Der Implex
in England, and the depolorable Death of our great Monarch.«
Sie meint Karl den Ersten, der bei der glorius revolution über die Klinge springen mußte – »and wou’d discourse of it with all the Sense, and Abhorrence of the Injustice imaginable. He had an extream good and graceful Mien, and all the Civility of a well-bred great Man. He hat nothing of Barbarity in his Nature, but in all Points adress’d himself, as if his Education had been in some European Court.« 61 Der »great and just Character«, der uns hier vorgestellt wird, ist die Haupt- und Titelfigur des Romans Oroonoko, or The Royal Slave , erschienen 1688.
Um ihn als den Nabel ihres moralischen Universums arrangiert die Verfasserin eine mehrsträngige Erzählung über politische, ökonomische, rassistische und sexistisch organisierte Machtbeziehungen: Oroonoko ist der Enkel eines afrikanischen Stammeshäuptlings (den sie in bewußter Analogie zur entsprechenden Institution des Gemeinwesens, aus dem sie kommt, »King« nennt). Der Alte und sein Enkel lieben dieselbe Frau, Imoinda, Tochter eines Heerführers in Häuptlingsdiensten. Sie wird in den Harem des Königs aufgenommen, will aber mit dem jungen Prinzen fliehen. Der Versuch scheitert, das Mädchen hat aber die Jungfräulichkeit verloren und wird als Sklavin verkauft, wovon Oroonoko indes nichts weiß, da sein Großvater ihm vorlügt, sie sei gestorben (dies sei, erläutert die Dichterin, ein schamhafter Versuch des Königs, die Ehre der Frau zu schützen, die er liebt, denn der Tod ist, wo die drei leben, eine geringere Schmach als die Sklaverei).
Als Aufständischer gegen die weißen Eindringlinge metzelt Oroonoko eine Weile ruhmreich vor sich hin, wird aber schließlich von den Engländern gefangen und nach Surinam in die Knechtschaft verschleppt, wo er Imoinda wiederfindet. Beide sind inzwischen christlich getauft (»Cäsar« und »Clemene«). Sie wird schwanger, er spricht als Bittsteller bei den Herren vor: Dürfen sie nach Hause? Das wird nicht gewährt, so wiegelt er die anderen Sklaven auf, deren Rebellion der Übermacht aber unterliegt. Der Gouverneur bricht ein Amnestieversprechen, Oroonoko beschließt, den Zwingherrn zu töten, weiß aber, daß Imoinda damit ihr Leben nach dem Sippenhaftungsprinzip verwirkt hätte, und schließt daher mit ihr einen Selbstmordpakt – er bringt sie um und wirft sich als Kamikaze in die letzte Schlacht, die er jedoch überlebt. Der Tod der Liebsten aber hat ihn gebrochen; die Engländer finden ihn bei ihrem Leichnam, ergreifen ihn und foltern ihn zu Tode.
Aphra Behn läßt den Edelmut ihres Helden nicht allein in den Taten, die er während seines kurzen Lebens vollbringt, und am stoischen Ertragen der Hinrichtung aufscheinen, sondern etabliert, wie unser oben aufgeführtes Zitat zeigt, seinen hohen menschlichen Wert auch – den aufgeklärten Werten der Literaturepoche gemäß, in der sie schreibt – übers Lob seiner guten Manieren und kosmopolitischen Gewandtheit im Umgang; die Karten dieses indigenen Übermenschen sind so gezinkt wie die des schottischen Insurrektionisten William Wallace in Mel Gibsons Braveheart von 1995, der Latein und Französisch spricht: Damit wir einsehen, daß er uns gleichgestellt sein sollte, muß er uns überlegen sein, denn er besitzt dieselbe Bildung, aber einen an seinen Handlungen ablesbaren höherentwickelten Charakter.
Der Typus ist sozusagen die personifizierte Naturrechtslehre – die pia fraus einer sehr sympathischen Menschenfrömmigkeit, die einem primitiven Stand der Produktivkräfte angemessen ist: Man lügt die Menschen so schön, wie sie erst sein können, wenn man die übelste Not von ihnen nimmt. Wir legen Wert darauf, daß man inzwischen weit darüber hinaus sein kann, insofern Produktivität und Verkehrswege inzwischen keine Not mehr als naturdiktiert rechtfertigen (»In Afrika sind die Verhältnisse eben so«) und noch in den entlegensten Winkeln der Erde nur dann Hunger herrscht, wenn die Hungernden dort der politischen Macht entbehren, Abhilfe zu schaffen – niemand muß (und niemand sollte) mehr, wie das etwa in der ersten Phase der Diskussion über die nordwestlichen Industriestaaten als »multikulturelle Gesellschaften« von wackeren Gegnerinnen und Gegnern der Xenophobie vertreten wurde, dem fremden Menschenschlag irgendwelche Fähigkeiten zur (kulinarischen, kulturellen, arbeitsethischen) »Bereicherung« der wohlhabenden Sozietäten andichten, weil man die, die ihm angehören,
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