Der Judas-Code: Roman
los geht’s!«
Monk bückte sich, zog die Tür hoch und ließ den Verschluss einrasten. Graff hob die Trailergabel an, während Monk von hinten schob. Mit vereinten Kräften bugsierten sie den Trailer ans Wasser. Dank der Gummireifen bereitete ihnen das keine große Mühe.
Graff löste die Befestigung des Jetskis, während Monk zur Geräteausgabe zurückrannte und Tarierweste und Lufttanks anlegte. Fertig ausgerüstet, streifte er sich noch eine Windjacke mit dem Logo der Mango Lodge über.
Schwer beladen stapfte Monk wieder zum Strand und half Graff, den Jetski vom Trailer ins Wasser zu schieben. »Halten Sie sich versteckt«, wies er Graff an. »Aber wenn Sie ein Funkgerät oder so was Ähnliches finden, versuchen Sie, Kontakt mit den Behörden aufzunehmen.«
Graff nickte. »Seien Sie vorsichtig.«
Monk brachte den Motor auf Touren und startete Richtung Smith Point. Graff schob den leeren Trailer zurück zur Geräteausgabe.
Monk beugte sich auf dem Sitz weit vor und gab Vollgas. Die Windjacke knatterte im Fahrtwind. Eine Gischtwolke wurde aufgewirbelt. Smith Point rückte immer näher. Endlich hatte er den Felsvorsprung erreicht und raste ohne langsamer zu werden daran vorbei.
An der anderen Seite der Bucht ragte die Mistress of the Seas auf wie eine weiße Burg. In der Nähe waren brennende Öllachen und rauchende Bootswracks auf dem Wasser verteilt. Selbst die Mole war völlig zerstört. Und inmitten der Kriegszone rasten mit brüllenden Motoren die Speedboote der Piraten umher.
Sie machten Jagd auf Überlebende.
Auf in den Kampf.
Wie ein Torpedo in Gleitfahrt schoss Monks Jetski ins Getümmel.
14:08
»Wir können doch nicht einfach nur tatenlos abwarten«, sagte Lisa.
»Einstweilen rühren wir uns nicht vom Fleck«, meinte Henri Barnhardt warnend.
Sie hatten sich in eine leer stehende Außenkabine zurückgezogen. Lisa stand vor einem der beiden Bullaugen. Henri hatte an der Tür Posten bezogen.
Als sie vor einer Stunde durchs ganze Schiff geflüchtet waren, hatten sie festgestellt, dass an Bord Chaos herrschte. Uniformierte Besatzungsmitglieder und verwirrte Passagiere, kranke wie gesunde, drängten sich auf den Gängen. Das durchdringende Geheul der Schiffssirene hatte die Detonationen und das Gewehrfeuer nahezu übertönt. Jemand hatte die Brandschutztüren geschlossen und die einzelnen Schiffsbereiche voneinander isoliert.
Währenddessen räumten maskierte Bewaffnete die Gänge und schossen jeden nieder, der Widerstand leistete oder sich zu langsam bewegte. Lisa und Henri hörten die Schreie, die Schüsse, das Stiefelgepolter über ihren Köpfen. Um ein Haar wären sie selbst erschossen worden. Gerettet hatte sie ein Sprint durch den vergoldeten Showroom und einen angrenzenden Gang.
Sie hatten keine Ahnung, wie lange sie noch durchhalten würden.
Die Übernahme der Mistress of the Seas war so schnell vonstattengegangen, dass man annehmen musste, dass auch Besatzungsmitglieder daran beteiligt waren.
Lisa blickte aus dem Bullauge. Das Meer stand in Flammen. Eine Handvoll verzweifelte Passagiere sprangen in der Hoffnung, sie könnten schwimmend ans Ufer gelangen, von den oberen Balkonen ins Wasser.
Die Männer auf den Kanonenbooten aber waren wachsam und verschossen eine Salve nach der anderen.
Inmitten der brennenden Trümmer schwammen Leichen.
Es gab kein Entkommen.
Was sollte das? Was ging da vor?
Schließlich verstummte die Alarmsirene mit einem letzten Winseln. Die plötzliche Stille war nahezu greifbar. Selbst die Luft schien sich verdickt zu haben.
Auf dem Deck über ihnen schluchzte jemand.
Henri suchte Lisas Blick.
Aus dem Kabinenlautsprecher kam eine Durchsage auf Malaiisch. Lisa verstand kein Wort. Auch Henri, der Toxikologe, schüttelte bedauernd den Kopf. Er verstand ebenfalls nichts. Dann wurde die Durchsage auf Chinesisch wiederholt. Das waren die beiden meistgesprochenen Sprachen auf der Insel.
Schließlich ging der Sprecher zum Englischen über. Er hatte einen starken Akzent.
»Das Schiff ist jetzt in unserer Hand. Auf den Decks patrouillieren unsere Leute. Wer auf dem Gang herumläuft, wird ohne Vorwarnung erschossen. Wer unseren Anordnungen Folge leistet, hat nichts zu befürchten. Ende der Durchsage.«
Im Lautsprecher knackte es.
Henri vergewisserte sich, dass die Kabinentür abgeschlossen war, dann trat er neben Lisa. »Das Schiff wurde übernommen. Das muss von langer Hand vorbereitet worden sein.«
Lisa musste an die Achille Lauro denken, das italienische
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