Der Indianerlord
ihrer Gegenwart gestorben war ... Nicht in den Armen seines Sohnes.
Er trat ans Bett, erinnerte sich an die heftigen Wortgefechte, die sie ihm geliefert hatte. Dann lächelte er und schlug auf ihr Hinterteil. Empört setzte sie sich auf, strich das Haar aus ihrem Gesicht und- starrte ihn an, sofort wieder zum Kampf bereit.
»Tut mir leid, meine Liebe, jetzt muss ich mich von dir verabschieden«, erklärte er. »Heute habe ich sehr viel zu tun. Und Megan wartet sicher schon auf die Anweisungen der Hausherrin. Ich weiß nicht genau, wie viele Gäste nach Mayfair kommen werden. jedenfalls wird Reverend Mathews um halb vier eintreffen.«
Ehe sie antworten konnte, verließ er das Zimmer und schüttelte lachend den Kopf, als hinter ihm ein harter Gegenstand gegen die geschlossene Tür krachte. Er eilte die Treppen hinab, begrüßte Willow und Lily, die schwarze Tücher an die Eingangstür und die Fensterläden hängten.
Von Anfang an hatte er die Frau seines Vetters ins Herz geschlossen. Mit sechzehn Jahren war sie in den Westen gekommen weil sie während des Sezessionskriegs ihre Familie und ihr Zuhause verloren hatte. Einige Jahre lang trat sie in Dodge City im Varieté auf. Dann zog die Komödiantentruppe weiter nach Westen und fiel ein paar kriegerischen Cheyennes in die Hände. Alle außer Lily wurden grausam niedergemetzelt. Um Vergeltung zu üben, zerstörte die Army das ganze Cheyenne-Dorf und tötete alle Bewohner - ein Ereignis, das man später >Sand-Creek-Massaker< nannte.
Ein Cheyenne-Krieger nahm Lily zur zweiten Ehefrau. Nach seinem Tod zog sie zu den Oglalas, da die Sioux und die Cheyennes damals oft Bündnisse schlossen, und Willow verliebte sich in sie. Obwohl sie an das Indianerleben im Zelt gewöhnt war, hatte er nach der Hochzeit ein Holzhaus für sie gebaut.
»Soeben ist Dark Mountain eingetroffen und zu deinem Vater gegangen, Hawk«, erklärte Lily. Sie war eine hübsche, zierliche Frau mit dunkelrotem Haar und Sommersprossen.
»Dann will ich jetzt mit ihm reden.«
»Gut«, stimmte Willow zu, »und ich werde aufpassen, damit euch niemand stört.«
Hawk. betrat den Salon, wo sein bester Jugendfreund vor dem Sarg stand, ein hochgewachsener Krieger in Lederkleidung. Um seinen Triumph in wichtigen Kämpfen zu symbolisieren, steckten zwei Federn in seinem Haar.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte Hawk in der Sioux-Sprache, und Dark Mountain umarmte ihn.
»Außer mir wollte keiner von Crazy Horses Leuten nach Mayfair reiten. Natürlich vermisst der Häuptling deinen Vater ebenso schmerzlich wie wir alle. Aber er sagte, du würdest verstehen, dass er dich in diesen schwierigen Zeiten nicht besuchen kann.«
»Ja, gewiss. «
Crazy Horses Anhängerschar war keine natürlich zusammengewachsene Familiengruppe, weder Miniconjou, Two Kettles oder Oglala. Nur eins verband diese Krieger - der Entschluss, ihm zu folgen und dem Ansturm der Weißen zu trotzen. Crazy Horse hatte die Häuptlingswürde nicht geerbt, sondern mit seiner Tapferkeit und Kampfkraft errungen.
Schon in früher Jugend zeigte ihm seine Vision einen Krieger, der unversehrt durch einen Hagel aus Pfeilen und Kugeln ritt. Zu diesem Krieger entwickelte er sich im Lauf der Jahre, während er beobachtete, wie die Regierung der Weißen fast alle Versprechungen brach, die sie den Sioux gegeben hatte. Entschlossen führte er sein Volk aufs Schlachtfeld, beflügelt von dem Wunsch, in Freiheit zu leben und sich niemals in ein Reservat sperren zu lassen. Immer mehr junge Männer, Frauen und sogar Kinder folgten ihm.
Touch-the-Cloud, der riesengroße Miniconjou-Krieger, war eine Zeitlang im Reservat geblieben und dann zu Crazy Horse zurückgekehrt. Nun zog die Schar nach Nordwesten, zu den letzten Jagdgründen, die den Sioux noch gehörten, weit entfernt von den Siedlungen der Weißen. Dort hatte auch Sitting Bull zahlreiche Anhänger um sich versammelt. Und so eifrig die amerikanische Regierung auch Verhandlungen mit den Sioux anstrebte, um die Black Hills zu kaufen - Crazy Horse und seine gleichgesinnten Krieger wollten nichts davon wissen.
»Wie ich erfahren habe, wird die Army dich bitten, Crazy Horse zu besuchen«, bemerkte Dark Mountain. »Offenbar hofft man, du könntest ihn veranlassen, an den Besprechungen teilzunehmen.«
»Ja, dazu hat Cougar-in-the-Night mich bereits aufgefordert. Und ich werde zu den Sioux reiten, weil ich meinen Großvater und meine Freunde wiedersehen will.«
»Cougar erfüllt die Wünsche der Army.«
»Aber
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