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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ist.«
    »Ciao, Paps, und ich melde mich bald wieder.«
    Sie nahm den Hörer mit sich und legte ihn auf den Tisch. Dann ließ sie Badewasser einlaufen, gab etwas Schaum dazu, und während das Wasser hinter ihr rauschte, betrachtete sie ihr Gesicht im Spiegel. Die vergangenen Jahre bei der Kripo hatten Spuren hinterlassen, ein paar bis jetzt kaum sichtbare Krähenfüße um die Augen, ein leicht verbitterter Zug um die Mundwinkel, die Haut, so fand sie, wirkte grau. Sie schüttelte den Kopf. Das war eben das Leben, die immer schneller werdende Zeit, der Knochenjob, zu wenig Schlaf, zu viele Zigaretten. Was soll’s, dachte sie mit einem müden Lächeln und drehte sich um. Die Wanne war zur Hälfte gefüllt, der Schaum türmte sich schon jetzt fast bis zum Wannenrand. Die Kommissarin entkleidete sich, ging noch einmal zurück ins Wohnzimmer, holte die Tagebücher, die Schere, mit der sie schon dicke Drähte durchtrennt hatte, eine weitere Dose Bier sowie die Zigaretten, legte die Bücher und die Schere auf den kleinen Stuhl neben der Wanne und stellte den Aschenbecher auf den Wannenrand. Dann riss sie den Verschluss der Dose auf, trank zwei Schlucke und stellte sie auf den Boden. Es dauerte einige Sekunden, bis sie den Lederverschluss des Tagebuchs durchtrennt hatte. Sie zündete sich eine Zigarette an und schlug das Buch auf. Es war das von diesem Jahr. Julia Durant las die erste Seite.
1. Januar 1999
    Ein besch… Tag. Seit Weihnachten ist Bernd nur noch besoffen. Warum tut er sich das an? Warum den Kindern? Wir konnten nicht einmal Freunde einladen, weil ich mich geschämt habe. Er ist doch kein schlechter Mensch. Ich sehne mich so nach seiner Zärtlichkeit, wie früher, aber der Suff macht das alles kaputt. Er kriegt ihn ja kaum noch hoch. Aber ich brauche es, nur er braucht es anscheinend nicht. Prost Neujahr!
    Julia Durant nahm einen weiteren Schluck von ihrem Bier, strich sich mit einer Hand über den Bauch und über die Brust, trocknete die Hand anschließend ab und blätterte um.
2. Januar
    Vergiss es! Ich habe die Schnauze bis oben hin voll. Ich werde irgendwann (bald!!) die Kinder nehmen und abhauen. Ich werde nicht länger zulassen, dass er mein Leben und das der Kinder zerstört. Er ist krank und nicht ich. Adieu, Liebling, ich habe keine Liebe mehr für dich, nur noch Mitleid. Sauf dich von mir aus zu Tode. Ich finde bestimmt jemand anders, jemanden, der mich so liebt, wie ich bin.
    Einige Eintragungen bestanden nur aus wenigen Worten, andere füllten eine halbe Seite oder mehr aus. Es war das Tagebuch einer vom Leben enttäuschten und verbitterten Frau, einer Frau, die ihren Mann über alles liebte und es nicht länger ertragen konnte und wollte, dass er sich allmählich selbst zerstörte. Dennoch keimte zwischendrin immer wieder die Hoffnung auf, alles würde sich zum Guten wenden, doch wurde diese Hoffnung stets aufs Neue zunichte gemacht. Im März war er für zehn Tage zur Entgiftung in einer Klinik.
23. März
    Er hat mich endlich erhört. Er ist freiwillig zur Entgiftung in die Klinik gefahren. Ich habe ihn hingebracht. Der Arzt sagte, er müsse zwischen acht und vierzehn Tagen dort bleiben. Anschließend meinte er noch, dass die Entgiftung allein nicht ausreiche, sondern eine Therapie notwendig sei. Ich wusste das natürlich alles schon vorher, habe mich aber nicht dazu geäußert. Ich wollte vor dem Arzt nicht meine ganze Lebens- und Leidensgeschichte ausbreiten, das geht nur mich etwas an. Ich hoffe, Bernd hält durch und macht auch eine Therapie. Ich weiß, es ist schmerzhaft, aber ich weiß auch, dass wir nur dadurch wieder richtig zusammenkommen können. Ich liebe dich, Bernd.
     
    26. März
    Bernd hat angerufen. Er sagt, er liebe mich und wolle, dass alles so wird wie früher. Seine Stimme tat mir so gut, er klang so klar, und ich bin überzeugt, er meint es ernst. Warum sonst hätte er freiwillig in die Klinik gehen sollen? Ich wusste es immer, ich durfte ihn nicht verlassen. Alles wird gut.
     
    1. April
    Heute Mittag habe ich Bernd aus der Klinik abgeholt. Er wirkt frisch und zuversichtlich. Im Auto hat er mir gesagt, dass er vorhabe, im Sommer eine Therapie zu machen. Es wäre das schönste Geschenk, das er mir überhaupt machen könnte. Ich wollte ihm nie etwas Böses, ich wollte nur, dass es ihm und uns gut geht. Er muss nur trocken bleiben. Und er wird es schaffen, ich weiß es.
    Danach trank er zwei Wochen nichts als Wasser, sagte, er fühle sich wohl, dann begann er von einem Moment

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