Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
wurde. Du kannst mich töten, wenn ich Lida jemals verlasse.«
    »Welchen Wert hat dein Tod für mich, wenn du meine Tochter zerbrochen hast? Eine verlorene Ehre findet man nicht wieder.« Huang sah vor sich hin, dachte an die Gespräche mit Zhang Shufang und nickte dann mehrmals, als müsse er seine Gedanken bekräftigen. »Ich erlaube die Reise nach Lijiang.«
    »Keli, ich schulde dir ewigen Dank.«
    »Wo werdet ihr schlafen?«
    »Es gibt in Lijiang einige Gästehäuser und Herbergen. Wir werden schon ein Bett finden.«
    »Ein Bett?« fragte Huang betont.
    »Es ist nicht das erste Mal, daß ich nach Lijiang fahre. Wenn wir im Gästehaus Nummer zwei wohnen können – ich kenne es gut –, brauchst du diese Frage nicht zu stellen. Das Gästehaus hat über hundert Räume mit über dreihundert Betten.«
    »Und wenn es besetzt ist?«
    »Dann gibt es noch das Lijiang-Hotel mit hundert Zimmern und mehr als dreihundert Betten.«
    »Ich habe Vertrauen zu dir, Jian.« Huang blickte zu Lida hinüber, die mit dem Abspülen des Geschirrs fertig geworden war. Jinvan hatte eine neue Flasche Bier auf den Tisch gestellt. »Wann wollt ihr fahren?«
    »Morgen, noch vor Tagesanbruch. Ich nehme die Straße über Dukou; sie ist zwar eng und führt über eine Reihe von Gebirgspässen und durch tiefe Schluchten, aber es ist der kürzeste Weg.«
    »Mein Wunsch ist, daß ihr schöne Tage habt.« Huang erhob sich, trank sein Glas leer und verließ das Haus, um die Maisstrohmatten aus dem Anbau des Stalls zu holen.
    Jinvan wartete, bis sie Huangs Schritte nicht mehr hörte. »Die Seelen der Ahnen seien um dich«, sagte sie zu Lida. »Leg dich nieder, morgen ist ein harter Tag.«
    Mit einem langen Blick, in dem ihre Sehnsucht sich spiegelte, verabschiedete sich Lida von Jian und verschwand hinter der Tür der Nebenkammer. Jian ging zu Huangs Bett, das jetzt sein Bett war, zog seine Schuhe aus, streifte das Hemd und die Hose ab und legte sich, nur mit einer geblümten, kurzen Unterhose bekleidet, auf die Wolldecke.
    Jinvan warf einen erstaunten Blick auf das geblümte Kleidungsstück. »Tragen Männer jetzt so etwas in Kunming?« fragte sie.
    »Nicht alle, nur die jungen Männer. Es ist eine Mode, die von Hongkong herübergekommen ist.«
    »Kannst du für Keli zwei dieser Hosen schicken, wenn du wieder in Kunming bist?«
    »Glaubst du, er trägt sie?«
    »Sie sehen lustig aus an dir, und sie werden auch an Keli lustig aussehen. Ich mag sie.«
    »Ich werde euch ein Paar schicken.« Gleichzeitig dachte er, daß Jinvan ihren Mann wieder jung sehen wollte, daß sie ihn noch immer liebte wie vor einem Vierteljahrhundert, daß Reichtum wie bei den Tongs nicht immer das Glück hervorbringt und Armut reicher sein kann als eine Truhe voll Gold, wenn die Liebe zwei Menschen zusammenhält.
    Huang kam mit seinen Flechtmatten zurück und warf ebenfalls einen Blick auf Jians bunte Unterhosen. Er sagte kein Wort darüber, aber als sich auch Jinvan in der Nebenkammer zur Ruhe gelegt und er sein Lager neben der Tür gerichtet hatte, kam er zu Jian ans Bett und setzte sich neben ihn. »Gibt es diese Hosen in Kunming?« fragte er mit leiser Stimme.
    »Ja«, antwortete Jian ebenso leise, und er lächelte dabei.
    »Schickst du mir eine?« Huang legte den Finger auf die Lippen. »Aber verrate Jinvan nichts davon, ich will sie überraschen.«
    Jian nickte, und dann sagte er mit einer fast feierlichen Stimme: »Wenn ein Zauberer käme und mich fragte: ›Hast du einen großen Wunsch? Ich erfülle ihn dir‹, dann würde ich zu ihm sagen: ›Gib meinem Herzen eine so tiefe Liebe, wie sie Jinvan und Keli haben.‹«
    »Das setze ich bei Lida und dir voraus«, erwiderte Huang ebenso feierlich. »Sollte es anders werden, wird dich mein Fluch verfolgen.« Er stand auf, ging zu seinen Matten, legte sich nieder und dachte an die lange, harte und doch schöne Zeit mit Jinvan, von der er nicht einen Tag missen wollte. Und er erinnerte sich eines Wortes, das der weise Tschu-Li gesprochen hatte: »Der Geist, der allen Dingen Leben verleiht, ist die Liebe.«
    Glücklich schlief er ein.
    Tong Shijun wachte erst spät auf, und als er in das große Zimmer trat, roch er die morgendliche Reissuppe, die Dampfbrötchen und die fritierten Teigstangen. Zhang Shufang saß an seinem großen Arbeitstisch und malte mit bunter Tusche einen wunderschönen Azaleenzweig, der über einer Landschaft mit einem See und einem schneebedeckten Berg schwebte. Auf dem See erkannte man die Boote der

Weitere Kostenlose Bücher