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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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    »Nein, Darling.«  
    »Warum willst du mir nicht sagen, wer es ist? Du solltest das nicht alles allein ausbaden müssen.«  
    »Ich bin nicht allein. Ich habe ja dich.«  
    »Wie sieht es finanziell aus? Ist da alles in Ordnung?«  
    »Bestens.«  
    Aber das stimmte nicht. Erst vor zwei Wochen hatte sie bei Raynes in der Bond Street drei Paar Schuhe gekauft, um sich selbst ein bisschen aufzumuntern. Ein strenger Brief vom Filialleiter ihrer Bank zwei Tage später hatte sie zu der Einsicht gebracht, dass sie sparsamer sein musste. Aber sie war es nicht mehr gewöhnt, sich Gedanken um Geld zu machen. Milo hatte darauf bestanden, ihre Arztrechnungen zu bezahlen und, wenn es so weit war, die Kosten für die Klinik zu übernehmen. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, hatte er gesagt. Da sie zu dem Zeitpunkt schon im sechsten Monat gewesen war und nur noch sporadisch Aufträge bekam, hatte sie das Angebot angenommen. Auch ein Korsett konnte keine Wunder wirken.  
    »Ich muss morgen vielleicht mal kurz nach London.« Milo nahm seine Krawatte ab. »Es gibt einiges zu erledigen.«  
    »Ich könnte doch mitkommen.« Rebecca stieg aus ihrem Kleid und hängte es über einen Bügel.  
    »Was?«, fragte er, und als sie sich herumdrehte, sah sie seine zusammengekniffenen Augen. »Traust du mir nicht?«  
    »Milo!«  
    »Du überwachst mich also immer noch, wie?«  
    Die Schlafzimmertür fiel krachend zu. Sie hörte, wie im Bad der Riegel vorgeschoben wurde.  
    Als er wieder ins Zimmer kam, sagte sie ruhig: »Es ging nicht darum, dich zu überwachen, Milo. Ich dachte, es wäre schön, wenn wir wieder einmal zusammen nach London führen. Wir haben das seit Ewigkeiten nicht mehr getan. Ich könnte einen Bummel machen, während du in der Bibliothek arbeitest, und wir könnten über Nacht bleiben, abends vielleicht ins Theater gehen.« Sie trat hinter ihn und legte den Kopf an seine Schulter. »Das wäre bestimmt nett, meinst du nicht?«  
    War es aber nicht. Sonst waren sie immer im Savoy abgestiegen, aber das wollte Milo diesmal nicht. Die guten Hotels waren alle voll, sodass ihnen nichts anderes übrig blieb, als sich in einer ziemlich tristen Pension in der Marylebone Street einzumieten. Und obwohl sie pflichtschuldig ihren Bummel durch die Oxford Street machte, während Milo sich mit Roger Thoday traf, hatte sie nicht halb so viel Spaß wie erhofft. Sie hatte sich daran gewöhnt, ihre Kleidung bei Zélie einzukaufen und fand die riesige Auswahl bei Selfridges eher anstrengend. Am Morgen im Zug hatte Milo sie gedrängt, sich etwas Hübsches zu kaufen, nur deshalb nahm sie schließlich zwei Kostüme mit, das eine kirschrot, das andere aus einem braun gesprenkelten Tweed. Als sie die Sachen im Hotel noch einmal probeweise überzog, stellte sie fest, dass die kirschrote Jacke über der Brust spannte und der braune Tweed sie blass machte. Sie zog das Kirschrote zum Mittagessen an und wünschte dann, sie hätte es nicht getan. Die anderen Frauen im Restaurant trugen Schwarz, Marineblau oder Taubengrau mit Weiß abgesetzt. Sie kam sich vor wie eine scheckige Kuh. Offensichtlich war sie nicht mehr auf dem Laufenden. Modisch hinkte Oxford London wohl hinterher.  
    Am Abend sahen sie sich im Criterion ›Französisch ohne Tränen‹ an, eine Komödie, bei der Rebecca sich so lange gut amüsierte, bis sie einen Blick auf Milo neben sich warf. Er wirkte gelangweilt. »Gefällt es dir nicht, Schatz?«, flüsterte sie, und er fuhr ein wenig zusammen und sagte leise »Doch, es ist großartig.« Dann bat eine Frau hinter ihnen um Ruhe, Rebecca entschuldigte sich und richtete den Blick wieder zur Bühne. Nein, nicht gelangweilt, dachte sie. Unglücklich.  
    Es war natürlich ihre Schuld. Sie schämte sich bei der Erinnerung an ihren Streit mit ihm – an ihre Unbeherrschtheit und ihre voreiligen Schlussfolgerungen. Sie wusste, dass eine Distanz zwischen ihnen geblieben war. Als sie am nächsten Morgen im Zug nach Oxford saßen, erster Klasse zusammen mit einer älteren Dame im Hahnentrittkostüm und einem Geistlichen, dachte sie betrübt darüber nach, wie weit sie sich voneinander entfernt hatten. Beinahe unbemerkt von ihnen selbst hatten ihre Wege sich immer weiter getrennt. Früher hätten sie miteinander getuschelt, sich irgendwelche verrückten Geschichten zu ihren Mitreisenden ausgedacht. Kindischer Unsinn, gewiss, aus dem man irgendwann einmal herauswachsen musste, aber irgendetwas, das sie in diesem Moment nicht

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