Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
angeboten, und Lewis schrieb an Freunde und Bekannte in London und hoffte, über einen von ihnen eine Anstellung zu finden.  
    Einige Tage nach ihrer Heimkehr kam Jack zu Besuch. Zu dritt unternahmen sie Wanderungen am Meer und durch die Heide bei Beaulieu. Jack hatte einen Wagen; einen Tag fuhren sie nach Bournemouth und bummelten Eis essend die Strandpromenade hinunter, während sich ein Gewitter zusammenbraute und sich am Horizont dunkelgraue Wolken türmten. Höher am Himmel schimmerten hellere Streifen. Die Wellen bäumten sich auf, bevor sie krachend auf den Sand schlugen. Abends kochte Freddie etwas zu essen, und später spielten sie eine Weile Karten, bevor die Männer ins Pub gingen. In Jacks Gesellschaft lockerten sich die Spannungen, die Stimmung im Haus wurde gelöster.  
    Von der Versicherungsgesellschaft kam ein Brief. Lewis riss den Umschlag auf. »Ist es ein Scheck?«, fragte Freddie.  
    »Nein, verdammt.« Er las mit finsterer Miene. »Ich soll in ihrer Niederlassung in Southampton vorbeikommen.«  
    »Aber warum denn, Lewis?« Sie bekam sofort wieder Angst.  
    »Nichts Wichtiges. Mein Gott, Freddie, schau mich nicht an wie der sterbende Schwan. Es geht bestimmt wieder nur um irgendwelche blöden Formulare, die ausgefüllt werden müssen.«  
    »Wann willst du fahren, Lewis?«  
    Jack stand an der Küchentür.  
    »Ich denke, heute noch.« Lewis sah auf seine Uhr. »Dann habe ich es hinter mir.«  
    »Ich kann dich hinbringen.«  
    »Nein, lass nur, ich nehme den Zug.« Lewis stopfte den Brief in seine Tasche. »Bleib du hier und leiste Freddie Gesellschaft. Es dauert sicher nicht länger als zwei, drei Stunden.«  
    Eine Stunde später machte er sich auf den Weg. Freddie räumte das Frühstücksgeschirr ab, während Jack ihn zum Bahnhof fuhr. Sie beobachtete die Bewegungen ihrer Hände, die Seifenwasser über Tellern und Schüsseln verteilten.  
    Als Jack zurückkam, schlug er einen Ausflug nach Hurst Beach vor. Er liebe Kiesstrände im Winter – vorausgesetzt natürlich, ihr sei es nicht zu kalt. Freddie zog ihren Duffelcoat an und band sich einen Schal um. Sie brauchte dringend frische Luft.  
    Sie fuhren nach Westen. Nachdem Jack am Anfang der kilometerweit in den Solent hinausragenden Kiesbank geparkt hatte, beschlossen sie, zur Festung am anderen Ende zu laufen. Bei strahlendem Wetter – der Winter hatte offenbar beschlossen, eine Auszeit zu nehmen – stapften sie durch den tiefen Kies, in dem die Schuhe versanken, zu beiden Seiten Wasser wie gekräuselte graugrüne Seide. Auf der weiten Fläche waren kaum Menschen unterwegs – ein Mann, der seinen Hund spazieren führte, ein Pärchen, das Muscheln sammelte –, und über das Wasser konnten sie die Isle of Wight erkennen. Manchmal, wenn sie mit Lewis hierhergekommen sei, bemerkte Freddie zu Jack, sei die Insel ganz im Meeresnebel verschwunden gewesen.  
    »Schlimm für Lewis«, sagte Jack, »diese Geschichte mit der Werft.«  
    »Ja.«  
    »Er hat mir gesagt, dass ihr das Haus verkaufen wollt.«  
    »Er will zurück nach London und dort etwas kaufen.«  
    »Und Sie, Freddie? Wollen Sie das auch?«  
    »Ja, wahrscheinlich.«  
    Sie hörte das Zischen des Salzwassers, das zwischen den Kieseln zurückströmte und kleinere Steine mit sich in die Wellen trug.  
    »Wovor haben Sie Angst, Freddie?«, fragte Jack.  
    Sie schaute ihn an und lachte. »Angst? Ich habe keine Angst.«  
    Er zuckte die Achseln. »Gut, dann nennen Sie es Anspannung, wenn Ihnen das lieber ist. Ist es das Geld?«  
    »Ist es so offensichtlich?«  
    »Sie wären nicht allein damit. George musste einen Teil des Familiensilbers verhökern.«  
    »Lewis und ich besitzen kein Familiensilber, das wir verhökern könnten. Ich habe zwar den Granatschmuck« – wieder dieses gekünstelte Lachen –, »aber viktorianischer Schmuck ist zurzeit so total aus der Mode, dass er sicher kaum etwas einbringen würde.« Ohne es zu wollen, dachte sie an Lewis, der jetzt bei der Versicherungsgesellschaft saß. Was wollten sie von ihm wissen? Was hatte er ihnen erzählt?  
    Sie stapften weiter. Ihre Schritte knirschten im Kies. Das Vorwärtskommen war mühsam, und nach einer halben Stunde schienen sie der alten napoleonischen Festung am Ende der Landzunge nicht näher gekommen zu sein. Sie setzten sich auf eine Buhne aus halb verfaultem Holz.  
    »Ich glaube«, sagte Jack, »es ist kaum einem von uns leichtgefallen, nach dem Krieg wieder in ein normales Leben

Weitere Kostenlose Bücher