Der Janson-Befehl
gezogen worden, auch wenn seine Methoden die falschen waren.«
»Nein«, sagte Janson, und es kam nur als Flüstern heraus. Er schüttelte langsam den Kopf. »Nein, das ist unmöglich.«
Collins zuckte die Schultern. »Platzpatronen. Blutbeutel. Primitive Filmtricks. Wir haben Ihnen gezeigt, was Sie sehen wollten.«
Janson versuchte zu sprechen, aber es kam kein Wort heraus.
»Es tut mir Leid, dass man Sie all die Jahre angelogen hat. Sie glaubten, Demarest müsse für das, was er getan hatte, vor ein Kriegsgericht gestellt und exekutiert werden, also hat man Ihnen gesagt, dass das geschehen ist, hat es Ihnen gezeigt. Ihr Verlangen nach Gerechtigkeit war durchaus verständlich aber Sie haben nicht das große Ganze gesehen, wenigstens nicht, was unsere Planer in der Spionageabwehr anging. Menschenmaterial wie ihn findet man nicht oft, nicht in unserem Gewerbe. Also wurde eine Entscheidung getroffen. Am Ende war es einfach eine Frage der menschlichen Ressourcen.«
»Menschliche Ressourcen«, wiederholte Janson stumpf.
»Man hat Sie angelogen, weil das die einzige Möglichkeit war, Sie zu halten. Auch Sie waren recht beeindruckendes Material. Und Sie konnten das alles nur hinter sich bringen, wenn Sie überzeugt waren, dass Demarest bestraft worden war, endgültig bestraft worden war. Also ging es Ihnen besser, und uns ging es auch besser, weil das bedeutete, dass Sie weiterhin das tun konnten, wozu Gott Sie geschaffen hatte. Eine Situation, die nur Gewinner kannte. Wie auch immer die Planer es betrachteten, es war sinnvoll. Also stellte man Demarest vor die Wahl: Er konnte vor ein Tribunal treten und würde in Anbetracht des überwältigenden Beweismaterials, das Sie geliefert hatten, mit dem Todesurteil rechnen müssen. Die Alternative bestand darin, dass er sein Leben praktisch an uns überschrieb. Er würde künftig nach dem Ermessen seiner Kontrolloffiziere existieren, sein ganzes Leben würde in Zukunft ein Geschenk auf Widerruf sein. Er würde alle Aufgaben übernehmen, die man ihm stellte, weil er keine Wahl hatte. Das alles machte aus ihm einen ... sagen wir, einmaligen Agenten.«
»Demarest - lebt.«
Es kostete ihn Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen. »Sie haben ihn für den Job rekrutiert?«
»So wie er Sie rekrutiert hat.«
»Wovon zum Teufel reden Sie?«
»Vielleicht ist das Wort >rekrutiert< zu schwach«, sagte Collins.
Der Mann von der DIA schaltete sich wieder ein. »Die Logik des Einsatzes war unangreifbar.«
»Der Teufel soll Sie holen!«, rief Janson aus. Er sah jetzt alles ganz deutlich. Demarest war der erste Peter Novak gewesen: Primus inter pares. Die anderen würde man auf seinen Körperbau abgestimmt haben. Er war der Erste gewesen, wegen seiner Respekt einflößenden Talente - als Schauspieler, als brillanter Agent, und nicht zuletzt seiner Sprachkenntnisse wegen! Demarest war der Beste, über den sie verfügten. Ob ihnen je in den Sinn gekommen war, dass auch darin ein Risiko liegen könnte, eine derartige Verantwortung einem Menschen anzuvertrauen, der so völlig bar jeglichen Gewissens war - einem Psychopathen?
Janson schloss die Augen, war ganz den Bildern ausgeliefert, die seine Erinnerung ihm bescherte.
Demarest war nicht nur grausam, er besaß auch ein geradezu unübertroffenes Talent für Grausamkeit. Wenn es darum ging, Schmerz zuzufügen, widmete er sich dieser Aufgabe mit der Hingabe eines Vier-Sterne-Kochs. Janson erinnerte sich an den Geruch von versengtem Fleisch, als die Kabel an den Hoden des vietnamesischen Gefangenen zischten und funkten. An den Blick abgrundtiefen Entsetzens in den Augen des Mannes. Und Demarests fast sanften Refrain, als er den jungen Fischer verhörte. »Sehen Sie mir in die Augen«, hatte Demarest immer wieder mit sanfter Stimme wiederholt. »Sehen Sie mir in die Augen.«
Der Atem des Gefangenen hatte wie ein halb ersticktes Jaulen geklungen, wie der Schrei eines sterbenden Tiers. Demarest lauschte inzwischen ein paar Takten seiner Choralmusik. Dann setzte er sich rittlings auf den zweiten Gefangenen. »Sehen Sie mir in die Augen«, sagte Demarest. Er hatte ein kleines Messer aus einer Scheide an der Hüfte gezogen und einen kleinen Einschnitt am Bauch des Mannes gemacht. Die Haut und das Gewebe darunter hatten sich sofort geöffnet, auseinander gezogen von den Spannseilen. Der Mann schrie.
Und schrie. Und schrie.
Janson konnte die Schreie jetzt noch hören. Sie hallten in seinem Schädel nach, verstärkt von der quälenden
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