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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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»bürgerlichen Verbesserung der Weiber«, deren Urheber nicht mehr gewillt war, »die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt, ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu lassen«. 31 Der Bürger in seinem Element (das auch unseres bleibt, bis der Bürger seine Schuldigkeit getan und eine bessere Lebensform als seine ermöglicht hat oder untergegangen ist): Produktivkräfte entfesseln, aus starren ständischen, ideologisch kirchlich-religiösen Bindungen lösen, Prometheus (und: Promethea) Unbound, unsere Herrschaft sei unpersönlich, die Unterworfenen seien selbstverantwortlich (gerade auch für ihr Unterworfensein). Der Feudalismus, bekanntlich, hielt es damit gerade andersherum: Die Herrscher waren Personen im emphatisch gesteigerten Sinn, bis zur Apotheose im Herrscherdenkmal, die Unterworfenen anonym bis zu einem Grad, auf dem diskutierbar wurde, ob sie, etwa als Wilde, die einen Grund und Boden bewohnten, der für den Fürsten zu annektieren war, überhaupt so etwas wie eine Seele hatten. In der Sklavenhaltergesellschaft wieder steht die Frage »Subjekt oder anonymes Objekt« noch in durch Abstraktionen wie territorialgebundene Leibeigenschaft ganz unvermittelten Gewaltzusammenhängen, den Personenstatus nahm man nicht persönlich (Freikauf beendete das Sklavendasein rückstandslos, no hard feelings) , die »Sorge um sich« (Näheres in den Antikebetrachtungen des späten Foucault) war eingezäunt von kraftvollen Hexis-Geländern ohne mittelalterliches Himmel-und-Hölle-Brimborium. Im Gegensatz zum poststrukturalistischen Einfall, die sogenannte Biomacht als etwas, das über den Zugriff moderner Staaten auf Populationsdynamiken und Körperkontrolle erst ab der Hochmoderne die Interpenetration von Subjektkonstitution und Machtapparaten reguliert, halten wir dafür, daß der Kapitalismus als Arbeitsregime vor Warenproduktionshorizont von vornherein nicht nur keine statisch-stratifikatorisches, sondern mit Verflüssigung des sklavenhalterischen oder leibeigenschaftsgetragenen Herr-Knecht-Verhältnisses zum Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit vom ersten Arbeitsvertrag an ein modular-zellular-molekular-monadisches Zugreifen auf die Körper erzwingt, in den spezifischen Erzeugungsgeographien, die besagter Horizont sich unterwirft. So ist die besondere, von einem allgemeinen Begriff wie »Patriarchat« abgeleitete Spielart der Herrschaft von Männern über Frauen, die der Kapitalismus erzeugen hilft, anfangs primär entlang der Stadt-Land-Differenz gebildet (an die sie, an dieser Stelle von ihrer sonst weit ausgreifenden historischen Phantasie verlassen, Marx und Engels, wenn sie auf das Problem überhaupt zu sprechen kommen, leider beinah exklusiv gebunden sehen): Die Landfrau ist, was sie ist, weil ihre Weiblichkeit ihr Beruf bleibt, gleichgültig, was sie tut; die Stadtfrau dagegen ist, was sie ist (nämlich ein Subjekt, das bestimmte Verträge abschließen kann, auch »sittenwidrige«), nur, insofern es ihr gelingt, ihren Beruf und ihre Weiblichkeit in funktionale statt ontische Beziehungen zueinander zu setzen. Diese Grundspaltung stellt tückischerweise eine selbstähnliche Wiederholung der Mann-Frau-»Arbeitsteilung« des vorkapitalistischen Patriarchats dar; eigentlich alle Neuerungen, die der Kapitalismus im unmittelbaren Personenumgang erzeugt, entstehen nach solchen miniaturisierenden (Deleuze und Guattari würden sagen: molekularisierenden) Copy-Paste- Mustern.
    Von der alleinerziehenden Prostituierten in den aufgegebenen Elendszonen über die Leihmutter in den Zwischenreichen des Ostens und näheren Südens bis zur weiblichen Führungskraft oder der Dauerwellenproletarierin in den Metropolen werden von dieser ersten Codierung nach Stadt und Land, die als materielle die Denkdifferenz Gesellschaft/Natur im Sozialen implementiert, alle weiteren Differenzeinrichtungen ganz ähnlich wie in Banajis Bild von der Vorbildrolle der Lohnarbeit, das wir im letzten Kapitel übernommen haben, in radialer Ausstrahlung und in evolutionären Gabelungen wie bei der Speziation im Biologischen selbstähnlich kopiert und geprägt; je nach neu zu schaffenden oder bereits eingegrabenen Strömungskurven und Flußdiagrammen von Ausbeutung, Ausgrenzung, Unterdrückung, Erziehung, Propaganda: Wenn die Frauen der Dritten Welt nicht als Putzhilfen in die Erste gebeamt werden, dürfen sie außer nähen auch mal Halbleiter bauen, wenn der Markt aber einbricht, sind an einem einzigen Tag auch mal vierzigtausend Arbeitsplätze

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