Der Indianerlord
Inzwischen hatte die amerikanische Regierung beschlossen, die Indianer in Reservaten unterzubringen.
Aber sie wehrten sich dagegen. Im Norden war die Army noch zu schwach, um solche Bestimmungen in Kraft zu setzen und die indianische Bevölkerung zu unterdrücken. Aber immer mehr Emigranten kamen ins Land. Eine Bahnlinie wurde vermessen. Und nachdem der Krieg im Osten beendet war, konnte die Army nach Westen ziehen, um die Indianer zu bekämpfen.
Hawk genoss nicht nur das Wiedersehen mit den Verwandten seiner Mutter. Inzwischen bekannte er sich voller Stolz zu seinem weißen Vater, der eine große Rinderranch aufgebaut hatte. Dort arbeitete er gemeinsam mit Lord David Douglas, und wenn die Sioux in ihren Jagdgründen zu wenig Wild erlegten, versorgte er sie mit Rindfleisch. Bald eskalierten die Kämpfe zwischen den Weißen und den Indianern, und Hawk fungierte als Vermittler.
Dann erfuhr er, sein Bruder sei bei einem Brand ums Leben gekommen. Er reiste mit dem Vater nach Schottland und starrte wie betäubt auf den Sarg in der alten Familiengruft.
Gemeinsam mit dem Vater nahm er an der gerichtlichen Untersuchung der Todesursache teil und verlangte genaue Informationen. Doch sein Schmerz und sein Zorn konnten nichts ändern. Die Stallungen hatten Feuer gefangen, und David war in den Flammen ums Leben gekommen. Zu verzweifelt, um in Schottland zu bleiben, übergab Lord Douglas die Ländereien einem Vetter und kehrte mit seinem Sohn ins Sioux-Gebiet zurück.
Nur die Liebe half Hawk über den Verlust des Bruders hinweg. Das Mädchen hieß Sea-of-Stars. Diesen Namen verdankte sie ihren schönen blauen Augen. Ihre Mutter war eine Weiße, die in jungen Jahren von den Indianern gefangengenommen wurde, ihr Vater war der Kriegerhäuptling Burnt Arrow. Ihr Bruder, Black Eagle, war ein alter Freund und Gefährte, der Hawk erklärt hatte, was während seiner Abwesenheit zwischen den Weißen und den Sioux geschehen war.
Nachdem Hawk und Sea-of-Stars geheiratet hatten, lebte er abwechselnd im Haus seines Vaters und im Zelt seiner Frau. Sie bekamen einen kleinen Sohn, Little Hawk. Dessen überglücklicher weißer Großvater bestand darauf, auch diesem künftigen Lord Douglas den Namen Andrew zu geben.
Wenig später starben Sea-of-Stars, ihr Vater und der kleine Junge, erst einen Monat alt, an den Pocken. Und so musste Hawk erneut trauern. In seinem Schmerz war er blind gegenüber allem, sogar gegenüber- der Anteilnahme seines Vaters. Als er sich im Dorf seiner Frau aufhielt, erfuhr er, die Army würde es demnächst angreifen.
Erbittert kämpfte er gegen die weißen Soldaten, stürzte sich mit wahrer Todesverachtung in die Schlacht. Und die Sioux-Krieger schlugen den Feind zurück. Schwer verwundet brach Hawk zusammen. Im Haus seines Vaters kam er wieder zu sich. David saß an seinem Bett. »Mein Sohn, du kennst den Kummer eines Vaters, der ein Kind verloren hat. Warum wolltest du mir dieses Leid noch einmal zumuten? Warum bist du so leichtfertig in den Kampf gezogen?«
Und Hawk gab ihm recht. Durch diese Erfahrung geläutert, verbrachte er viele Stunden mit Lord Douglas und lernte, die Trauer um seine junge Frau und Little Hawk zu bewältigen. Die Zeit verstrich, und allmählich verebbte der Kummer - nicht zuletzt, weil er endlich erkannte, wie sehr er seinen Vater liebte.
In den Black Hills wurde Gold gefunden, und David Douglas erwarb eine der ertragreichsten Adern.
Immer mehr Siedler - Goldsucher, Kaufleute, Ladenbesitzer, Ehefrauen und Kinder, Marketenderinnen und Bardamen - ließen sich im einstigen Sioux-Land nieder.
Während sich die Lage zuspitzte, geriet Hawk in eine schwierige Position. Viele seiner Jugendfreunde zählten zu den unversöhnlichsten Feinden der Weißen. Und er verstand, was in ihren Herzen vorging.
So hatte die Situation ausgesehen, als sein Vater zuletzt nach Osten gereist war.
Bald würde man nun seine Leiche nach Hause bringen. An diesem Nachmittag war Hawk mit drei seiner Lakota-Vettern zum Handelsposten Riley's geritten, um zu erfahren, wann der Sarg eintreffen würde. Und da sah er sie zum ersten Mal. Eigentlich hätte die Postkutsche schon am Morgen weiterfahren sollen. Doch sie wurde durch einen Radbruch aufgehalten. Verwundert hörte er, wie die strahlende blonde Schönheit im schwarzen Trauerkleid sein Erbe beanspruchte.
Sie hatte die Nacht in der Station verbracht und kam in die Küche herunter, während Hawk und seine Vettern an einem hinteren Tisch saßen und mit Riley die
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