Der Jade-Pavillon
hat es so ausgesehen.« Zhang sah sich um.
Jinvan kam aus dem Haus, in den Händen die flache Tonschale mit Reisschnaps, mit dem man bei den Miaos jeden Gast begrüßt, der willkommen ist, und Zhang ließ sich die Schale an die Lippen heben, schlürfte einen Schluck und bedankte sich mit einer Verneigung. Die Schale rührte er nicht an; er kannte den alten Brauch der Miaos, daß der, der die Reisschnapsschale anfaßt, die ganze Flasche austrinken muß.
Nach der Begrüßung zeigte Zhang auf den neuen Anbau, der fast fertig war; über den Eingang war bereits ein Segensspruch gemalt, der böse Geister fernhalten sollte. »Ist das ihr Haus?« fragte er. »Werden dort Lida und Jian leben? Jian hat mir geschrieben, daß er einen Holzschuppen neben dem Stall ausbauen will. Aber ich sehe, ein richtiges Haus ist daraus geworden.«
»Es soll eine Überraschung sein.« Stolz führte Huang das Haus vor, und Zhang war voller Lob und sagte: »Ein wirklicher Prachtbau. Geputzte Wände, ein Heizkamin, ein eigener Altar, ein Dielenboden – so leben Millionen nicht mal in den großen Städten. Er muß Sie viel Geld gekostet haben.«
»Wir haben einen Teil der Ernte verkauft, zehn Enten, ein dickes Schwein und noch einiges, was wir entbehren konnten. Und Schulden habe ich … Jinvan und Lida sticken jetzt an den Abenden Blusen, Röcke, Jacken und Gürtel mit Gold- und Silberfäden, das wird die Schulden mindern.« Huang atmete tief ein und stieß die Luft mit einem Seufzer aus. »Ich brauche nicht mehr viel zum Leben, aber ich will Lida und Jian glücklich sehen.«
»Darum bin auch ich nach Huili gekommen.«
»Nein, Herr Zhang.« Huang hob abwehrend beide Hände. »Bieten Sie mir kein Geld an. Ich bin kein Bettler. Ich habe gelernt, mit meinem Gehalt als Lehrer – es sind hundertvierzig Yuan im Monat – auszukommen. Gehungert haben wir noch nie. Nein, ich nehme von Ihnen kein Geld.«
»Daran habe ich auch nicht gedacht. Ich habe Bilder mitgebracht, die schönsten, die ich in den letzten Jahren gemalt habe. Wir wollen damit die Wände schmücken.« Dabei verschwieg Zhang, daß jedes Bild, wenn Jian es verkaufen würde, bis zu zehntausend Yuan einbringen würde; ein Vermögen würde also an den Wänden hängen.
»Ein guter Einfall«, sagte Huang und rieb sich voll Freude die Hände. »Lida liebt schöne Bilder, aber wir haben uns nie ein Bild leisten können. Ab und zu hat Lida aus Illustrierten Fotos ausgeschnitten und an die Wand geklebt, aber da war sie noch ein Kind. Sie wird vor Freude tanzen, wenn sie Ihre Bilder sieht, Herr Zhang.«
Nachdem sie im Haus Tee getrunken und warmes Hühnerfleisch gegessen hatten, packte Zhang seine Bilder aus. Er hatte Haken und Nägel mitgebracht, und Su Hongmo, der Taxibesitzer, stand im Raum, während Zhang und Huang die Haken in die Wände klopften, sagte: »Mehr nach links, jetzt rechts, so hängt es gut!« und bemerkte am Ende der Aufhängearbeit, daß es eines ausgeprägten Schönheitssinnes bedürfe, Bilder richtig aufzuhängen.
Am Abend trieb Lida den Büffel heim. Sie freute sich sehr über den Besucher. »Es ist wunderbar«, sagte sie, und ihre Stimme schwankte vor Glück, als sie vor den Bildern stand. »Onkel Zhang, du hast einen blühenden Garten aus unserem Haus gemacht. Wie soll ich dir danken?«
»Sei Jian eine gute Frau«, erwiderte Zhang. »Und laß dich nicht von den Widerständen beirren, gegen die ihr noch kämpfen müßt. Ihr habt einen schweren Weg vor euch. Tong Shijun wird mit allen Mitteln versuchen, euch auseinanderzubringen. Noch weiß er nichts davon, aber es wird der Tag kommen, wo man es ihm sagen muß.«
»Wirst du das für uns tun, Onkel Zhang?«
»Ich habe keinen Einfluß auf Tong. Nur Jian, als sein einziger Sohn, kann mit ihm sprechen.«
»Ich hatte viel Zeit zu überlegen«, sagte Huang. »Der große Tong hat seine Ehre, aber der kleine Bauernlehrer Huang hat auch seine Ehre. Er braucht sich nicht zu schämen. Er hat sein Leben lang gearbeitet, hat aus Kindern strebsame Menschen gemacht, und wenn Professor Tong ein Herz abhört und sagt, es sei ein schwaches Herz, dann habe ich in die Herzen der Kinder die Liebe zur Heimat gepflanzt, habe gelehrt, wie man lesen, schreiben und rechnen kann, und habe ihre Augen für Sitte und Anstand geöffnet. Hat das nicht den gleichen Wert, wie wenn man sagt: ›Du hast diese oder jene Krankheit, und ich helfe dir, gesund zu werden‹? Jeder hat seinen Platz auf dieser Welt, und wovon würde ein Tong Shijun leben,
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