Der Jet-set-Dämon
meiner sitzenden Position schaute ich Suko an. »Ob der Bericht etwas mit seinem Tod zu tun hat?«
»Bestimmt.«
»Weißt du ihn noch auswendig?«
Suko machte eine abwehrende Handbewegung. »Was ist da schon auswendig zu wissen? Er war ziemlich allgemein gehalten. Oder hast du etwas Spezielles darin entdeckt, das ein Mordmotiv hervorgerufen haben könnte?«
»Auch nicht.«
»Und trotzdem wurde er getötet.«
Ich stand wieder auf. »Machen wir es wie die Kollegen von der Mordkommission! Laß uns das Zimmer genau durchsuchen! Wenn ich diesen komischen Chefredakteur richtig verstanden habe, wartet der praktisch auf die Fortsetzung. Wenn sie tatsächlich termingebunden war, wird Hansen sie sicherlich schon geschrieben oder zumindest skizziert haben.«
Wir teilten uns die Arbeit. Ich nahm mir die rechte Hälfte des Zimmers vor, Suko die linke. Die Kommode besaß mehrere breite Schubladen. Der Reihe nach zog ich sie auf. Zwei Hemden entdeckte ich, auch Unterwäsche und — in der obersten — einen grünen Schnellhefter, den ich aufschlug und einige mit der Maschine beschriebene Seiten vor mir sah. Als ich mich umdrehte, hielt Suko eine flache Reiseschreibmaschine in der Hand. Er hatte sie in einem schmalen Schrank gefunden, in dem von der Breite her so eben ein Anzug hineinpaßte.
»Hier!« Ich schwenkte den Hefter.
Suko stellte die Maschine wieder weg. Er kam zu mir, und wir lasen das Geschriebene gemeinsam.
Es war kein klarer Bericht, den man hätte abdrucken können. Eher ein Entwurf. Zudem stützte er sich auch nur auf Vermutungen, nicht auf irgendwelche Tatsachen.
Und doch war er sehr interessant, denn Hansen beschäftigte sich darin mit Damiano Fulgera. Er führte noch einmal auf, daß dieser Mann einige Menschenleben gerettet hatte, aber nach der Rettung wie ein Gespenst bei Tageslicht verschwunden war.
Hansen fragte sich sogar, ob dieser Fulgera, dessen Spuren sich immer verliefen, ein Mensch war. Oder nur eine Einbildung? Dafür jedoch gab es zu viele Zeugen. Er hatte auch die Namen der Geretteten herausgefunden, die wir uns notierten.
»Das könnte uns weiterhelfen«, murmelte ich.
»Blättere mal um.«
Wir waren auf der letzten Seite angelangt, und sie enthielt den brisantesten Text. Beide gerieten wir ins Staunen, denn Hansen hatte tatsächlich etwas Entscheidendes herausgefunden. Dort war die Rede von einem Privatjet, der Fulgera gehörte und der startbereit stand, um Passagiere aufzunehmen.
»Der will einen Flug mit den Leuten machen«, sagte Suko.
»Mit welchen?«
»Keine Ahnung. Möglicherweise mit Freunden.«
»Oder mit denen, die er gerettet hat.«
»Was ergäbe das für einen Sinn?«
»Keine Ahnung. Wenn wir ihn haben, werden wir ihn fragen.« Ich klappte den Hefter zusammen. »Hast du gelesen, von welch einem Flughafen der Jet starten wird?«
»Nein.«
»Paris liegt zentral«, sagte ich und zwinkerte Suko zu.
»Los, Alter, jetzt müssen wir unsere Beziehungen zu den französischen Kollegen spielen lassen. Den stoppen wir.«
»Falls er noch nicht gestartet ist«, bemerkte Suko… Selten zuvor in ihrem Leben war Sandra Ceur so aufgeregt gewesen wie an diesem Tag, wo die Reise losgehen sollte. Natürlich war sie der Einladung gefolgt. Sie wollte schließlich den Mann, der ihr das Leben gerettet hatte, unbedingt näher kennenlernen.
Auf dem Flugplatz Charles de Gaulle sollte die Maschine starten. Mit dem eigenen Wagen war Sandra von Cannes nach Paris gefahren, hatte das Auto in der Garage stehen und sich von einem Taxi zum Flughafen bringen lassen. Der Raum, in dem sie sich einfinden sollte, war in der Einladung angegeben.
Da Sandra ziemlich spät dran war, mußte sie sich beeilen. Und sie war auch die letzte, die atemlos am Ziel eintraf.
Die anderen warteten schon.
Sandra stellte sich vor. Sie erfuhr die Namen zweier deutscher Ehepaare.
Hans und Elke Sander, Martina und Jörg Richmann. Sogar eine Amerikanerin war anwesend. Das Mädchen, etwa in ihrem Alter, stellte sich nur als Kiki vor.
»Okay, ich bin Sandra.«
Kiki rauchte die Zigarette mit einer Spitze. »Wir haben auf dich gewartet, Sandra. Hat er dich auch aus der Patsche geholt?«
»Und wie?«
»Erzähle mal.« Kiki griff zum Drink, aber Sandra kam nicht mehr dazu, ihren Bericht abzugeben, denn die Tür öffnete sich, und ein Flughafen-Bediensteter betrat den Warteraum. Er stellte sich namentlich nicht vor, freute sich aber, daß alle eingetroffen waren.
»Ihr Gepäck wird abgeholt und zur Maschine gebracht.
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