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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kennt, beantwortet diese Frage ohne Zögern mit Ja. Er kennt das Mädchen. Und es ist ein Triumph für ihn, mit ihm die Familie Tong zu sprengen.«
    »Warum haßt er mich so?« fragte Tong.
    »Er haßt dich nicht, er findet dich lächerlich. Das ist das Ärgste, Shijun, was einem Mann geschehen kann.«
    »Ich habe ihm nie Anlaß gegeben, so über mich zu denken. Ich habe Ausstellungen seiner Bilder veranstaltet, ich habe mitgeholfen, daß sein Name über Yunnan hinaus in ganz China bekannt wurde. Ihm stünde Dankbarkeit an, aber kein Hohn.« Tong winkte ärgerlich ab. »Aber was reden wir von Zhang! Unser Sohn hat sich verirrt, und wir müssen ihn zurückholen.«
    »Kannst du ein Feuer mit einem Eimer Wasser löschen?«
    »Wenn das Feuer keine Nahrung mehr hat, sinkt es zusammen und verlöscht.«
    »Willst du das Mädchen verschwinden lassen?« rief Meizhu, und Angst ließ ihre Stimme schrill werden. »Shijun, was geht in deinem Kopf vor?«
    »Ich werde nach Huili fahren«, sagte Tong hart. »Die Ehre der Familie ist jedes Opfer wert.«
    »Weißt du, daß Jian keine Hemmungen hätte, dich zu töten?«
    »Er würde nie die Hand gegen mich erheben.«
    »Er würde ohne Zögern mit dir das Gleiche tun, was du mit dem Mädchen tun willst.«
    »Meizhu, was traust du mir zu?« Tong bückte sich, nahm die Autokarte vom Boden und faltete sie zusammen. »Ich werde eine Möglichkeit finden, das Mädchen zu überzeugen, daß Jian sie nie heiraten wird. Vor allem werde ich mit ihrem Vater sprechen, und wenn er ein verständiger Mann ist, wird er seine Tochter davon abhalten, Jian noch einmal zu sehen. Wenn Väter miteinander sprechen, finden sie immer einen Weg.«
    »Wie kann ein kleiner, armer Bauer sich gegen den großen Tong wehren!«
    »So sehe ich es.« Tong steckte die Autokarte in seine Jackentasche. »Jian ist also unterwegs nach Huili. Gönnen wir ihm noch diesen Besuch, er wird sein letzter sein. Und, Meizhu, erzähle ihm nicht, was ich beschlossen habe. Er soll nie erfahren, daß ich in diesem Dorf war. Wenn der Bauer schreiben kann, wird er Jian einen Brief schicken und ihm verbieten, seine Tochter noch einmal zu sehen. Und wenn das Mädchen schreiben kann, wird sie darunter schreiben: ›Das ist auch mein Wille.‹ Ein Tong, und Jian ist ein echter Tong, ist zu stolz, dann noch um Liebe zu betteln.« Er blickte Meizhu zufrieden an.
    »Und wenn der Bauer sich weigert? Er hat mit Jian einen goldenen Fisch im Netz.«
    »Am Geld soll es nicht liegen.« Tong lächelte überlegen. »Auch darüber können sich Männer verständigen.«
    Es war wieder einer jener Augenblicke, in denen sich Meizhu ehrlich gestehen mußte, daß Tong Shijun doch ein großer Herr war.
    Für Huang Keli sah die Welt wieder etwas lichter aus.
    Lida war es wirklich gelungen, den Mais an einen Großhändler zu verkaufen, sie hatte das fette Schwein zur Einheit ›Schlachthof No. 2‹ gebracht, und die zehn Enten erzielten einen schönen Preis, denn sie waren gut genährt und nicht mit Wasser dick gespritzt, wie es bäuerliche Halunken ab und zu taten. Die Yuan, die Lida vom Markt mitbrachte, reichten aus, die Schulden zu bezahlen, und es blieb sogar noch etwas übrig, wovon Huang glattgehobelte Dielenbretter kaufen konnte.
    Das Haus für Lida und Jian war das schönste und vor allem modernste Haus in Huili und der ganzen Umgebung. Keine Lehmwände mehr, kein Steinplattenboden, kein offenes Feuer, kein Loch, durch das der Rauch abzog – bei Lida und Jian blitzte es vor Sauberkeit. In der linken hinteren Ecke hatte Lida sich einen Hausaltar gewünscht, und als das offene Gehäuse fertig war, stellte sie keinen Buddha oder einen Heiligen hinein, sondern ihren wertvollsten Besitz, den Jade-Pavillon.
    An einem sonnigen, warmen Herbsttag bekam die Familie Huang unverhofften Besuch. Ein alter, verbeulter japanischer Wagen keuchte den Hügel herauf und hielt vor der Schule. Huang lief aus dem Haus, denn er dachte, Jian sei gekommen und habe unterwegs durch einen Unfall sein Auto verloren und sich dieses rasselnde Vehikel leihen müssen. Aber dann öffnete sich die Beifahrertür, und herausstieg Zhang Shufang und begrüßte Huang wie einen lieben Bruder.
    »Welche Freude!« rief Huang. »Welche Ehre! Der Dichter Zhang in meiner erbärmlichen Hütte. Jinvan, komm her, wir haben hohen Besuch!«
    »Der Weg zu Ihnen ist eine Strafe der Götter! Su Hongmo, der Besitzer dieses Autodrachens, hat laut gebetet, der Wagen möge nicht auseinanderfallen, aber ein paarmal

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