Der Infekt
Blanchard & Petit kritisch unter die Lupe nehmen können. Und bitte, meine Herren, machen Sie den Werbefritzen die Hölle heiß. Die müssen den endgültigen Auftrag kriegen, sonst sind sie blamiert. Vielleicht hilft uns das, den Preis zu drücken.«
John Myers, der Finanzchef, wiegte den Kopf. »Mag sein, aber Sie wissen auch, daß wir keine große Wahl mehr haben. Wenn wir Blanchard & Petit nicht akzeptieren, müssen wir eine andere Agentur mit der Ausarbeitung einer Werbekampagne beauftragen. Und dann kommt uns die Konkurrenz mit der Einführung eines vergleichbaren Kombi-Menüs zuvor.«
Margo de Keyser nickte. »Ich weiß, Mr. Myers. Aber Blanchard & Petit wissen das nicht. Deshalb sitzen wir am längeren Hebel. Und ich erwarte, daß dieser Hebel um mindestens fünf Millionen Dollar länger ist. Haben Sie mich verstanden?«
Die Herren folgten ihr in den großen Tagungssaal.
Bei renommierten Großkunden wie FunFries Industries leitete François Petit die Präsentation selbst. Er verschaffte damit Margo de Keyser seit langer Zeit einmal wieder ein befriedigendes Gefühl. Es gab also auch in anderen Branchen noch ausgekochte Profis, die mit allen Tricks versuchten, ihr Produkt zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen, selbst wenn sie dabei ein wenig lügen mußten. Margo spürte instinktiv, wenn Petit einlullenden Unsinn erzählte, und erkannte sofort, welche Punkte für das vorgeschlagene Marketingkonzept sprachen. Deshalb gab es auch bei der Verhandlung der Auftragssumme nur recht wenige Probleme, und man einigte sich komplikationslos bei der optimalen Kompromißsumme von 34,5 Millionen Dollar.
Kurz nach 14 Uhr kehrte Margo de Keyser in ihr Büro zurück und ließ sich beschwingt in den schweren Ledersessel fallen. Es war ein sehr stimulierender Vormittag gewesen. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß sie irgend etwas mit dem gleichen Vergnügen tun würde wie das, was sie zur Zeit tat: möglichst viel Geld zu verdienen. Mit einer Ausnahme.
Sie betätigte den Rufknopf auf ihrem Schreibtisch und ließ die Tür aufschwingen.
»Wann ist der nächste Termin, Zachary?«
Mount warf einen Blick in seinen Kalender. »Ah, um 16.15 Uhr. Gary Stevenson kommt, um Ihnen den neuesten Asienbericht zu erläutern.« Er klappte den Kalender wieder zu und sah sie fragend an. »Falls Sie zu Mittag essen möchten, habe ich Ihnen für 15 Uhr einen Tisch in Pierre's Restaurant reservieren lassen.«
Margo blickte ihn dankbar an. »Eine gute Idee, Zachary, ich habe tatsächlich einen beträchtlichen Hunger. Wann sagten Sie, um 15 Uhr?« Sie blickte auf ihre goldene Armbanduhr. »Noch mehr als vierzig Minuten, Zachary.« Sie warf ihm einen auffordernden Blick zu, den der Sekretär wie immer sofort verstand.
London, Großbritannien
U m 17.21 Uhr landete die Concorde nach dreieinhalbstündiger Flugzeit auf dem Heathrow Airport in London. Idwood Green holte seine abgegriffene Reisetasche aus dem Handgepäckfach und verabschiedete sich mit freundlichem Grinsen von den Flugbegleiterinnen. Knappe zwanzig Minuten später saß er im Taxi und ließ sich nach Hause fahren.
Während die Kaffeemaschine einige Tassen Wachmacher produzierte, gönnte er sich eine heiße Dusche und frische Kleidung. Danach fühlte er sich schon bedeutend besser. Diese ewige Fliegerei konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen.
Zur Entspannung ließ er sich für ein paar Minuten in einem alten ledernen Ohrensessel nieder, legte die Füße hoch und genoß den Blick aus dem großen Fenster. Das unendliche Häusermeer der britischen Hauptstadt breitete sich vor ihm aus.
London war seine Heimat. Hier lebte er schon, solange er denken konnte, und hier würde er auch irgendwann einmal sterben. Hoffentlich, ermahnte er sich, denn das setzte voraus, daß ihn nicht vorher irgendein Trottel in einem malerischen Balkandorf oder im mittelamerikanischen Dschungel in die Luft jagte oder gar erschoß. Außerdem würde Jeanne das überhaupt nicht gefallen.
Apropos Jeanne. Die würde er gleich anrufen.
Sie nahm nach dem ersten Klingeln ab.
»Huhu!«
»Idwood? Mir fällt ein Stein vom Herzen! Wo bist du?«
»Zu Hause, wo sonst?«
Jeannes Stimme gewann an Lautstärke. Es war so leicht, sie zu ärgern. »Was soll das heißen: wo sonst? Willst du mich veralbern? Ich finde das nicht so lustig! Nach dem bißchen, was ich von Angela weiß, war es nicht ungefährlich in New Haven. Warum hast du mir beim letzten Anruf nicht erzählt, daß man versucht hat, euch
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