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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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den kleinen Senkgraben hinwegführte. Aude lenkte ihr Pferd näher und roch den Fäulnisduft, der aus dem Wasser darin aufstieg. Sie verzog das Gesicht. Plötzlich schien ihr, daß der Geruch bezeichnend war für den Ort. Ihr Herz sank. Geojfroi, was hast du mit diesem von Gott verlassenen Platz zu tun? Philipp stieß das Tor auf, trat einen Schritt hindurch und zögerte dann weiterzugehen.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte sie.
    »Hier ist nichts in Ordnung, aber das ist normal«, knurrte er, ohne sich umzudrehen. »Ich fühle mich nur noch unwillkommener als sonst.«
    Die Pferde, von den Stimmen aufmerksam gemacht, wieherten nun lauter und eindringlicher als zuvor. Der schiefe Stall schien unter ein paar lauten Hufschlägen zu erzittern. »Die Bestie«, hörte Aude Philipp murmeln. »Nun nimmt sie den Stall doch noch auseinander.«
    Aude und Galbert folgten ihm zögernd nach. Audes Pferd wieherte und erhielt schrille Antwort aus dem Stall. Die Wände erzitterten unter weiteren Hufschlägen.
    »Was ist mit den Pferden los?« knurrte Philipp. »Ich werde nachsehen«, sagte Galbert entschlossen. Aude sah ihn die Stalltür aufziehen und hineinschlüpfen. Das Wiehern und Hufschlagen steigerte sich. Galbert kam wieder heraus und winkte aufgeregt.
    »Da sind ein paar normale Reitpferde und ein gewaltiges Biest von einem Schlachtroß drin«, rief er. »Ihre Krippen sind leer. So wie es aussieht, haben sie seit längerem nichts mehr zu fressen bekommen.«
    »Was ist mit dem Roßknecht, verdammt?« fluchte Philipp. »Füttere die Viecher! Paß aber auf, daß sie dich nicht auffressen.« Statt zu grinsen verzerrte sich sein Gesicht. Er schien sich Sorgen zu machen.
    »Wir sollten noch einmal versuchen, die Bewohner auf uns aufmerksam zu machen und um Eintritt bitten«, schlug Aude vor. »Wenn der Hausherr jetzt einen Pfeil auf uns abschießt, hat er alles Recht dazu.«
    »Ich habe ergebnislos gerufen.«
    »Drüben ist eine Kapelle mit einer kleinen Glocke. Wie wär’s, wenn Ihr sie läuten würdet? Vielleicht hört uns wenigstens jemand aus dem Dorf?«
    Philipp blieb stehen. Aude wies einladend auf die Kapelle am Fuß der Böschung. Philipp betrachtete sie unentschlossen. Sie sah, wie sein Blick auf die Gräber daneben fiel, als hätte er Angst, eher deren Bewohner als die Insassen des Hauses damit aufzurütteln.
    »Also gut«, sagte er und marschierte hinüber. Als er die Tür drückte und ein überraschtes Gesicht machte, wußte sie, daß sie verschlossen war. Philipp drehte sich um und sah prüfend zum Eingang des Hauses hinüber. Aude folgte seinem Blick und ließ ihn an der Mauer des Gebäudes hochklettern. Die schmalen Fensteröffnungen im Obergeschoß waren dunkel und undurchdringlich.
    »Wieso sperrt er die Kapelle ab?« fragte sie.
    Philipp bewegte die Schultern. Vor seinen Augen entstand ein Bild, das er ganz zu Anfang gehabt hatte: Radolf, der sich selbst den Tod gegeben hatte und in einer Blutlache in der Kapelle lag. Er zog unwillkürlich die Nase hoch, als wäre der Aasgeruch schon um ihn.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte er, trat einen Schritt zurück und hob den Fuß. Er schlug mit einer Hand ein hastiges Kreuz und murmelte: »Herr, vergib mir.« Dann trat er kräftig zu. Das einfache Schloß ächzte. Philipp tratein zweitesmal zu, und die Tür splitterte an einer Stelle und flog dann mit einer kleinen Wolke aus Splittern und Mörtelstaub auf. Aus der Kapelle drang kühle, abgestandene Luft. Zu ihrer beider Überraschung war sie fast vollkommen leer: An den ungekalkten Wänden hing weder eine Votivtafel noch ein Kreuz, und die einzige Sitzgelegenheit war eine mitten im fensterlosen Raum stehende, unordentlich abgestellte Truhe, deren Ecken zerschunden und das Holz von Feuchtigkeit aufgequollen war. Fackelstumpen lagen neben ihr, die zu lange erkaltet waren, als daß sie noch nach Rauch gerochen hätten. Philipp streckte den Kopf hinein und drehte ihn suchend hin und her, ohne über die Schwelle zu treten. Aude sah die Schnur, die durch ein Loch in der Decke hing, und zog kräftig daran. Die kleine Glocke gab mißtönende Laute von sich, und Philipp fuhr zusammen.
    »Zum Henker!« rief Philipp. Aude sah ihn unschuldig an. »Wir wollten die Glocke läuten, erinnert Ihr Euch?« fragte sie.
    Hinter sich hörte sie undeutlich, wie die Stalltür aufging und Galberts Stimme dünn über den Hof klang: »Ist was passiert?«
    Aude winkte ihm zu und schüttelte den Kopf. Philipp packte die Kapellentür und zog

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