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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geschenkt.«
    »Er ist bei euch gewesen?«
    »Er ist noch da!« Sie lachte über Jians verblüfftes Gesicht, hing wieder an seinem Hals und küßte ihn. Es war, als wolle sie vor Freude und Glück zerspringen. »Er hat mich gemalt, Jian. Mich und den Büffel. Wir werden das Bild über unser Bett hängen.«
    Nun kamen auch Jinvan und Huang in das neue Haus und umarmten Jian. Jinvan hatte den Willkommenstrunk nicht vergessen und ließ Jian aus der Tonschale den Reisschnaps schlürfen. Einige Tropfen verteilte sie über den Zimmerboden, als sei es geweihtes Wasser.
    »Es fehlt noch einiges im Haus«, sagte Huang, als müsse er sich entschuldigen. »Aber bis zum Winter ist alles vorhanden.« Voll Stolz öffnete er die Tür, die ins Badezimmer führte, und trat dann zur Seite. Es war das Glanzstück des Hauses, in Huili hatte noch niemand so etwas gesehen: eine Duschkabine mit Glaswänden, ein Waschbecken aus rosafarbener Keramik und ein Klosett mit Wasserspülung.
    Es war wirklich überwältigend, was Huang und Lida in der kurzen Zeit geschaffen hatten, und Jian rief bewundernd: »Wie habt ihr das bloß alles gemacht?«
    Inzwischen war Zhang mit seinen Malutensilien ebenfalls vom Feld zurückgekommen und drückte Jian an sich. »Das ist eine Überraschung«, sagte er. »Kannst du dein Studium so einfach im Stich lassen?«
    »Ich habe mir eben die Zeit genommen.«
    »Und was sagt dein Vater dazu?«
    »Wir sprechen nur noch wenig miteinander. Ich habe ihm erklärt, daß ich mein Leben nach meinem Willen lebe. Es war schwer, ihm das klarzumachen, und ich weiß nicht, ob er mich überhaupt begriffen hat.«
    »Und er hat keine Ahnung, wohin du immer fährst?«
    »Nicht die geringste. Nur Mutter – «
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie hat ein Gespür, das unheimlich ist. Sie glaubt, ich fahre immer zu dir.«
    »Jian, da kommt eine Gefahr auf uns zu.« Zhang war ernst geworden. »Dein Vater wird mich wieder in Dali besuchen und eine Erklärung verlangen.«
    »Wir müssen uns weiter in Lügen flüchten. Mindestens noch zwei Jahre.«
    »Ob uns das möglich ist? Das Mißtrauen entwickelt ungeahnte Kräfte. Jian, es ist eine alte Kriegsregel: Die beste Verteidigung ist der Angriff.«
    »Ich kann Vater noch nichts von Lida erzählen. Seine Verbindungen zur Partei würden auch Huili erreichen. Wir müssen unser Versteck weiter geheimhalten.«
    »Und wenn du deiner Mutter die Wahrheit sagst?«
    »Sie wird ihm gehorsam berichten, was sie gehört hat.«
    »Dann werde ich der Prellbock sein, gegen den sie alle stoßen.« Zhang seufzte tief und strich wie immer, wenn ihn ein Problem beschäftigte, durch seinen schütteren grauen Bart. »Sie werden mich beschimpfen und verdammen, aber ich habe eine Haut wie gewachstes Tuch, an der alles abrinnt.« Ihm schien plötzlich ein Gedanke zu kommen, denn er lächelte verschmitzt. »Was hältst du von der Idee, eine falsche Spur zu legen? Wenn ich ein Mädchen erfinde, das in Lijiang wohnt?«
    »Ein guter Rat. Wir wollen uns das überlegen.« Jian zeigte auf die Bilder. »Was du uns geschenkt hast, kann ich nicht annehmen. Da hängt ja ein Vermögen an der Wand.«
    »Halt den Mund!« sagte Zhang grob. »Das geht nur dich und mich etwas an.«
    Spät am Abend geleiteten Huang und Jinvan, als sei es ein Brautzug, Jian und Lida zu dem neuen Haus. Vor der Tür blieben sie stehen und streuten Reiskörner auf den Boden, wie es bei einem jungen Ehepaar üblich ist, das zum ersten Mal das eigene Heim betritt.
    »Es ist zwar gegen alle Sitte«, sagte Huang, »daß ihr jetzt ein Bett teilt, ohne verheiratet zu sein, aber es hat sich in unserer Zeit so viel gewandelt – ob zum Guten oder zum Bösen, das soll jetzt nicht erörtert werden –, daß es auf eine so wichtige Kleinigkeit nicht ankommt. Das Glück möge euch nie verlassen, und eure Liebe möge nie erkalten.« Er stieß Jinvan mit dem Ellbogen in die Seite, und sie verstand, was er meinte, wandte sich ab und ging zum Haus zurück. Er folgte ihr, etwas nach vorn gebeugt; er spürte die schwere Last, die man ihm noch auflegen würde. Er dachte an Zhangs Befürchtungen, wenn Tong Shijun die Wahrheit erfahren würde, und er gestand sich ein, daß er den großen Tong sogar verstehen konnte, denn wäre er nicht Huang, sondern Tong und hätte einen Sohn wie Jian, würde auch er sich gegen eine ungeliebte Schwiegertochter wehren, so dumm und überholt das auch war.
    In ihrem neuen eigenen Haus standen sich Jian und Lida gegenüber, und sie schwiegen, denn es

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