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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Lioba schüttelte ihn auch, aber über das Unverständnis des Kaplans. Wenn sein Herr Lambert befohlen hatte, einen Mann zu erschlagen, hatte es wohl seine Richtigkeit gehabt. Die Herren wußten in der Regel besser als die Knechte, was zu tun und zu lassenwar, und selbst wenn das nicht der Fall war, mußte man ihnen gehorchen. An Lamberts Stelle hätte sie den Kaplan daran erinnert, daß auch das von Gott so gewollt war. Näher besehen, hätte sie es doch nicht getan. Der Kaplan war schließlich der Kaplan. Abgesehen davon fand sie die Geschichte spannend. Sie lauschte weiter.
    »Warum habt ihr diesen Mann erschlagen?«
    »Er war meinem Herrn bei seinen Plänen im Wege.«
    »Was für eine Sünde«, stöhnte der Kaplan.
    »Ich wollte es nicht tun. Mein Herr hat es mir befohlen, und ich hatte Angst, daß er mich tötet, wenn ich ihm nicht zu Willen bin.«
    »Du hättest ihm weglaufen können.«
    »Was hätte ich für eine Chance gehabt als entsprungener Knappe? Außerdem wußte auch der Freund meines Herrn davon. Sie hätten mich zu zweit gejagt und zur Strecke gebracht.«
    »Hältst du das für eine Rechtfertigung deiner Feigheit?« »Bitte, gebt mir die Absolution, Vater. Ich wollte es nicht. Ich wurde dazu gezwungen. Ich fürchtete um mein Leben. Und der Mann, den wir erschlugen, war ohnehin schon krank. Er hatte den Ausfluß wie viele andere, die aus dem Heiligen Land zurückkehrten. Er wäre früher oder später ohnehin gestorben.«
    »Du Kleingläubiger. Gott hätte ihn erretten können.«
    »Aber die meisten sind daran zugrunde gegangen.«
    »Du wirst eine große Buße tun müssen.«
    »Jede, die Ihr mir auferlegt.«
    »Du hast deinem Herrn geholfen, einen Mann zu töten, dessen Gefährte er war. Du hast dich mit Huren herumgetrieben und den Namen Gottes gelästert, und auch das sind Sünden, selbst wenn dein Herr es dir vorgemacht hat. Duhast deinem Herrn geholfen, die Schriften im heiligen Kloster zu schänden. Und du bist ihm weggelaufen und versteckst dich hier, und das sind wiederum Sünden, auch wenn du sie aus Angst um dein Leben begangen hast.«
    »Ich bekenne, Vater, ich bekenne.«
    »Für den Tod jenes Mannes erlege ich dir auf, das erste neue Leben in deinem neuen Haus der heiligen Mutter Kirche zu vermachen, sei es ein Kalb, ein Schwein oder eine Ziege. Dies ist eine milde Strafe, denn ich will berücksichtigen, daß du unter Zwang gehandelt hast. Für deine Sünden der Fleischeslust erlege ich dir auf, an den nächsten zwanzig Festtagen zur Kapelle auf dem Fronhof zu gehen und dort Gott um Verzeihung zu bitten. Für die Flucht vor deinem Herrn erlege ich dir auf, zu deinem neuen Herrn zu gehen und ihm deine Verfehlung zu berichten.« (Lioba konnte hören, wie Lambert erschrocken die Luft einsog.) »Ich werde dir allerdings dabei zur Seite stehen und ein gutes Wort für dich einlegen, denn du hast es aus Furcht um dein Leben und deine Seele getan. Für deine Schwachheit schließlich, mit der du jedem Zwang und jeder Versuchung in deinem Leben nachgegeben hast, erlege ich dir auf, dich für die Dauer eines Jahres deinem neuen Weib nicht zu nähern, um deinen Willen zu prüfen.«
    »Ich werde alles so tun, wie Ihr es mir befehlt, Vater«, flüsterte Lambert gebrochen. (Ha! In den wenigen Tagen, die danach folgten, konnte Lioba beobachten, wie Lambert gar nichts davon tat. Am wenigsten nahm er davon Abstand, sich seinem neuen Weib zu nähern!)
    »Was die Schändung der Schriften betrifft ...«
    »Ja, Vater?«
    »Nichts, Egodea Solvio.«
    »Amen«, flüsterte Lambert.
    »Was hat er nur mit all dem gemeint?« flüsterte Renata in Liobas Ohr.
    Lioba sprang in die Höhe und quiekte vor Schreck. Dann fuhr sie herum und packte ihre Schwester am Hals.
    »Bist du verrückt?« zischte sie und dämpfte gleich darauf entsetzt ihre Stimme. Renata starrte sie erschrocken an. Lioba ließ ihren Hals los und schob sie hastig vor sich her auf die belebte Seite des Hauses zu. Keine Sekunde zu früh – schon kamen Lambert und der Kaplan um das Haus herum. Sie schritten an den beiden Mädchen vorbei, ohne sie zu beachten.
    »Wie lange hast du schon gelauscht?« stieß Lioba hervor.
    »Schon länger als du. Ich mußte nur mal zwischendurch hinter den Baum.«
    Lioba klappte den Mund auf und wieder zu. Es mochte geraten sein, sich Renatas Sympathie zu erhalten, wenigstens im Moment. Sie war dazu imstande, Gertrud die Lauscherei zu beichten, und wenn sie ihre eigene Verfehlung gestand, würde sie vermutlich auch Liobas

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