Der Infekt
aus Sevenoaks. Er ist auf Leitung eins.«
»Danke, Ms. Hartfield.« Sir Ronald Abbott drückte den entsprechenden Knopf und stellte die Verbindung her. Gespannt wartete er auf die Stimme von Robert Thurso, der im Haus des toten Verteidigungsministers einige koordinierende Gespräche mit den Vertretern der Polizei geführt hatte. So langsam hechelte auch die Presse herbei und bauschte sich das Ganze auf. Vielleicht ließ sich der Trauerfall trotzdem als Folge einer normalen Herzattacke verkaufen. Selbstmord in Kombination mit Motivforschung durch neugierige Journalisten war so ziemlich das Überflüssigste, was Abbott sich momentan vorstellen konnte.
»Ja, Mr. Thurso, was gibt es Neues? Haben Sie die Polizei von der Notwendigkeit der Geheimhaltung überzeugen können?«
»Sicher«, meldete Thurso. »Superintendent Ripling leitet zum Glück den Trupp da. Mit dem kann man über solche Dinge einfacher reden als mit anderen. Aber das ist nicht der eigentliche Grund meines Anrufs.«
»Sondern?«
»Nun, Sir, da gab es einen merkwürdigen Anruf, vor etwa zehn Minuten. Ich war mit Ripling zufällig im Arbeitszimmer des Ministers, als der Apparat mit der Geheimnummer läutete.« Thurso stockte einen Moment lang.
»Na, und weiter? Nun machen Sie es doch nicht so spannend!« forderte Abbott voller Ungeduld.
Thurso wand sich noch ein wenig. »Nun, Sir, äh, ich befürchte, ich habe mich für den Minister ausgegeben.«
Sir Ronald zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Reiner Instinkt, möchte ich vermuten. Ein männlicher Anrufer meldete sich ohne Angabe seines Namens und fragte, ob ich Sir Malcolm Lowe sei. Ich habe dem Tonfall seiner Frage entnommen, daß er Lowe nicht kannte. Deshalb habe ich geantwortet, ich sei der Minister.«
»Was wollte er?«
»Halten Sie sich fest, Sir. Er wollte Lowe erpressen.«
»Wie denn, der auch? Na, Malcolm Lowe hatte ja in der Tat einen bemerkenswerten Bekanntenkreis.«
»So etwas Ähnliches habe ich auch im ersten Moment gedacht, Sir«, erwiderte Thurso, »allerdings mußte ich meine Meinung schnell revidieren.«
»Inwiefern?«
»Nun, die Erpressung durch diesen Cruikshank war offensichtlich gar keine. Der Mann am Telefon behauptete, Cruikshank sei überhaupt nicht im Besitz des Impfserums gewesen, sondern auf eine Täuschung hereingefallen.«
»Woher wollte der Mann das wissen?«
»Keine Ahnung! Aber er hat erklärt, daß er das Impfserum habe. Und er werde von einer Infektion englischer Rinderherden nur dann absehen, wenn ich, oder vielmehr Malcolm Lowe, für eine Zahlung von fünf Millionen Dollar sorgen würde.«
Abbott schwieg. Unfaßbar! Wohin sich manche Fälle entwickelten! Wer mischte da nun wieder mit?
»Sir Ronald?« erkundigte sich Thurso. »Sind Sie noch dran?«
»Ja, ich bin noch dran! Was halten Sie davon?«
»Er hörte sich ernsthaft und echt an, Sir. Ich schließe nicht aus, daß sich das Ganze wirklich so verhält.«
»Aber hat er denn einen Namen genannt oder sonst etwas? Wohin will er denn das Geld haben?«
»Weiß nicht. Er will weitere Anweisungen schicken, mit einer Probe des Impfserums. Das scheint mir ein weiterer Hinweis darauf zu sein, daß er tatsächlich im Besitz dieses Teufelszeugs ist.«
»Ja, das sieht ganz danach aus. Hm, aber wie kommen wir an den Mann heran? Irgendwelche Hinweise, Vermutungen, Ideen?«
»Eine wichtige Kleinigkeit, Sir. Malcolm Lowes Haus steht unter lückenloser Bewachung, also auch das Telefon. Das Gespräch kam aus Südamerika, Uruguay.«
»Woher wissen Sie das denn? Das ist doch gar nicht auszumessen!«
»Das nicht, Sir. Aber daß es ein Transatlantikgespräch war, ist sicher. Außerdem rauschte am Anfang der undeutliche Kommentar eines Operators durch die Muschel. Ich kann zwar kein Spanisch, aber Montevideo habe ich deutlich verstanden.«
»Sehr gut, Mr. Thurso, sehr gut, Sie sind wirklich zu gebrauchen. Da werden Dr. Green und Dr. Lundquist vielleicht irgendeine Meinung zu Ihrem Anrufer haben.«
»Sind die schon zurück?« fragte Thurso erstaunt.
»Nein, nein, natürlich nicht, Sie haben sich auch noch nicht gemeldet. Aber allzu lange wollten sie ja nicht dort bleiben. Heute werde ich hoffentlich noch etwas von ihnen hören.«
»Dann richten Sie bitte die schönsten Grüße von mir aus, Sir!« bat Thurso übertrieben freundlich. »Was soll ich jetzt machen?«
»Für Sie habe ich eine angenehme Aufgabe, Mr. Thurso!« kündigte Abbott an. »Ich möchte, daß Sie Ihren Freund
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