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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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als Manager ein durchaus fähiger Mann zu sein scheint. Außerdem: Wir haben seine Machenschaften hier aus naheliegenden Gründen nicht an die große Glocke gehängt. Welchen Anlaß also sollte eine Firma haben, ihn nicht zu engagieren?«
    Kay nippte am Cognac. »Ich halte es immer noch für einen Fehler, daß wir die ganze Affäre auf dem Geheimdienstniveau erledigt haben. Das hat nur Nachteile gebracht. Man wird erpreßbar, weil es offenbar etwas zu vertuschen gab. Und außerdem kann man keine offizielle Verfolgung der Verantwortlichen in Gang setzen. Sehr unbefriedigend.«
    »Mag sein, daß wir damals einen Fehler gemacht haben, aber das läßt sich nun auch nicht mehr ändern. Was mich allerdings am meisten ärgert, ist, daß Montgomery ihn offensichtlich gefunden zu haben glaubte; und jetzt ist die Verbindung abgerissen.«
    Kay setzte den Cognacschwenker ab und sah Harris gespannt an. »Weiß denn Montgomerys Mitarbeiter wenigstens ungefähr, wo Blunstone zu finden sein soll?«
    Sein Freund wiegte den Kopf. »Du kanntest ja Stephen Montgomery. Der ließ doch die Informationen erst dann raus, wenn er sich völlig sicher war. Aber angeblich hatte er vor, sich bei einem Forschungsinstitut in Irland umzusehen.« Er griff in eine Schublade seines Schreibtisches, holte einen Schnellhefter hervor und blätterte kurz darin. »Hier! Der Laden trägt den Namen Interclone Laboratories und liegt in der Nähe von Limerick.« Harris klappte den Ordner wieder zu. »Also, entweder ist Blunstone dort zu finden, oder Montgomery hat eine Kontaktperson aufgetan, die etwas über Blunstones derzeitigen Aufenthaltsort weiß. Das Problem ist, daß wir praktisch neu anfangen müssen, die Spur aufzunehmen. Und im Moment fällt mir nicht so recht ein, wer das übernehmen sollte.«
    »Lundquist.« Kay grinste vergnügt, als er Harris' Gesichtsausdruck sah.
    »Bitte, wer?«
    »Lundquist. Stan Lundquist.« Kay amüsierte sich königlich.
    »Sag mal, willst du mich foppen? Der hockt doch auf irgendeiner griechischen Insel und schmollt, weil ihn das Schicksal im letzten Jahr so gebeutelt hat. Also, was soll das?«
    Kay nickte. »Im Prinzip hast du recht, Dan, aber eben nur im Prinzip. Lundquist hat mich vorgestern nacht angerufen.«
    »Ach, tatsächlich? Was hat ihn denn dazu gebracht?«
    »Du wirst es kaum glauben, aber er wußte von Montgomerys Unfall; wenn ich mich nicht irre, hat er davon aus der englischen Presse erfahren. Er hat sich nach London in Bewegung gesetzt und wird heute nachmittag wieder Kontakt aufnehmen.«
    Harris schüttelte den Kopf. »Warum kümmert er sich denn überhaupt darum?«
    »Weil er und Montgomery zusammen die High School besucht haben – deshalb. Und anscheinend glaubt Lundquist, bei dem Unfall sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen.«
    »Hat er dafür irgendwelche Anhaltspunkte?«
    Kay schüttelte den Kopf. »Nein. Einfach ein Gefühl. Aber immerhin, er könnte sich um Interclone kümmern. Wir brauchten ihn nur dort einzuschleusen.«
    »›Nur‹ ist gut. Wie stellst du dir das vor?«
    »Na hör mal, das liegt ja wohl auf der Hand. Der Junge bewirbt sich einfach um eine Stelle als Wissenschaftler. Die Kompetenz besitzt er ja. Wir müssen ihn lediglich mit einigen zusätzlichen Referenzen versorgen.«
    Langsam schien Harris Gefallen an der Idee zu finden, denn sein Gesichtsausdruck hellte sich merklich auf. »Ja, warum eigentlich nicht? Keine schlechte Idee. Und das Ganze hätte den Vorteil, daß ihn keiner kennen kann.«
    »Eben, das dachte ich mir auch. Was soll ich ihm also sagen, wenn er anruft?«
    Harris dachte kurz nach. Dann erwiderte er: »Sag ihm, er soll sich bei Interclone bewerben. Die nötigen Unterlagen sind morgen abend per Kurier in London. Er soll sie in der Botschaft abholen.« Harris hob den Cognacschwenker. »Prost, Adrian! Auf Lundquist!«
    Kay nickte ihm zu. »Auf Lundquist!« Er nahm einen Schluck. Das konnte ja noch heiter werden!

London, Großbritannien
    D er distinguierte ältere Herr hinter dem schweren Mahagonischreibtisch sah aus wie der Prototyp des englischen Gentlemans alter Schule. In seinem gediegenen holzvertäfelten Büro herrschte peinliche Ordnung, was dieses äußere Erscheinungsbild nur noch unterstrich.
    Aber der Eindruck täuschte. Sir Ronald Abbott leitete immerhin den Geheimdienst Ihrer Majestät der Königin von England. Und bei der Erfüllung dieser Aufgabe konnte man äußerlich zwar als Gentleman erscheinen, durfte es aber innerlich nicht allzu oft sein.

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