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Der illustrierte Mann

Der illustrierte Mann

Titel: Der illustrierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Abenteuer werden, bei Gott! Ich weiß, daß ich ihn finden werde.«
    »Sie sind unwiderruflich dazu entschlossen, nicht wahr, Sir?«
    Das Gesicht des Kommandanten zuckte, und seine Augen schlossen sich. »Ja.«
    »Eines hätte ich gern gewußt.«
    »Was?«
    »Wenn Sie ihn finden, Sir – wenn Sie ihn finden«, fragte Martin, »was werden Sie dann von ihm erbitten?«
    »Nun ...« Der Kapitän wurde unsicher und öffnete die Augen. Seine Hände schlossen und öffneten sich. Er sann einen Augenblick nach, und dann breitete sich ein sonderbares Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Nun, ich werde ihn um ein wenig – Ruhe und Frieden bitten.« Er berührte die Rakete. »Es ist lange her, eine lange, lange Zeit, seit ich – seit ich Ruhe gehabt habe.«
    »Haben Sie denn jemals auszuruhen versucht, Kapitän?«
    »Ich verstehe Sie nicht«, erwiderte Hart.
    »Macht nichts. Auf Wiedersehen, Kapitän.«
    »Leben Sie wohl, Mr. Martin.«
    Die Mannschaft stand vor der Luftschleuse. Nur drei von ihnen wollten mit Hart weiterfliegen. Sieben andere sagten, daß sie mit Martin zurückblieben.
    Kapitän Hart musterte sie und fällte sein Urteil: »Narren!«
    Als letzter kletterte er in die Luftschleuse, grüßte militärisch lachte rauh. Die Tür schlug zu.
    Auf einer Feuersäule hob sich das Raumschiff in den Himmel.
    Martin sah ihm nach, bis es in der Ferne verschwand.
    Am Rande der Wiese stand der Bürgermeister, von mehreren Männern gestützt, und winkte.
    »Er ist fort«, sagte Martin, als er zu ihnen trat.
    »Ja, der arme Mann; er ist fort«, sagte der Bürgermeister. »Und er wird weiter und weiter ziehen, von Planet zu Planet, suchend und weitersuchend, und wieder und wieder wird er zu spät kommen. Und schließlich wird er nur um ein paar Sekunden zu spät kommen. Und wenn er dreihundert Welten besucht hat und siebzig oder achtzig Jahre alt geworden ist, wird er nur noch um eine Sekunde und endlich nur um einen winzigen Bruchteil einer Sekunde zu spät kommen. Und er wird weiter und weiter ziehen immer im Glauben, das zu finden, was er hinter sich gelassen hat, hier, auf diesem Planeten, in dieser Stadt ...«
    Martin sah dem Bürgermeister fest in die Augen.
    Der Bürgermeister streckte seine Hand aus. »Bestand jemals der geringste Zweifel daran?« Er winkte den anderen und drehte sich um. »Kommt mit jetzt. Wir dürfen ihn nicht warten lassen.«
    Sie gingen in die Stadt.

Der lange Regen
     
     
    Der Regen hörte nicht auf. Es war ein schrecklicher Regen, ein Dauerregen, ein schweißtreibender und dampfender Regen; eben noch ein Sprühregen, jetzt ein Platzregen, dann ein Wasserfall; er peitschte die Augen, er strömte wie ein reißender Fluß um die Knöchel; es war ein Regen, in dem alle bisherigen Regen und alle Erinnerungen an Regen ertranken.
    »Wie weit noch, Leutnant?«
    »Keine Ahnung. Eine Meile, zehn Meilen, tausend.«
    »Wissen Sie es denn nicht?«
    »Wie kann ich das wissen?«
    »Ich hasse diesen Regen. Wenn wir nur wüßten, wie weit es bis zur Sonnenkuppel ist, würde ich mich schon wohler fühlen.«
    »Noch ein oder zwei Stunden von hier.«
    »Glauben Sie das wirklich, Leutnant?«
    »Selbstverständlich.«
    Die beiden Männer saßen nebeneinander im Regen. Hinter ihnen saßen noch zwei Männer, naß und müde und zusammengesunken wie schmelzender Ton.
    Der Leutnant blickte auf. Sein ehemals braunes Gesicht war vom Regen bleichgewaschen; auch aus seinen Augen hatte der Regen die Farbe gewaschen, und sie waren weiß wie seine Zähne und sein Haar. Er war völlig weiß. Selbst seine Uniform begann weiß zu werden und sich mit einem leichten, grünlichen Schimmel zu überziehen.
    Der Leutnant fühlte den Regen auf seinen Wangen. »Wie viele Millionen Jahre mag es wohl her sein, daß der Regen hier auf der Venus einmal aufgehört hat?«
    »Reden Sie keinen Unsinn«, sagte einer der beiden anderen Männer. »Auf der Venus hört es nie auf zu regnen. Ich lebe jetzt hier seit zehn Jahren, und ich habe nicht eine Minute, ja nicht einmal eine Sekunde erlebt, in der es nicht regnete.«
    »Es ist, als ob man unter Wasser lebte«, sagte der Leutnant und stand auf, seine Pistolen zurechtrückend. »Am besten machen wir uns wieder auf den Weg. Wir werden die Sonnenkuppel schon finden.«
    »Oder wir finden sie nie«, entgegnete der Zyniker.
    »Etwa eine Stunde werden wir wohl brauchen.«
    »Jetzt lügen Sie mich an, Leutnant.«
    »Nein, ich belüge mich jetzt nur selbst. In einer solchen Lage muß man sich einfach etwas

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