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Der Jakobsweg

Der Jakobsweg

Titel: Der Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Rohrbach
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gestiftet. Niemand wagte es, sich zu widersetzen, nur Domingo trat dem König entgegen.
    Der Dichter Gonzalo de Berceo fand später für den Vorgang die markanten Worte:
     
Puedes matar el cuerpo, la carne mal traer,
Mas non as en alma, Rey, ningún poder!
     
    Domingo soll gesagt haben:
     
Du kannst den Körper töten, den Leib quälen
    Aber über die Seele, König, hast du keine Gewalt!
     
    Doch der Heilige hat es dann doch nicht darauf ankommen lassen, sondern brachte sich schnell bei dem feindlichen Bruder des Königs, Fernando I., in Kastilien in Sicherheit. Der setzte ihn 1041 als Abt in Silos ein. Eine recht steile Karriere. Neun Jahre, nachdem Domingo als Novize angefangen hatte, war er bereits Abt. König Fernando hatte vielleicht den Hintergedanken, mit Domingo die Mönche von Silos zu kontrollieren. Die Mönche waren mit dem neuen Abt zunächst nicht einverstanden und einige verließen aus Protest das Kloster. Aber Domingo muß so überzeugend gewirkt haben, daß sogar der abgesetzte Abt begeistert ins Kloster zurückkam. 32 Jahre dauerte seine Amtszeit in Silos.
    Das Kloster blühte auf, erwarb große Ländereien, erhielt Stiftungen und Geschenke. Die Zeit war günstig für Santo Domingo und sein Kloster, denn da die Christen allmählich die Muselmanen zurückdrängten, ging immer mehr Land in christlichen Besitz über. Im Jahr 1073 starb der Abt.
    Der Mönch ist mit den Touristen inzwischen am anderen Ende des Ganges. Gerade erklärt er die Holzdecken. Farbenprächtig und phantasievoll sind sie bemalt. 1384, sagt er, seien sie entstanden. Unverkennbar wieder der arabische Einfluß bei den Ornamenten. Daneben sinnige Darstellungen einer verkehrten Welt: Hasen, die einen Hund hängen, Wölfe, die die Messe lesen, Ziegenböcke spielen die Laute, und zähnewetzende Eber tanzen dazu, alles kunstvoll von Ranken umsponnen.
    Der Mönch wirft mir einen ermahnenden Blick zu, wahrscheinlich würde er noch ernster blicken, wenn er meine Gedanken wissen würde, was ich zum Beispiel denke über den heiligen Domingo. Mir gefallen einzig die Dichterworte, die man so schön theatralisch auf der Zunge zergehen lassen kann, geeignet, sie jedwedem Tyrannen entgegenzuschleudern. Aber dann feige davonzurennen... Na ja, ich will nicht zu streng sein, was hätte er gehabt von seiner unabhängigen Seele, wenn ihm der König den Körper getötet hätte? Aber wieso wird einer wegen vernünftigen Kleinmuts, dem Freikauf von Christen aus arabischer Gefangenschaft und erfolgreicher Klosterleitung heiliggesprochen?
     

     
    Der Mönch doziert nun über die Kapitelle und ihre Entstehung. Er meint, sie seien von zwei Bildhauern geschaffen worden. Die künstlerisch bedeutenderen sind früher entstanden. Ein späterer Meister habe zwei Szenen aus der Geschichte Jesu gefertigt und einige Fabelmotive des Älteren kopiert. Sie unterscheiden sich durch einen weniger feinen, eher derben Stil. Der Mönch erklärt, die frühen Kapitelle seien gewiß zur Zeit Santo Domingos geschaffen worden, und es könne nicht stimmen, daß sie erst im 13. Jahrhundert entstanden und französisch beeinflußt seien, denn unverkennbar hat der Bildhauer orientalischen Geist in sein Werk eingebracht. Und Spanien war dem arabischen Einfluß stärker ausgesetzt als Frankreich. Der Anfang romanischer Bildhauerkunst lag deshalb in Spanien und hat sich von hier auf Frankreich ausgebreitet.
    Der Benediktinermönch widmet sich nun den acht großen Relieftafeln, an jedem Eckpfeiler sind zwei. Mir fällt auf, daß es zwischen den Darstellungen an den Kapitellen und den Reliefplatten keinen Zusammenhang gibt. Dort diese phantasievoll sich miteinander verflechtenden Fabelwesen, hier strenge Klarheit der Figuren. Abgebildet sind auf den acht Marmorplatten Szenen aus dem Leben Jesu, die Verkündigung und der Baum Jesse. Wie der Künstler bei formaler Strenge, ja Einförmigkeit der Darstellung so einen großen Ausdruck erreichen konnte! In den Steinplatten schwingt Musik, wenn man sich ruhig verhält, hört man sie. Aber da stört mich der Mönch bereits wieder.
    »Da! Sehen Sie«, ruft er, »eine Pilgermuschel. Kommen Sie her, das müßte Sie doch interessieren! Sie sind doch Jakobspilgerin?« Er zeigt auf ein Relief mit drei großen Figuren. Die größte stellt Christus nach der Auferstehung dar, gefolgt von zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Alle drei sind in lange Gewänder gehüllt, barfuß und graziös. Die Tasche von Christus ist mit einer Muschel geschmückt, das

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