Der Janson-Befehl
Schauspielkunst. Nach ein paar endlosen Minuten kehrte der Seemann zurück.
»Ich habe mit einem Kapitän gesprochen, den ich kenne. Er sagt, wenn Sie mit Drogen an Bord kommen, wirft er Sie ohne Schwimmweste in die Ägäis.«
»Absolut nicht!«, rief Janson entsetzt. »Keine Drogen!«
»Die hat also die albanische Hure auch genommen?«, erwiderte der Mann mit trockenem Humor.
»Was?«
Janson gab sich indigniert, ein humorloser Geschäftsmann, den man in seiner Würde gekränkt hatte. »Was sagen Sie da?«
»Das war doch nur ein Witz«, entgegnete der Seemann, um sein Geld besorgt. »Aber ich habe dem Kapitän versprochen, dass ich die Warnung an Sie weitergebe.«
Er hielt kurz inne. »Es ist ein Containerschiff. Unter U.C.S.-Lizenz, wie das meine. Es legt um vier Uhr morgens ab. Und trifft achtzehn Stunden später an Liegeplatz sechs im Hafen von Izmir ein, okay? Was in Izmir passiert, ist Ihre Sache - Sie sagen niemand, wie Sie dort hingekommen sind.«
Er strich sich mit dem ausgestreckten Zeigefinger über den Hals. »Sehr wichtig. Und noch etwas ist sehr wichtig: Sie zahlen ihm am Pier 23 tausend Dollar. Ich werde dort sein, um die Vorstellung zu übernehmen.«
Janson nickte und fing an, unter der Theke Euro-Scheine zu bündeln. »Die andere Hälfte kriegen Sie, wenn wir uns morgen sehen.«
Die Augen des Seemanns glitzerten. »Einverstanden.
Aber wenn Sie der Kapitän später fragt, was Sie mir bezahlt haben, dann lassen Sie eine Null weg. Okay, mein Freund?«
»Sie schickt mir der Himmel«, erklärte Janson.
Der Matrose krallte seine Finger um das Bündel Geldscheine und lächelte. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Janson schüttelte den Kopf und griff dann geistesabwesend nach seinem Ringfinger. »Ich werde ihr sagen, dass man mich überfallen hat.«
»Ja, sagen Sie Ihrer Frau, ein Albaner hat Sie überfallen und ausgeraubt«, riet der Seemann. »Wer könnte das nicht glauben?«
Später, im Flughafen von Izmir, ging es Janson durch den Sinn, wie solche Manöver doch immer nach demselben Schema abliefen. Die Leute schenkten einem dann ihr Vertrauen, wenn man ihnen zu verstehen gab, wie wenig vertrauenswürdig man doch selbst war. Jemand, der ein Opfer der eigenen Habgier oder der eigenen Triebe geworden war, gewann viel schneller Sympathie als jemand, der auf ehrliche Weise Pech gehabt hatte. Mit verlegener Miene vor einem britischen Reiseleiter stehend, lieferte Janson diesem eine leicht abgewandelte Version der Geschichte, die er dem Seemann aufgetischt hatte.
»Sie hätten sich nicht mit diesen schmutzigen Mädels einlassen sollen«, erklärte ihm der Reiseleiter - hühnerbrüstig und mit zottigem weißblondem Haar. Sein Grinsen war weniger mitfühlend als sadistisch. »Böser, böser Junge.«
Der Mann trug eine Plakette aus Plastik mit seinem Namen darauf auf der Brusttasche. Darüber war in grellbunten Lettern der Name und der Wahlspruch des Billigveranstalters zu lesen, für den er tätig war: Holiday Express Ltd. - apackage of fun!
»Ich war scheißbetrunken!«, protestierte Janson und verfiel in den Dialekt der Home Counties. »Die verdammten Türken. Dieses Mädchen hat mir eine >Privatvorstellung< versprochen - ich nehme an, sie hat Bauchtanz gemeint!«
»Das wette ich«, erwiderte der Mann und grinste dabei anzüglich. »Wo Sie doch ein solcher Unschuldsengel sind.«
Nach ein paar Tagen, in denen er vor seinen Schützlingen hatte den Affen machen müssen, genoss er die Gelegenheit, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.
»Aber mich einfach hier allein zu lassen! Ich weiß schon, es war ein Pauschalurlaub - aber das gehörte doch wirklich nicht mit zur Pauschale! Mich einfach hier sitzen zu lassen, als ob ihnen das völlig egal wäre.«
»Kommt vor, kommt vor. Sie können doch schließlich nicht erwarten, dass die ganze Gruppe den Nachhauseflug verpasst, bloß weil einer über die Stränge geschlagen hat. Das wäre doch unvernünftig, oder?«
»Verdammte Sauerei, ich war wirklich ein Riesenidiot«, sagte Janson und zerfloss dabei beinahe vor Selbstmitleid. »Das Denken einfach dem kleinen Kopf zu überlassen und nicht dem großen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»>Wer unter uns ohne Schuld ist...<, so steht es in der Bibel«, erwiderte der Mann, der jetzt den Eindruck machte, seinem in Not geratenen Gegenüber wirklich helfen zu wollen. »Und jetzt nennen Sie mir noch einmal den Namen, bitte.«
»Cavanaugh. Richard Cavanaugh.«
Er war volle zwanzig Minuten
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