Der Judas-Code: Roman
Wohnung durchstellen.
Wer tat dort gerade Dienst?
Er bat Brant, die Sicherheitsabteilung anzuweisen, das Bild der Videokameras auf seine Büromonitore durchzustellen.
Während Painter wartete, gingen ihm Vigors Worte durch den Kopf.
Die in den Steinboden gemeißelten Zeichen...
Painter schüttelte den Kopf.
Blödsinn.
... gehören der Sprache der Engel an.
01:04
Gray raste über den Greenwich Parkway in die exklusive Wohngegend von Foxhall Village. Am Ende der Straße bog er nach links in eine Allee ab. Er nahm das Gas weg und ließ den Wagen ausrollen. Vor ihm tauchte die konspirative Wohnung auf, ein zweistöckiges Backsteinhaus im Tudor-Stil mit waldgrünen Fensterläden, das sich harmonisch dem Glover-Archibold-Park anfügte.
Wegen des offenen Verdecks konnte er den feuchten Wald riechen.
Die Verandabeleuchtung war eingeschaltet, außerdem brannte noch eine Lampe im oberen Eckfenster.
Das bedeutete, die Luft war rein.
Er riss das Steuer herum und lenkte den über den Bordstein holpernden Wagen in die Einfahrt, was die verletzte Seichan mit einem Stöhnen quittierte.
»Wo sind wir hier?«, fragte seine Mutter.
Gray bremste unter dem Vordach an der linken Hausseite. Der Seiteneingang war nur wenige Schritte entfernt. Unterwegs hatte er wiederholt versucht, seine Eltern zum Aussteigen zu bewegen, doch mit jedem Krankenhaus und jeder Sanitätsstation, die er links liegen ließ, waren sie sturer geworden. Jedenfalls galt das für seine Mutter. Sein Vater behielt seine gewohnte Sturheit einfach bei.
»Das ist eine konspirative Wohnung«, sagte er, denn es hatte wenig Sinn, noch länger an der Lüge festzuhalten. »Hilfe ist bereits unterwegs. Bleibt erst mal im Wagen.«
Die Tür an der Hausseite öffnete sich. Eine große Gestalt füllte den Eingang aus. Eine Hand hatte sie auf die Waffe im Gürtelhalfter gelegt. »Sind Sie das, Pierce?«, fragte der Mann in barschem Ton, während er die Wageninsassen misstrauisch beäugte.
»Ja.«
Der Mann trat ins Licht. Er war ein Affe von Mann, mit dicken Armen und Beinen und braunem, kurz geschorenem Haar. Er trug Uniform. Besonders unauffällig war das nicht.
»Ich heiße Kowalski. Crowe möchte Sie sprechen.« In der Hand hielt er ein Handy.
Gray ging ums Wagenheck herum. Der Unterhaltung mit dem Direktor, dem er erklären musste, dass die Tarnung aufgeflogen war, sah er mit gemischten Gefühlen entgegen. Wenn man seine Eltern mitbrachte, konnte von Geheimhaltung keine Rede mehr sein.
Das ältere Pärchen im Cabrio gab dem Mann offenbar zu denken. Er musterte die Neuankömmlinge mit zusammengezogenen Brauen und kratzte sich am Kinn.
»Ist das ein 352er?«, fragte er, als Gray sich ihm näherte.
Gray wurde aus seiner Bemerkung nicht schlau.
»Nein, das ist ein 390er Motorblock. Ein restaurierter V8 von einem Ford Galaxie.«
»Hübscher Wagen.«
Der Mann hatte offenbar nicht seine Eltern gemustert, sondern das Auto.
Seichan, der vielleicht das Fehlen des Fahrtwinds und das Ende der Schaukelei aufgefallen war, regte sich auf dem Rücksitz. Sie bemühte sich kraftlos, sich aufzusetzen.
»Helfen Sie mir, sie ins Haus zu bringen?«, sagte Gray. Als er das Handy entgegennahm, bemerkte er auf dem rechten Bizeps des Mannes die untere Hälfte des Ankers der U. S. Navy. Hätte man den Eintrag »Marineinfanterist« im Wörterbuch illustrieren wollen, wäre das Foto dieses Mannes ideal gewesen.
Seine Mutter öffnete die Beifahrertür. »Wo sind die Sanitäter?« Der Hüne vermochte sie offenbar nicht zu beruhigen; die Handtasche hatte sie ängstlich an die Hüfte gedrückt.
Gray hob beschwichtigend die Hand.
»Ma’am«, sagte Kowalski und zeigte zur Küche. »Auf dem Küchentisch steht ein Verbandkasten. Mit Morphiumspritzen und Riechsalz. Ich habe auch Nähzeug dazugelegt.«
Seine Mutter nickte anerkennend. »Ich danke Ihnen, junger Mann.«
Mit einem vorwurfsvollen Blick auf Gray trat sie ins Haus.
Gray hielt sich das Handy ans Ohr. »Direktor Gray, hier ist Commander Pierce.«
»War die Frau, die eben ausgestiegen ist, etwa Ihre Mutter?«
Wie zum Teufel... ?
Gray bemerkte die unter dem Schutzdach verborgene Überwachungskamera. Offenbar wurden die Bilder ans Hauptquartier übermittelt. Ihm wurde ganz heiß.
»Sir...«
»Darüber unterhalten wir uns später. Gray, aus Rom wurden Neuigkeiten gemeldet, die mit unserem Gast in Beziehung stehen. Wie geht es der Gefangenen?«
Gray blickte zum Cabrio. Der Wachposten und sein Vater unterhielten sich
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