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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sein Gesicht war starr wie eine Maske. »Sie sind gekommen, um uns zu sagen, daß Lida nicht würdig ist, eine Tong zu werden. Ihr Vater ist nur ein armer Lehrer in einem Miao-Dorf, und die Tradition verbietet, daß sie mehr ist als eine Konkubine. Aber dieses Miao-Mädchen hat einen Vater, Herr Tong, und dieser Vater gäbe sein Blut her für seine Tochter. Jeder Mensch hat seine Ehre, und wenn die Ihre tausend Jahre alt ist, so haben auch die Huangs Ahnen, nicht Mandarine, sondern ehrliche Handwerker wie meinen Vater Yuan, der ein Schreiner war. War es Ihr Verdienst, als Tong geboren zu werden? Sie sind ein berühmter Arzt und können Leben retten, ich bin nur ein kleiner Lehrer, aber wir arbeiten beide am Menschen. Nur regnet dem einen das Geld in die Hand, und der andere nennt es Glück, wenn in seinem Topf die Suppe kocht. Beruht der Wert eines Menschen auf seinem Bankkonto, oder liegt er in seiner Seele? Sie haben einen hervorragenden Sohn, Herr Tong, und er wird eine hervorragende Frau bekommen, das verspricht Ihnen ihr Vater.«
    »Ich habe andere Pläne mit meinem Sohn«, sagte Tong kühl bis ins Herz. »Wir reden über eine Zukunft, die keine Zukunft ist.«
    »Wer außer den Göttern kann in die Zukunft schauen?«
    »Ich werde der Zukunft meines Sohnes den richtigen Weg weisen, den er gehen wird«, sagte Tong mit gefrorener Miene. »Jian ist noch zu jung, als daß er so weit in die Ferne sehen könnte. Er ist ein Mann, ja, er besitzt ein großes Wissen, das er noch vermehren wird. Er hat das Paradies seiner ersten großen Liebe durchschritten, aber er ist ein junger Mensch, der an die Hand genommen werden muß, damit er sich nicht verirrt.«
    »Kommen Sie mit, Herr Tong.« Huang erhob sich, und Tong und Wu standen ebenfalls von ihren Stühlen auf. Sie verließen das Haus, und Huang führte sie zu dem kleinen Haus, das aus dem Anbau des Stalles entstanden war. Er stieß die Tür auf und ließ seine Besucher eintreten. Tong sah sich mit einem kurzen, geringschätzigen Blick um, erkannte Zhangs Bilder an den Wänden, überflog die moderne, aber einfache Einrichtung, und sein Blick blieb an dem Bett hängen: Im Geist sah er seinen Sohn mit Huangs Tochter in enger Umschlingung daliegen. Er biß die Zähne zusammen und drehte sich brüsk zu Huang um.
    »Was ist das?« fragte er und öffnete dabei kaum den Mund.
    »Es ist Lidas und Jians Haus. Ich habe es für sie gebaut, für die Zeit des Übergangs in ihr eigenes Leben.«
    »Hier also?« Tong wandte sich zur Tür, als habe man ihm den stinkenden Stall eines Schweines gezeigt. »In meiner Garage würde Jian luxuriöser leben.«
    Huangs Gesicht überzog eine fahle Blässe. Er starrte Tong und dann Wu an, und Wu senkte den Blick, denn plötzlich empfand er Mitleid mit dem armen Lehrer, der wohl alles, was er besaß, für dieses Haus geopfert hatte, auf das er nun mit Recht so stolz war.
    »Sie hochnäsiger Geldsack!« sagte Huang, und nicht Wut oder Ohnmacht, sondern tiefe Verachtung lag in seiner Stimme. Plötzlich dachte er daran, was Chang Lifu jetzt täte, wenn er noch gelebt und solche Unverschämtheiten gehört hätte. Er konnte sich vorstellen, daß in diesem Augenblick in Chang wieder der politische Kommissar der Kulturrevolution erwacht wäre und er Tong ins Gesicht geschleudert hätte: »Vor zwölf Jahren haben wir vergessen, dich zu den anderen ins Massengrab zu werfen!« Und dann hätte er Tong angespuckt und damit für alle Zeiten besudelt.
    Huang erschrak bis ins Innerste über seine schrecklichen Gedanken, stieß die Tür auf und wies Tong und Wu aus dem Haus. Draußen blieb Tong stehen und blickte zu dem Auto hinüber, als wolle er ohne weitere Worte abfahren. Huang hatte ihn beleidigt, einen Geldsack genannt – nun gab es keine Brücke mehr über die Kluft, die zwischen den Familien Tong und Huang lag.
    »Ich biete Ihnen hunderttausend Yuan an«, sagte Tong plötzlich. »Das ist mehr, als Sie in Ihrem weiteren Leben jemals verdienen können.«
    Huang erstarrte, sein Blick wanderte wieder zu Wu, und dieser senkte wieder den Blick, denn er schämte sich dessen, was Tong da gesagt hatte.
    »Sie wollen mir meine Tochter abkaufen?« stieß Huang heiser vor Erregung hervor.
    »Genau das Gegenteil will ich: Ich möchte meinen Sohn Jian freikaufen von dieser sinnlosen Liebe.«
    »Welch ein Mensch sind Sie!« Huang schüttelte den Kopf, als könne er nicht begreifen, was ihm da gesagt wurde. »Haben Sie wirklich ein Herz aus Yuan-Scheinen? Sie sind ein

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