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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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sind heilig. Vierzehn Bücher, die vielen als heilig galten, schlossen sie aus. Es war harter Streit unter ihnen, aber sie prüften sich scharf, daß sie nur das Wort Jahves sprechen ließen, wie man es ihnen überliefert hatte, nicht eigene eitle Weisheit. Kein Schlaf kam über sie, sie fühlten sich besessen von Jahve, als sie diese Sichtung vornahmen, die verbindlich sein sollte für alle Zeiten. Sie trennten sich, als schon die Sonne aufgegangen war. Jetzt erst spürten sie ihre Erschöpfung, es war trotz des Schmerzes über das zerstörte Heiligtum keine unglückliche Erschöpfung.
      Als die andern schon weggegangen waren, erinnerte den Großdoktor Jochanan Ben Sakkai sein Schüler Arach: »Sie haben mir den Spruch für diesen Tag noch nicht diktiert, mein Doktor und Herr.« Der Großdoktor besann sich eine Weile, dann diktierte er: »Wenn du zur Tafel gezogen wirst bei einem Herrscher, so setze ein Messer an deine Kehle, ehe daß du gierig wirst nach seinen Leckerbissen; denn sie sind sehr trügerisch.« Arach sah des Großdoktors müdes, bitteres Gesicht; er erkannte, daß ihm bange war um seinen Liebling Josef Ben Matthias, daß er für ihn fürchtete in seinem Herzen.

    Es geschah aber der Untergang des Tempels am 29. August des Jahres 823 nach Gründung der Stadt Rom, am 9. Ab des Jahres 3830 jüdischer Zeitrechnung. Auch ein 9. Ab war es gewesen, an dem der erste Tempel durch Nebukadnezar zerstört wurde. Dieser zweite Tempel hatte sechshundertneununddreißig Jahre, einen Monat und siebzehn Tage gestanden. Alle diese Zeit hindurch war jeden Morgen und jeden Abend das Brandopfer dargebracht worden zu Ehren Jahves, viele Tausende von Priestern hatten die Riten vollzogen, wie sie aufgeschrieben sind im Dritten Buch Mosis und bis ins kleinste erläutert durch Generationen von Doktoren.

    Der Tempel brannte noch zwei Tage und zwei Nächte. Am dritten Tag standen von seinen vielen Toren nur mehr zwei. Mitten unter den Trümmern, auf den gewaltigen Blöcken des Brandopferaltars, dem einsam und sinnlos ragenden Osttor gegenüber, pflanzten jetzt die Römer ihre Adler auf und brachten ihnen das Siegesopfer. Wenn mehr als sechstausend feindliche Tote das Schlachtfeld deckten, dann pflegte die Armee ihren Feldherrn zum Imperator auszurufen. So nahm jetzt Titus auf der Höhe des Altars die Huldigung seiner Truppen entgegen.
      Den Marschallstab in der Hand, den roten Feldherrnmantel um die Schultern, hinter sich die Goldenen Adler, stand jetzt, wo sonst die Rauchsäule Jahves aufgestiegen war, er, ein fleischernes Idol an Stelle des unsichtbaren Gottes. Die Legionen zogen vorbei, sie schlugen die Schilde zusammen, sie schrien: Sei gegrüßt, Imperator Titus. Stundenlang erfüllte das eiserne Geklirr und der Jubelruf seiner Soldaten des Titus Ohr.
      Er hatte diese Stunde ersehnt, seitdem ihn in Alexandrien sein Vater mit der Führung des Feldzugs beauftragt hatte. Jetzt ließ sie ihn kalt. Berenike war fort, war geflohen vor dem Anblick des brennenden Heiligtums, vor ihm, dem Wortbrüchigen. War er wortbrüchig? Er hat klaren Befehl gegeben, den Tempel zu schonen. Es waren die Götter, die anders beschlossen hatten, wahrscheinlich der Judengott selbst, erzürnt über den Frevel und die Verstocktheit seines Volkes. Nein, nicht ihn, den Feldherrn, trifft die Schuld am Untergang des Heiligtums. Er beschließt, die Vorgänge so zu klären, daß alle Welt das erkennen soll.
      Einige gefangene Juden hatten ausgesagt, der Brand habe in der Holzkammer begonnen. Sie hätten zu löschen versucht. Die römischen Soldaten hätten aber immer neue Feuerbrände in die Holzstöße geschleudert. Dies konnten nur die Mannschaften des Lösch- und Aufräumekommandos getan haben. Titus stellte den Pedan und seine Leute vor ein Kriegsgericht, dem er selber präsidierte.
      Kurz bevor dieses Gericht tagte, hatte er eine Unterredung mit dem Marschall Tiber Alexander. »Hassen Sie mich eigentlich«, fragte er den Marschall, »weil der Tempel dieses Jahve niedergebrannt ist?« – »Haben Sie den Tempel niedergebrannt, Cäsar Titus?« fragte mit seiner verbindlichen Stimme der Marschall. »Ich weiß es nicht«, sagte Titus.
      Man befragte die Angeklagten: »Hat die Erste Kohorte Feuerbrände in das Tempelhaus geworfen?« – »Wir wissen es nicht, Cäsar Titus«, erklärten die Soldaten, schallend, treuherzig, kameradschaftlich. Keiner hatte etwas davon gesehen, daß der Hauptmann Pedan einen Feuerbrand geschmissen hatte. »Es

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