Der Jäger
zählen zu meinem engeren Freundeskreis, ich habe schließlich schon drei Bücher von ihm verfilmt, das vierte ist gerade in der Mache; Dr. Maibaum, Dekan der Uni Frankfurt und vielseitig interessierter Kunstliebhaber; Jeanette Liebermann …«
»Die Schauspielerin?«
»Richtig. Aber nicht nur sie, auch einige andere Schauspieler und Künstler wie Eberhard Feiger, Marianne Schreiber oder Helmut Graf sind häufige Gäste. Dann Vera Koslowski, sie leitet eine Künstleragentur, und für sie ist Kontaktpflege oberstes Gebot; Werner Malzahn, Intendant an den Städtischen Bühnen, und natürlich die schon erwähnten Professor Richter und Konrad Lewell und so einige mehr, deren Namen ich jetzt gar nicht alle aufzählen kann. Einige Personen sieht man nur einmal und vergisst sie gleich wieder, ganz im Gegensatz zu Judith, die ich gesehen habe und nicht mehr vergessen konnte. Nun, wenn wir uns treffen, trinken wir etwas, unterhalten uns und knüpfen unter Umständen neue Kontakte. Das ist alles. Und sollten Sie denken, dass diese Partys in irgendwelche Orgien ausarten, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Es ist alles ganz harmlos. Im Prinzip sind wir eine große, eine sehr große Familie, mal geht einer, mal kommt einer dazu. Im Übrigen feiert Frau Koslowski nächsteWoche nicht nur ihren Geburtstag, sondern gleichzeitig das zwanzigjährige Bestehen ihrer Agentur. Es wird mit Sicherheit ein rauschendes Fest mit viel Prominenz und Geldadel werden. Schauen Sie doch einfach auch mal vorbei, Vera hätte bestimmt nichts dagegen. Und Sie könnten gleich unsere … Familie kennen lernen. Wenn Sie möchten, rufe ich Vera noch heute an und sage ihr Bescheid.«
»Gerne«, erwiderte die Kommissarin. »Wann ist das?«
»Augenblick.« Van Dyk blätterte in seinem Kalender. »Das Fest steigt am Samstag, den 6. November. Wie gesagt, Sie sind herzlich eingeladen, und weil Vera und ich uns so gut kennen, ist sie damit sicher einverstanden.«
»Und was ist mit dir?« Sie schaute Hellmer an.
»Ich kann Nadine nicht schon wieder allein lassen …«
»Sie können Ihre Frau selbstverständlich mitbringen.«
»Ich werd’s mir überlegen.«
Julia Durant notierte sich den Termin. Dann fragte sie van Dyck: »Weiß Ihre Frau von Judith?«
Van Dyck zuckte die Schultern. »Ich habe keine Ahnung, ob sie es weiß. Und wenn, dann ist es mir auch egal. Wir führen eine sehr lockere Beziehung, und das schon seit vielen Jahren. Im Prinzip gehen wir getrennte Wege. Wir leben unter einem Dach, mehr auch nicht. Sie hat ihre Freunde, ich meine. Oder besser ausgedrückt, sie hat ihre Liebhaber, und ich nehme mir die Freiheit, ab und zu in einem anderen Bett zu schlafen.«
»Das hört sich nicht gerade nach einer glücklichen Beziehung an …«
»Es ist alles andere als eine glückliche Beziehung, wenn Sie es genau wissen wollen. Wäre unsere Tochter nicht«, er zuckte die Schultern, »ich wäre schon längst über alle Berge. Aber Maria ist psychisch etwas labil, und deswegen habe ich es bis jetzt nicht fertig gebracht, einen Schlussstrich zu ziehen.«
»Wie alt ist Ihre Tochter, wenn ich fragen darf?«
»Maria ist neunzehn. Aber sie leidet unter Angstzuständen und Depressionen und war deswegen schon bei verschiedenen Therapeuten in Behandlung. Doch nachdem alles nichts genutzt hat, haben wir Professor Richter gefragt, ob er versuchen würde, die Ursache dieses Leidens zu ergründen. Und wie es aussieht, zeigt die Behandlung erste Erfolge. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, mich von meiner Frau zu trennen, sobald es Maria besser geht.« Er schloss für einen Moment die Augen, atmete tief ein und kräftig wieder aus. »Aber eigentlich habe ich mir schon so oft vorgenommen, sie zu verlassen, und es nie in die Tat umgesetzt. Vermutlich wird es für den Rest meines Lebens ein Wunsch oder Vorsatz bleiben, aber wie heißt es so schön, der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Wir sind bis jetzt ganz gut zurechtgekommen und werden auch die nächsten Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte noch überstehen. Meine Tochter weiß übrigens von Judith, sie haben sich sogar schon einmal gesehen.«
»Und was sagt sie dazu?«
»Sie akzeptiert es, denke ich zumindest. Sie hat mir jedenfalls keine Vorwürfe gemacht, sie hat sogar gesagt, dass sie Judith sympathisch finde. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass das Verhältnis zwischen Maria und meiner Frau ebenfalls etwas gespannt ist.«
»Das mit Ihrer Ehe tut mir Leid«, entgegnete Durant.
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