Der Infekt
der Runde.
Sir Ronald brachte zuerst den Mund wieder auf. »Wie grauenhaft! Ich glaube, ich werde heute abend nur ein Butterbrot essen. Aber was folgern Sie daraus? Mehr Freilandherden? Regenwald ade? Wenn Sie die Fleischbatterien abschaffen wollen, müssen Sie irgendwie für Nachschub sorgen!«
O'Brien schüttelte den Kopf. »Nein, Sir Ronald, das muß ich nicht. Sehen Sie, ich habe nichts dagegen, daß der Mensch Fleisch ißt. Prinzipiell. Im Rahmen des biologischen Gleichgewichts. Nur, dieses Gleichgewicht gibt es nicht mehr. Es leben zu viele Menschen auf der Erde. Und zu viele fleischfressende Menschen. Ein Mensch kann sich auch ausreichend aus anderen Quellen ernähren. Es muß nicht unbedingt Fleisch sein. Vor allen Dingen dann nicht, wenn der Nachschub nur auf solch bestialische Weise wie eben beschrieben aufrechterhalten werden kann. Vielleicht sollten alle, die Fleisch essen möchten, zwei oder drei Pflichttage in einem Schlachthof arbeiten müssen. Damit wäre vermutlich schon viel erreicht!«
Abbott rieb sich nachdenklich das Kinn. »Schwierig, aber bedenkenswert, Ihr Standpunkt, Dr. O'Brien. Er hat etwas für sich.«
»Das ist unbestritten«, warf Lundquist vorsichtig ein, »aber deshalb wissen wir immer noch nicht, warum Kossoff sterben mußte.«
»Ist die Erpressungstheorie denn noch haltbar?« wollte Abbott wissen.
»In gewisser Weise schon«, nickte Idwood. »Allerdings glaube ich nicht, daß es um Geld ging. Ich denke, Kossoff wollte nur verhindern, daß Interclone das Impfserum an Breedwell ausliefert.«
Sir Ronald schüttelte den Kopf. »Ich verstehe allerdings nicht so ganz, warum sie diesem Begehren nicht nachgekommen sind. Blunstone konnte sich doch ausrechnen, was da möglicherweise auf ihn zukommt.«
»Nicht unbedingt, Sir Ronald«, wandte O'Brien ein. »Kossoff wußte zwar, um welches falsche Stück DNA es sich bei dem ›überzähligen‹ Virus-Erbmaterial handelte, ich glaube allerdings nicht, daß er vorhersagen konnte, daß der Hybridvirus dadurch die Fähigkeit erhalten würde, auf Menschen überzugehen. Insofern ist Blunstone vielleicht ein von seinem Standpunkt aus kleines Risiko eingegangen.«
»Ich dachte bisher, auf dem Gebiet der Gentechnologie sei bereits das kleinste Risiko zu groß?« fragte Green erstaunt.
»Komm, Idwood, das weiß ich auch!« gab O'Brien zurück. »Ich wollte Blunstone ja gar nicht in Schutz nehmen.«
Lundquist atmete ein paar Mal tief durch. »Irgendwie fehlt uns doch noch was. Unsere Annahmen klingen alle recht plausibel, aber wenn wir ehrlich sind, mangelt es uns noch an Hintergrundinformationen. Und die können wir uns eben nur durch Kleinarbeit beschaffen. Zum Beispiel würde ich gerne wissen, wieso Kossoff überhaupt nach New Haven gewechselt ist. Schließlich war er gerade ein paar Monate bei Interclone. Ich verstehe das noch nicht.«
Green nickte. »Gute Frage, Stan. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Ich meine, vor allem deshalb, weil er in New Haven angeblich seine Arbeiten fortgesetzt hat. Das kapiere ich auch nicht so recht. Normalerweise bleiben solche kommerziell verwertbaren Projekte doch bei der Firma, wenn einer da weggeht.«
Auch O'Brien war nachdenklich geworden. »Stan hat recht, das ist wirklich merkwürdig …« Er brach ab, denn hinter ihnen öffnete sich die Tür. Yvonne Hartfield trat herein und begrüßte die vier Männer mit einem kurzen Kopfnicken. Sie legte einen Stapel Computerausdrucke auf Abbotts Schreibtisch.
»Na, sind Sie fündig geworden?« fragte ihr Chef neugierig.
Sie nickte. »Ich denke schon, Sir. Die Einzelheiten stehen auf den Ausdrucken. Einige wichtige Daten habe ich mir bereits herausgeschrieben.«
»Nur zu«, ermunterte Abbott sie, »klären Sie uns auf. Vielleicht darf ich Ihnen aber vorher kurz Dr. O'Brien und Dr. Lundquist vorstellen. Meine Herren, dies ist meine Assistentin, Ms. Yvonne Hartfield.«
Yvonne Hartfield räusperte sich kurz. »Nun, Sie hatten mich beauftragt herauszufinden, wie die Eigentumsverhältnisse der Firma Interclone aussehen. Achtzig Prozent der Interclone- Aktien gehören einem Konsortium namens Techno Future Corporation. Die restlichen zwanzig Prozent sind im Besitz einer amerikanischen Firma namens DesignerGenes. Die Techno Future Corporation ist im englischen Handelsregister eingetragen. Ich habe mich weiter damit beschäftigt, weil ich wissen wollte, in welchen Händen Techno Future ist. Und da wird es langsam interessant.«
»Oh, ich finde es jetzt
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