Der Jäger
genau in Höhe des Scheideneingangs. Damit versperrt er den Zugang zur Vagina. Hier gibt es zwei Möglichkeiten, weshalb der Täter dieses Ritual vollführt. Zum einen könnte es bedeuten, dass der Täter impotent ist, oder aber er wurde von einer oder sogar mehreren Skorpionfrauen wegen eines physischen Mankos im Genitalbereich ausgelacht, zum Beispiel wegen eines zu kleinen Penis, weshalb ihm diese Frauen den Zutritt zu ihrem Inneren verweigert haben. Die Nadel, das wissen Sie wahrscheinlichinzwischen selbst, symbolisiert den Stachel und das daraus fließende Gift des Skorpions, mit dem der Täter schon des Öfteren gestochen wurde, womit der Skorpion jetzt aber selbst getötet wird …«
»Augenblick«, warf Durant ein, »das mit der Nadel ist mir schon klar. Aber warum hat er keinen Geschlechtsverkehr mit ihnen gehabt? Um keine Spuren zu hinterlassen? Ich meine, wenn er impotent ist, sehe ich ein, dass es nicht ging …«
Richter schüttelte den Kopf. »Nein, das ist mit Sicherheit auszuschließen. Hätte er Geschlechtsverkehr mit ihnen haben wollen, dann hätte er auch ein Kondom benutzen können, um keine Spuren zu hinterlassen. Seine Opfer waren ihm schließlich wehrlos ausgeliefert, und er hätte alle Zeit der Welt gehabt, sich sexuell an ihnen zu vergehen. Es gibt zwei Möglichkeiten, warum er den Sexualakt nicht ausführt; zum einen die schon erwähnte mögliche Impotenz, oder aber er hat keine Lust, sexuell mit seinen Opfern zu verkehren, weil er sich nicht schmutzig machen oder besser gesagt beflecken will. Es gibt jedoch auch noch eine dritte Möglichkeit, die ich aber erst ganz zum Schluss in den Raum werfen möchte.
Nun zur Waschung. Diesen Teil seines Rituals wendet er an, um entweder sich selbst zu reinigen, was ich aber eher für unwahrscheinlich halte; vielmehr bin ich überzeugt, dass er mit der Waschung seine Opfer von ihren Sünden rein waschen will. Sie sind böse, sie besitzen einen tödlichen Stachel, aber sobald sie tot sind, können sie nicht mehr zustechen. Tote können nicht sündigen, und um sich selbst ein reines Gewissen zu verschaffen, wäscht er sie, damit sie rein und geläutert in den Himmel kommen …«
»Heißt das, es könnte sich um einen religiösen Fanatiker handeln?«, fragte Hellmer.
»Nein, auf keinen Fall. Hier geht es um Reinwaschen, um Säubern. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass er an ein Leben nach dem Tod glaubt.
Die schwarzen Dessous. Schwarz ist die Farbe des Todes, der Hölle, der Kirche und der Sünde. Da alle Opfer bei ihrem Auffinden schwarze Dessous trugen, ist davon auszugehen, dass er mit ihnen vorher über seine Vorliebe für schwarze Dessous gesprochen hat und die Damen ihm diesen Wunsch nur allzu bereitwillig erfüllten, hat es doch etwas Verruchtes, Verwerfliches, es sei denn, man trägt diese Unterwäsche gewohnheitsmäßig. Ich kann in dem Fall bloß von meiner Frau sprechen, die fast nur teure schwarze Dessous trägt, und zwar schon seit ihrer Jugendzeit. Glücklicherweise ist sie kein Skorpion«, sagte Richter mit einem verschmitzten Lächeln, bevor er wieder ernst wurde.
»Nun kommt der schwierigste Punkt, die Lage der Leiche. Alle Leichen wurden in einer bestimmten Aufbahrung vorgefunden. Sie deuteten mit einem Arm nach Südosten. Was genau der Täter uns damit zeigen will, ist mir unklar. Ich habe mir auch die Fotos der Fundorte angesehen und bin leider völlig ratlos, was er mit dieser Lage symbolisieren will. Sie zeigen auf irgendeinen für mich noch imaginären Punkt. Aufgefallen ist mir jedoch, dass alle Frauen in den frühen Morgenstunden zwischen Mitternacht und vier Uhr früh umgebracht wurden.« Er machte eine Pause, steckte sich eine weitere Zigarette an und sagte: »Dürfte ich jetzt vielleicht doch ein Glas Wasser haben?«
»Sie können auch einen Kaffee oder Cola haben«, entgegnete Frau Güttler.
»Nein, Wasser reicht schon. Haben Sie bis hierher Fragen?«
Kullmer meldete sich zu Wort. »Eine. Wie hat er Kontakt zu seinen Opfern aufgenommen? Ich meine, von der Albertz wissen wir ganz genau, dass sie die Öffentlichkeit gemieden hat. Sie hat ja nicht einmal im Fitnesscenter oder im Büro Kontakte geschlossen.«
»Es gibt Menschen, Herr Kullmer, die schließen ihre Kontakte auf eine ganz eigenartige Weise. Im Büro oder in dem von Ihnen angeführten Fitnesscenter gibt man sich kühl und zurückhaltend.Wissen Sie denn, was Frau Albertz nach dem Fitnesscenter gemacht hat? Ist sie immer gleich nach Hause
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