Der Janson-Befehl
Augenzwinkern. »Machen wir den Handel, ehe ich es mir anders überlege. Oder nüchtern werde!«
»Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen«, sagte Janson.
»Ich will Ihnen was sagen«, meinte der Verkäufer und setzte seinen Namen schwungvoll unter die Quittung, »legen Sie noch einen Fünfer drauf, dann kriegen Sie den verdammten Köter dazu!«
Ein auf langes Leiden deutendes Lachen. »Vielleicht sollte ich Ihnen sogar etwas dafür bezahlen, dass Sie ihn mir abnehmen.«
Janson lächelte, winkte und hörte, als er in den sieben Jahre alten Taurus stieg, wie zischend eine weitere Flasche Budweiser geöffnet wurde - diesmal, um zu feiern.
Die Zweifel, die Janson unterwegs gehabt hatte, verstärkten sich bei seiner Ankunft. Die Umgebung von Millington wirkte heruntergekommen und ohne jeden Charme. Man hatte einfach nicht das Gefühl, dass ein Milliardär hier seinen Landsitz haben könnte.
Es gab andere Ortschaften - wie Little Washington ein Stück weiter im Norden -, wo der seelenzerstörende Vorgang, Touristen beherbergen zu müssen, alles überwuchert hatte, was von der örtlichen Wirtschaft übrig geblieben war. Praktisch waren das Museumsdörfer - Ortschaften, deren mit weißen Schindeln gedeckte Scheunen mit überteuertem, angeblich aus der Siedlerzeit stammendem Porzellan, »authentischen« Milchglas-Salzfässern und »regionalen« Bienenwachskerzen voll gestopft waren, die von einer Fabrik in Trenton geliefert wurden. Bauernhäuser waren in überteuerte Restaurants umgebaut worden; Töchter von Waldarbeitern, Installateuren und Bauern -jedenfalls jene, die sich für das Bleiben entschieden hatten - schnürten sich in kitschige »Kolonialstil«-Kostüme und übten den Spruch: »Mein Name ist Linda und ich werde heute Abend Ihre Kellnerin sein.«
Die Ortsansässigen begrüßten Besucher mit gekünstelter Wärme und dem breiten Lächeln der Habgier: Was kann ich für Sie tun?
Jene grüne Flut des Tourismus hatte Millington nie erreicht. Janson brauchte nicht lange, um sich ein Bild von der Ortschaft zu machen. Es war kaum mehr als ein Dorf und doch irgendwie zu echt, um malerisch zu sein. An einen Felshang des Smith Mountain geschmiegt, betrachtete Millington die reale Welt als etwas, was es zu überwinden galt, nicht als etwas, was man einpacken und als ästhetisch wertvoll verkaufen konnte. Es gab keine Frühstückspensionen in der Umgebung. Die nächstgelegenen Motels waren ganz auf Zweckmäßigkeit ausgerichtete kastenförmige Filialbetriebe der im ganzen Land verbreiteten Billigketten, die von hart arbeitenden Einwanderern aus dem indischen Subkontinent betrieben wurden. Sie eigneten sich gut für Fernfahrer, die hier für eine Nacht unterkommen wollten boten aber Geschäftsleuten, die »Konferenz-Center« suchten, nur wenig Anreiz. Es war eine Ortschaft, in der es um zehn Uhr dunkel war, einem Zeitpunkt, wo die einzigen Lichter, die dann noch zu sehen waren, aus dem ein Dutzend Meilen entfernten Montvale herüberflimmerten wie von einer dekadenten Metropole. Der größte Arbeitgeber der Ortschaft war eine ehemalige Papierfabrik, die jetzt glasierte Ziegelsteine herstellte und daneben unraffinierte mineralische Nebenprodukte verkaufte; etwa ein Dutzend Männer waren den ganzen Tag damit beschäftigt, Pottasche in Säcke zu füllen. Eine kleinere ein wenig weiter entfernte Fabrik hatte sich auf Dekorationsgegenstände aus Holz spezialisiert. In der Imbissstube im Ortszentrum an der Kreuzung Main und Pemberton Street konnte man den ganzen Tag Eier, Bratkartoffeln und Kaffee bekommen, und wenn man alle drei bestellte, bekam man gratis noch ein Glas Orangen- oder Tomatensaft dazu - das Glas nicht viel größer als ein Schnapsstamper. An die Tankstelle war ein kleiner Lebensmittelmarkt angeschlossen, wo es die gleichen zellophanverpackten Köstlichkeiten zu kaufen gab wie in allen anderen Staaten der USA auch. Der Senf in dem Lebensmittelladen der Stadt war in zwei Varianten erhältlich - gelber Senf der Marke French oder brauner der Marke Gulden. Nichts Grobkörniges oder mit Estragon Vermischtes belastete die emaillierten Blechregale der Gewürzabteilung, nirgends innerhalb der Ortsgrenzen war moutarde au poivre vert zu finden. Ein Ort nach Jansons Geschmack.
Und doch gab es, wenn die jahrzehntealten Berichte der Wahrheit entsprachen, irgendwo in den Hügeln ein riesiges Anwesen, einen privaten Landsitz, so privat, wie man sich das nur wünschen konnte - personenbezogen ebenso, als was die juristischen
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