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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fleisch in der Pfanne zu wenden. »Gleich wird Keli kommen«, sagte sie. »Und er wird schneller gehen, wenn er dein Auto sieht.«
    »Und Lida? Kommt sie zum Essen vom Feld?«
    »Hast du das schon vergessen? Ihr wird das Essen gebracht, und sie sitzt auf einem Stein und ißt.«
    »Ich werde ihr das Essen bringen«, sagte Jian und stand auf. »Und wir werden es auf dem Stein gemeinsam essen. Jinvan, Lida ist mein Leben.«
    Huang kam aus der Schule, und als er Jians Auto sah, beschleunigte er wirklich seine Schritte. Aber kurz vor dem Haus zügelte er seine Eile, um seine Würde nicht zu verlieren, und trat in das Zimmer, reichte Jian die Hand, setzte sich an den Tisch und wartete, daß Jinvan die fünf Vorspeisen auftrug, mit denen ein Mittagessen begann.
    »Wie lange bleibst du?« war die erste Frage, die Huang an Jian stellte.
    »Ich hatte mir vorgenommen, einen Tag zu bleiben.«
    »Das wird bei Lida Trauer auslösen.«
    »Ich werde viel versäumen und nachholen müssen, wenn ich länger den Vorlesungen fernbleibe. Mehr als drei Tage kann ich nicht bleiben.« Jian ging zum Herd, wo Jinvan einen aus Weidenruten geflochtenen Korb genommen hatte und Lidas Essen in kleinen, irdenen Töpfen hineinstellte: Reis, das Fleisch in einer dunklen, scharfen Soße, Kohlgemüse mit schmalen Speckstreifen und die Suppe mit Glasnudeln und Tofuwürfeln. Wenn Lida auf dem Feld war, wurde ihr das Essen immer vom Hausmeister der Schule gebracht; er hängte den Korb an die Lenkstange seines Fahrrades. »Ich fahre jetzt«, sagte Jian, als der Korb gepackt war.
    »Wenn Lida nicht auf dem Feld ist, suche sie am Fluß. Sie hat einen großen Korb Wäsche mitgenommen«, rief ihm Jinvan nach. »Dann ist sie dort, wo am Ufer die großen, runden Steine liegen.«
    Und so war es. Der Büffel lag auf dem abgeernteten Kohlfeld und kaute an Grasbüscheln. Er hob den dicken Schädel, als Jian zu ihm trat, stieß einen dumpfen Laut aus und schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß, sie ist nicht hier«, sagte Jian und klopfte ihm auf den Nacken. Er verließ das Feld und fuhr die Straße hinunter, den Fluß entlang, an dessen vom Hochwasser ausgewaschenen Ufern einige flache Holzboote lagen, mit denen die Bauern ihre Äcker jenseits des Flusses erreichen konnten.
    Die großen, runden Steine, im Lauf der Zeit vom Fluß glatt geschliffen, waren der Waschplatz von Huili. Hier knieten die Bäuerinnen neben ihren Wäschekörben, klopften mit einem flachen Holzknüppel den Schmutz aus der Wäsche und spülten sie so lange im träge fließenden Wasser, bis die gröbsten Flecken entfernt waren. Ganz verschmutzte Stücke kochten sie im Haus in einem großen Kessel aus, trugen sie heiß zum Fluß hinunter und schwenkten sie in dem reinen Wasser, das so klar war, daß man es auch für den täglichen Gebrauch im Haus schöpfte.
    Schon von weitem sah Jian, wie Lida an einem der runden Steine hockte und die Wäsche klopfte. Sie hatte den Rücken der Straße zugekehrt, und das Klopfen des Knüppels übertönte das Motorengeräusch. So bemerkte sie Jians Ankunft nicht, schreckte hoch und schlug mit einem Bettuch, das sie gerade in der Hand hielt, um sich, als Jian sie von hinten umarmte und in den Nacken küßte. Das Tuch fiel aus ihrer Hand in den Fluß und trieb davon, während sie sich küßten, alle Anstandsregeln vergessend, die öffentliche Zärtlichkeiten verboten.
    »Das Bettuch!« rief Lida plötzlich. »Es schwimmt weg! Jian, hol es zurück. Wenn wir es verlieren …«
    Er löste die Umarmung nicht, drückte ihren Kopf an seine Brust und sagte: »Ich kaufe dir zehn neue Bettücher.«
    »Du weißt nicht, wie teuer sie für uns sind. Jian, hol es zurück!«
    Es war nicht so leicht, das Tuch aufzufangen. Mit einer der Bootsstangen lief Jian am Ufer entlang und versuchte, es aufzuhalten, aber immer wieder löste es sich von der Holzstange, trieb weiter, und Jian stach nach ihm, und wenn er glaubte, er habe es gefangen und könne es ans Ufer ziehen, genügte ein Ruck, und das Tuch hatte sich wieder befreit. Endlich hatte sich das Wäschestück so um die Stange gewickelt, daß Jian es zu sich herziehen konnte und aus dem Fluß holte. Er warf es in das Ufergras und fing Lida auf, die auf ihn zulief. Wieder küßten sie sich. An ihnen vorbei fuhr ein Lastwagen, und der Fahrer hupte wie wild. Auf der Ladefläche standen Bauarbeiter, die johlten und in die Hände klatschten.
    »Ich kann nicht reden«, sagte Lida. Sie hing an Jians Hals und schloß die Augen, als seine Lippen

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