Der Janson-Befehl
Gesichter der anderen. Den schweigsamen, immer gleichmütigen Manuel Honwana. Andressen: loyal, methodisch, verlässlich, ein Mann, von dem man nie ein lautes Wort hörte - jemand, den man häufig unterschätzte, weil er sein Selbstbewusstsein nicht so offen zur Schau trug. Sean Hennessy, den er aus einer englischen Gefängniszelle herausgeholt hatte, um das Todesurteil über ihn zu sprechen. Und Donna Hedderman - die glücklose amerikanische Aktivistin.
Sie alle dahin, seinetwegen tot.
Und Peter Novak. Der größte Philanthrop eines neuen Jahrhunderts. Ein Riese unter den Menschen. Der Frie-densbringer. Ein Mann, der Janson einmal das Leben gerettet hatte. Der Sinn und Zweck des ganzen Einsatzes war.
Tot.
Verbrannt, dreitausend Fuß über dem Indischen Ozean.
Ein unglaublicher Triumph hatte sich jetzt, wo der Tag angebrochen war, in einen Albtraum verwandelt.
Er wusste nur, dass das kein Unfall war, kein Maschi-nenversagen. Die doppelte Explosion - der Blitz, der ein paar Sekunden vor der Explosion des verbrennenden Treibstoffs gekommen war - verriet alles. Was da geschehen war, war die Folge planmäßigen Handelns. Vier der besten Männer, die er je gekannt hatte, waren planmäßig ermordet worden, und mit ihnen einer der besten Menschen, die die Welt je gekannt hatte.
Was zum Teufel war hier geschehen? Wer konnte so etwas geplant haben? Und wann waren diese Pläne geschmiedet worden? Und warum? Um Himmels willen, warum?
Janson sank, gelähmt von Leid und Wut, auf den Boden seines Schlauchboots. Einen Augenblick lang fühlte er sich auf dem offenen Meer, als läge er in einer Grabkammer, mit einem schweren Gewicht, das auf seiner Brust lastete. Das Atmen bereitete ihm Schwierigkeiten. Das Blut, das durch seine Adern strömte, schien zu stocken. Die wogende See lockte, bot ewiges Vergessen an. Von Angst und Pein erfüllt, wusste er, wie er dem ganzen Leid würde ein Ende machen können.
Aber das kam nicht in Frage.
Er hätte sein Leben für das eines jeden Einzelnen von ihnen gegeben. Das war ihm klar.
Aber diese Wahl hatte er nicht.
Nur er überlebte.
Und in den tiefsten Gründen seines Bewusstseins lief wie der Mechanismus eines Uhrwerks eine von harter, eisiger Wut getriebene Kalkulation an. Er hatte gegen eine Gruppe von Fanatikern zu den Waffen gegriffen, und eine noch viel diabolischere Macht hatte ihm eine Niederlage zugefügt. Der Zorn ließ seine Seele zu Eis erstarren.
Niedergeschlagenheit und Sorge wichen einem Gefühl von viel größerer Tragweite, dem absoluten, unbeugsamen Durst nach Gerechtigkeit; und dieses Gefühl war es, das ihm befahl, nicht anderen Empfindungen nachzugeben. Er war derjenige, der am Leben geblieben war - übrig geblieben, um herauszufinden, was gerade geschehen war. Und weshalb.
TEIL 2
9
Washington, D.C.
»Das oberste Gebot ist strengste Geheimhaltung«, sagte der Mann von der DIA, der Defense Intelligence Agency, zu den übrigen im Raum Anwesenden. Mit seinen dicken, dunklen Augenbrauen, den breiten Schultern und den muskelbepackten Armen sah er wie jemand aus, der sich seinen Lebensunterhalt mit der Arbeit seiner Hände verdiente; tatsächlich war Douglas Albright freilich ein sehr intellektueller Mensch, der manchmal zu nachdenklichem Brüten neigte. Er hatte in Politologie promoviert und eine viel beachtete Diplomarbeit über Spieltheorie geschrieben. »Geheimhaltung hat erste, zweite und dritte Priorität. Daran darf es nie den leisesten Zweifel geben.«
Solche Zweifel waren kaum berechtigt, dafür sorgte schon der höchst unwahrscheinliche Ort des kurzfristig angesetzten Treffens. Das Meridian International Center befand sich am Crescent Place an der Sixteenth Street am Meridian Hill. Das gepflegte Gebäude in dem für das offizielle Washington typischen neoklassizistischen Stil war alles andere als auffällig. Es strahlte einen gewissen diskreten Charme aus, der mit der ein wenig ungewöhnlichen Tatsache zu tun hatte, dass das Gebäude sich nicht im Besitz der Bundesregierung befand - das Zentrum bezeichnete sich selbst als ein Kultur- und Bildungsinstitut -, aber in Wirklichkeit fast ausschließlich für sehr geheime Regierungszwecke genutzt wurde. Der Vordereingang des Zentrums war von schlichter Eleganz, jedoch bei weitem nicht so wichtig wie der Seiteneingang, der von einer privaten Zufahrt aus zugänglich war, was wichtigen Persönlichkeiten ein unauffälliges Kommen und Gehen ermöglichte. Obwohl das Zentrum nicht einmal eine Meile vom Weißen Haus
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