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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und ging in ein Brummen über. Eines der besten Autos von Dali war fahrbereit.
    Nachdem sich Zhang von allen verabschiedet hatte, nahm er noch einmal Jian zur Seite. »Ich fürchte, dein Vater kommt wieder zu mir«, sagte er. »Soll ich eine falsche Fährte legen?«
    »Er wird den Betrug bald merken.«
    »Ich kann ihm nur sagen, was ich angeblich von dir weiß. Es wird unmöglich sein, daß er mir das Gegenteil beweist. Und so muß er wieder abfahren, ohne klüger als vorher zu sein. Nur von dir kann er die Wahrheit erfahren.«
    »Darauf wird er mindestens zwei Jahre warten müssen.«
    »Ich wünsche dir alles Glück, mein Junge.« Zhang umarmte Jian noch einmal, drückte ihn an sich, stieg in den Wagen und gab Su einen Rippenstoß. »Fahren Sie los!« sagte er. »Ich hasse lange Abschiede. Ein Abschied ist immer ein kleiner Tod.«
    Su gab Gas, der Wagen vollführte einen Satz nach vorn und rollte dann den Hügel hinab.
    »Wir sollten für Zhang beten, daß er Dali erreicht«, sagte Jinvan, die ihm nachwinkte. »Er ist ein mutiger Mann, daß er sich in diesem Alter noch solch einem Abenteuer aussetzt.«
    Nach dem Frühstück ging Jian den schmalen, mit Steinplatten ausgelegten Weg hinunter zu Zhou Chen, bei dem er schon früher einen Besuch gemacht hatte, und betrat den Raum, der Behandlungszimmer, Apotheke, Küche und Schlafzimmer in einem war. Zhou saß hinter einer Art Theke, rührte in einer Schüssel einen Brei an und sprach mit einem Bauern, der sich den Fuß verstaucht hatte und nun einen Umschlag mit eben jenem Brei bekommen sollte. Zhou hatte ihm gerade erklärt, daß sein Medikament Nummer 87 die Schwellung und die Schmerzen verschwinden lassen werde.
    »Die Wissenschaft besucht den Praktiker«, begrüßte er Jian. »Genosse Tong, kann ich Ihnen helfen? Benötigen Sie einen Rat?«
    Jian überhörte diese Anzüglichkeit; er setzte sich auf einen wackeligen Stuhl und warf einen kurzen Blick auf das geschwollene Fußgelenk des Bauern, der einen Alkoholverband und eine elastische Binde brauchte. Vor allem mußte der Fuß ruhiggestellt werden.
    »Du hast Lida nach ihrem Unfall behandelt?« begann Jian das Gespräch.
    »So ist es.« Zhou rührte weiter in dem Brei. »Ihr Rücken sah wie Marmor aus. Überall Streifen und Flecken. Aber ich habe sie davon befreit.«
    »Bis auf zwei, jetzt verhärtete Hämatome.«
    »Zwei trotzige Dinger! Dabei kann meine Tinktur Blutegel blutarm machen.«
    »Woraus besteht denn die Tinktur?«
    »Aus dem Gift einer Viper, dem Gallensaft des Reisfrosches und Auszügen aus verschiedenen Pflanzen und Wurzeln, die mein Geheimnis sind.« Zhou tat sehr überlegen. Ein jeder Barfußarzt hat seine Geheimrezepte, die ihn seinem Dorf unentbehrlich machen.
    »Und sonst hast du nichts gegeben?«
    »Herr Studierter, noch eine Salbe, wie sie im Lehrbuch von 1167 beschrieben ist.«
    »Kein Lasonil? Kein Doloben? Kein Hyzum oder Gelum-S?«
    Zhou starrte Jian an, als habe er er etwas schrecklich Unanständiges gesagt. »Sind das Medikamente?« fragte er dann.
    »Ja. Aus Europa.«
    »Sie stehen nicht auf meiner Liste. Ich habe von ihnen gehört.«
    »Es gibt sie in jeder Apotheke in Shanghai, Beijing, Guangzhou oder Chengdu.«
    »Gelehrter Genosse, wir sind hier in Huili.«
    »Du könntest dir aber solche Mittel aus Chengdu kommen lassen.«
    »Bisher hat unsere chinesische Medizin immer geholfen. Es gibt eben Krankheiten, die man nicht packen kann.«
    »Die Verhärtung der Hämatome hättest du verhindern können.« Jian zeigte auf den verstauchten Fuß des Bauern, der hellhörig dem Gespräch gefolgt war. »Und wie behandelst du diese Verstauchung?«
    Wieder glotzte Zhou wie ein Frosch Jian an und rührte dann wild in seiner Breischüssel. »Er ist mit seinem Fuß umgeknickt, das ist alles. Er bekommt einen Breiumschlag und wird in acht Tagen wieder hüpfen wie ein Hase.«
    »Oder humpeln, schreien und dich verfluchen. Hast du elastische Binden?«
    »Nein.«
    »Wie willst du den Fuß denn ruhigstellen?«
    »Was heißt ruhig?« fragte der Bauer. »Darf ich nicht mehr gehen?«
    »Vorerst nicht. Du darfst mit der Verstauchung nicht auftreten. Du mußt dich hinlegen.«
    »Und wer soll meine Arbeit tun? Sie in der Stadt können im Bett bleiben, aber hier bestimmt die Erde, was wir tun müssen. Zhou Chen, nimmt der Brei die Schmerzen weg?«
    »Ich hoffe es.«
    »Und kann ich wieder gehen?«
    Zhou warf Jian einen schiefen Blick zu, und etwas wie Flehen lag in seinen Augen. Jian fuhr wieder weg, aber er, der

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