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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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unbeeindruckt zog der Engländer den Abzug durch. Ein leichtes ›Plopp‹ begleitete den Abschuß der Betäubungsnadel. Der Dobermann zog winselnd den Kopf zurück und versuchte, mit einer Vorderpfote die Nadel aus der Halsseite zu entfernen. Weil ihm das nicht gelang, winselte er nochmals leise. Zu mehr war er allerdings nicht mehr fähig: Ohne ein weiteres Geräusch legte er sich nieder und machte einige Sekunden später einen ziemlich weggetretenen Eindruck.
    Green verstaute die Druckluftpistole im Hosengürtel und rollte die Strickleiter auf, die an einem Ende mit zwei aufklappbaren Sternhaken versehen war. Er klappte die Zinken heraus, warf die Leiter über die Mauerkrone und zog langsam daran, bis er Widerstand spürte. Geschmeidig turnte er hinauf und zog die Leiter hinter sich hoch. Dann musterte er mit Hilfe der kleinen Taschenlampe die Mauerkrone und die Umgebung der Mauer. Nichts zu sehen. Keine Drähte, keine Kameras. Hoffentlich hatte Blunstone keine Bewegungsmelder am Haus angebracht. Aber das ließ sich ja herausfinden. Er sprang hinunter in den Kies, rollte die Leiter zusammen und verstaute sie in einem der Büsche, die den Kiesweg von der Rasenfläche des kleinen Parks trennten.
    In der Deckung dieses Buschsaums schlich er weiter, bis er den kiesbedeckten Vorplatz des Hauses erreicht hatte.
    Alles dunkel.
    Im ersten Stock gab es einen terrassenähnlichen Balkon. Hinter den Fenstern des daran anschließenden Zimmers war ein schwacher Lichtschein bemerkbar.
    Vermutlich das Schlafzimmer, dachte Green, und Blunstone geht gerade zu Bett. Oder er schläft in Damenbegleitung. Da schadete es ja auch nichts, wenn man hin und wieder mal etwas sah.
    Mit einem kurzen Anlauf sprang er auf den Sims des Erdgeschoßfensters und drückte sich in einer fließenden Bewegung nach oben ab. Mit Glück erreichte er die Kante des Balkons. Langsam, aber stetig zog er sich hoch, griff blitzschnell mit der einen Hand ans Geländer und hangelte sich Stück für Stück weiter. Endlich hatte er es geschafft und schwang sich lautlos über die Brüstung. Schwer atmend machte er erst mal eine kurze Pause. Mit spätestens vierzig mach ich nur noch Schreibtischarbeit, schwor er sich.
    Nach wenigen Augenblicken ging sein Puls fast wieder normal. Green schlich zum ersten Fenster und warf einen Blick hinein.
    Von wegen Damenbesuch! Blunstone lag tief schlafend auf seinem Bett, ein aufgeschlagenes Buch neben sich. Eingepennt, konstatierte der Engländer und bewegte sich leise zur Tür, um den Schließmechanismus zu inspizieren. Fenster und Türen waren relativ neu; Doppelverglasung und Metallrahmen, die Schlösser von außen nicht zu knacken.
    Green fluchte leise in sich hinein.
    Er trat zurück bis an die Brüstung und zog sich die Jacke hoch bis über den Kopf. Dann hielt er die Luft an und lief los. Mit einem einfachen, wenn auch technisch schwachen Rittberger durchbrach er die Thermoverglasung der Terrassentür und rollte den Sprung perfekt ab. Zwei Meter vor Blunstone kam er schwungvoll auf die Beine, griff in die Socke, zog mit einer fließenden, hundertmal geübten Bewegung das Messer hervor und ließ es aufschnappen. Dann setzte er sich aufs Bett neben Blunstone, der sich völlig verdattert aufgerichtet hatte und den Engländer wie ein Wesen vom anderen Stern anstarrte.
    Green hielt ihm die Klinge an den Hals und lächelte. »Ausgeschlafen, Dr. Blunstone?«
    »Was, zum Teufel … was, zum Teufel, tun Sie hier?« fragte der Interclone- Chef konsterniert, als ihm langsam dämmerte, daß er Augen- und Ohrenzeuge eines unbefugten Eindringens geworden war.
    »Ich bedrohe Sie mit einer Waffe, Blunstone, und ich hoffe für Sie, daß Sie vernünftig sind und mich nicht zwingen, Sie abzustechen.«
    »Aber … aber … verdammt … was soll das alles? Wollen Sie Geld?«
    Green schüttelte schweigend den Kopf. Er hatte die Erfahrung gemacht, daß ein gewisses Maß an Ungewißheit einen Gegner zusätzlich verunsicherte.
    »Was wollen Sie denn? Weshalb dringen Sie hier ein, durch die Scheibe, in mein Haus, he?« Langsam schien Blunstone richtig wach zu werden.
    »Immer schön höflich bleiben, okay?« zischte Green.
    »Schon gut, schon gut. Aber sagen Sie mir doch bitte: Was wollen Sie von mir?«
    »Dr. Lundquist«, antwortete Green trocken.
    Blunstone versteifte sich merklich. Mit dieser Antwort hatte er offensichtlich überhaupt nicht gerechnet. Trotzdem versuchte er sich zu beherrschen. »Bitte? Dr. wie? Wovon reden Sie?«
    Green

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