lampe an. Als nächstes öffnete er die Tür und ließ sie angelehnt. Dann kehrte er zum Bett zurück, zog mit akribischer Sorgfalt zwei Kissen unter der Tagesdecke hervor, schüttelte sie auf, plazierte sie als Rückenstütze ins Bett und machte es sich darauf bequem. Er warf einen Blick auf seine Uhr und wartete.
Nach einer Weile wurde dreimal an der Tür gekratzt; die Geräusche waren – wenn man genau hinhörte – deutlich als drei auf der Türfüllung gezogene Halbkreise zu erkennen. »Komm herein«, sagte der Mann auf dem Bett.
Zögernd, in dieser ihm ungewohnten Umgebung und vor dem Mann im schwarzen Seidenhemd fast vor Ehrfurcht erstarrend, trat ein dunkelhäutiger Araber ein. Sein langes Gewand war sauber – falls es nicht überhaupt neu war – und seine Kopfbedeckung fleckenlos. Man hatte ihn mit einer ehrenvollen Mission bedacht. »Sie haben das heilige Zeichen des Halbmonds gemacht, Herr, und hier bin ich«, sagte er leise.
»Vielen Dank«, sagte der Engländer. »Komm herein, und schließ bitte die Tür.«
»Selbstverständlich, Effendi.« Der Mann tat wie geheißen und blieb in respektvollem Abstand stehen.
»Hast du mir mitgebracht, was ich brauche?«
»Ja, Herr. Die Ausrüstung und die Information.«
»Zuerst die Ausrüstung bitte.«
»Sehr wohl, Herr.« Die Hand des Arabers verschwand zwischen den Falten seiner Gewänder und kam mit einer Pistole wieder zum Vorschein, die
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