Der Jadereiter
soll sie doch berühren. Ich fand das auch ganz schön, doch es hat mich nicht erregt. Es war ein bißchen wie eine Show, sein schwarzer Körper mit der purpurfarbenen Seide. Beim Abschied hat er mir das Tuch geschenkt. Eigentlich wollte er mir Geld geben, aber ich habe es nicht genommen. Ich war ziemlich niedergeschlagen – vermutlich hatte ich mich in ihn verliebt und wünschte mir, daß alles noch ein bißchen länger dauern würde –, und es enttäuschte mich, daß er so scharf auf das Video war. So sehr unterschied er sich also doch nicht von den andern. Vielleicht war er sogar noch verrückter als sie.«
Ich hole ein Foto aus meiner Tasche und reiche es ihr. Kat zuckt zusammen. »Ich habe sie nie persönlich kennengelernt, aber von ihr gehört. Etwa zwei Jahre nach meiner Nacht mit Bradley begannen die Leute, mir von einer Frau zu erzählen, mit der sie ihn gesehen hatten. Der Beschreibung nach muß sie das sein. Eine zweite Frau wie sie kann es in Krung Thep nicht geben. Was für ein Körper! Verständlich, daß sie ihm lieber war als ich, oder? Jetzt, nach all der Zeit, schaffe ich es zu sagen: Diese Nutte sieht einfach phantastisch aus.«
»Du hast nie erfahren, wo sie arbeitet oder was sie macht?« Sie schüttelt den Kopf.
Als ich mich bereits zum Gehen wende, ziehe ich, einer plötzlichen Eingebung folgend, die Fotos von Warren aus der Tasche und zeige ihr das aktuellste, das Warren zusammen mit George W. Bush bei einem Empfang im Rosengarten zeigt. Ihr Blick wandert zwischen mir und dem Bild hin und her. Angst? Nein, sie wirkt eher bestürzt und legt eine Hand auf meinen Arm. »Hat er etwas mit der Sache zu tun? Sonchai, wenn ja, solltest du die Finger davon lassen.«
»Warum?«
»Hast du schon mal den Ausdruck ›special job‹ gehört?«
»Natürlich. Ist er so einer?«
»Sozusagen der ›special job‹ schlechthin. Man kannte ihn in allen Bars. Wenn er einmal im Monat da war, hat sich das schnell rumgesprochen. Er zahlte Toppreise für Mädchen, die zu ihm kamen, aber die wollten alle kein zweites Mal mehr. Sie haben nicht darüber geredet, doch was los war, ahnte man. Die farangs verstehen uns Thais nicht. Sie glauben, wenn ein Mädchen seinen Körper verkauft, hat es keine Würde und keine Grenzen. In Wahrheit ist oft das genaue Gegenteil der Fall. Frauen wie deine Mutter sind Freigeister. Könntest du dir vorstellen, daß Nong je einen normalen Beruf ausübt? Oder sich von einem Mann mißhandeln läßt? Manchmal verkauft eine Frau ihren Körper, weil das mehr Würde hat und sicherer ist, als mit einem gewalttätigen Trinker verheiratet zu sein, der sich ohne Kondom durch alle Betten schläft. Jedenfalls hat ihn, soweit ich weiß, keine ein zweites Mal begleitet.«
»Und irgendwann ist er dann nicht mehr in die Bars gegangen?«
»Mitte der Neunziger sind plötzlich die Frauen aus Sibirien hier aufgetaucht. Angeblich haben sie die Dinge mitgemacht, die er wollte, was immer das auch war. Sie kannten sich aus mit ›special jobs‹. Ihre Zuhälter haben sich mit ihm in Verbindung gesetzt, also mußte er nicht mehr in die Bars. Die Frauen aus Sibirien sind echt hart im Nehmen. Das macht wohl das Wetter da oben.«
Kats Bruchbude befindet sich in einer Anlage, die fast identisch ist mit der meinen, nur daß sie nicht in der Nähe des Flusses oder irgendeiner anderen Attraktion für das Auge liegt. Ich warte am Rand einer von Menschen geschaffenen Wüste und frage mich, ob diese Ödnis wieder so ein westlicher Import ist. Haben wir in unserer eigensinnigen Gier nach allem Westlichen versehentlich ein Stück Sahara erworben? Zum Glück habe ich meinen Walkman dabei, so daß ich mir mit Pisit Sritabots Radiosendung die Zeit vertreiben kann. Eine Soziologieprofessorin spricht so kenntnisreich über die Prostitution, daß sogar Pisit einmal vergißt zu unterbrechen.
»Die Bezeichnung ist unglücklich gewählt, weil es zahlreiche unterschiedliche Formen gibt. Heutzutage läßt sich ein hoher Prozentsatz junger Studentinnen von sogenannten Sugar Daddies, Gönnern, finanzieren – oft farangs, normalerweise aber Thais, die ihre Kosten übernehmen und ihnen so etwas wie ein Gehalt dafür zahlen, daß sie jederzeit mit ihnen schlafen können. Das ist nicht ungesetzlich, aber die Mädchen verkaufen definitiv ihren Körper. Wenn der Sugar Daddy nicht reich genug ist, alle ihre Ausgaben zu tragen, suchen sie sich noch einen zweiten, manchmal sogar einen dritten. Oft besitzt so eine junge Frau drei
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