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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Ralph Waldo hat da etwas Richtiges erkannt.«
    »Wäre schön, das zu denken, Sir.«
    »Das Schlachtfeld ist auch ein Ort der Bewährung. Man stirbt dort oder man wird neu geboren. Sie sollten das nicht einfach nur als Redewendung abtun. Haben Sie je mit Ihrer Mama darüber gesprochen, wie es war, Sie zur Welt zu bringen? Frauen kennen diesen blendenden Blitz, in dem ihnen klar wird, was das alles bedeutet - sie wissen, dass ihr Leben, das Leben ihrer Eltern, das der Eltern ihrer Eltern, alles menschliche Leben auf diesem Planeten, seit Zehntausenden von Jahren seinen Höhepunkt in diesem feuchten, um sich schlagenden, schreienden kleinen Ding findet. Geburt ist nichts Hübsches. Ein neun Monate dauernder Zyklus, vom Vergnügen zum Schmerz. Der Mensch wird in einem Gemenge aus Körperflüssigkeiten, Scheiße, Pisse und Blut, geboren - ein Baby. Und am Ende sind das Sie. Ein Augenblick unglaublicher Agonie. Ja, gebären ist eine Qual, weil jener Schmerz dem Vorgang erst einen Sinn gibt. Und ich sehe Sie jetzt vor mir stehen, mit den stinkenden Gedärmen eines anderen Soldaten an der Uniformjacke, und sehe in Ihre Augen und sehe einen Menschen, der wiedergeboren wurde.«
    Janson starrte seinen Vorgesetzten verwirrt an. Ein Teil von ihm war entsetzt, angewidert, ein anderer Teil wie hypnotisiert.
    Demarest stand auf, und seine Augen ließen Janson dabei nicht los. Er streckte die Hand aus, legte sie dem jüngeren Mann auf die Schulter. »Worum geht es in diesem Krieg? Die alten Knacker im State Department haben dicke Ringbücher, in denen angeblich die Antwort steht. Aber das ist alles bloß leeres Gerede, sinnlose Ver-nünfteleien. Jeder Konflikt beinhaltet dasselbe. Es geht um die Feuerprobe, die jede Schlacht darstellt. In den letzten vier Stunden haben Sie mehr Energie und Erschöpfung, mehr Agonie und Ekstase - mehr reines Adrenalin in ihren Adern - erlebt, als das die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben erleben werden. Sie sind lebendiger als die Zombies in ihren Station Wagons, die sich selbst einreden, wie froh sie doch sind, keiner Gefahr ausgesetzt zu sein, so wie Sie es waren. Diese Leute sind die verlorenen Seelen. Sie verbringen ihre Tage damit, die Preise von Beefsteak und Schachteln voll Waschmittel zu vergleichen, und fragen sich, ob sie den Ausguss selber reparieren oder auf den Klempner warten sollen. Im Inneren sind sie tot und wissen es nicht einmal.«
    Demarests Augen leuchteten hell. »Worum geht es im Krieg? Es geht um die simple Tatsache, dass Sie die getötet haben, die Sie töten wollten. Was ist gerade geschehen? Ein Sieg, eine Niederlage? Falscher Maßstab, Junge. Das ist geschehen: Sie sind beinahe gestorben und haben gelernt, was leben bedeutet.«

12
    Ein schwerer weißer LKW mit einer Ladung Bauholz bog von der dicht befahrenen M11-Autobahn in die Queen's Road in Cambridge ein und hielt dort neben mehreren Lastwagen mit Baumaterial für ein umfangreiches Umbauprojekt. Ein Vorgang, wie er für eine große, alternde Universität wie Cambridge nicht unüblich war -es gab dort ständig etwas umzubauen oder zu renovieren.
    Nachdem der Fahrer angehalten hatte, bedankte sich der Mann, den er mitgenommen hatte, für sein Entgegenkommen und kletterte auf den kiesbelegten Platz hinunter. Statt freilich zur Arbeit zu gehen, verschwand der Mann, der blaue Arbeitskleidung trug, in einem von ein paar auf dem Gelände aufgestellten Toilettencontainern, auf dessen Tür das Motto einer Baufirma aus West Yorkshire: >Führend durch Innovation< eingeprägt war. Als er die Kabine wieder verließ, trug er ein graues Fischgrat-Sakko aus Harris-Tweed. Das war eine andere Art von Uniform, die ihm Unauffälligkeit garantierte, als er auf der >Backs< dahinschlenderte, dem breiten Rasenstreifen, der an den ältesten Colleges von Cambridge entlang verlief: King's, Clare, Trinity Hall und seinem Ziel, dem Trinity College. Insgesamt war nicht einmal eine Stunde verstrichen, seit Paul Janson auf dem Stansted Airport eingetroffen war, einem Flughafen, der ihm jetzt nur noch als vages Gebilde aus Glas und den Stahlträgern der Deckenkonstruktion in Erinnerung blieb.
    Janson hatte im Verlauf der letzten vierundzwanzig Stunden so viele Lügen in mindestens ebenso vielen Abwandlungen aufgetischt, dass ihm der Kopf davon schmerzte. Aber jetzt würde er bald jemanden treffen, der dem ganzen Nebel und dem ewigen Versteckspiel ein Ende machen würde. Jemand, mit dem er vertrauensvoll würde reden können, jemand, der sich in

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