Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
mitten unter den Herren des Zweiten Adels, dies war der Platz, den er vor fünf Jahren für sich erträumt hatte. Steif und zugesperrt saß er unter den angeregten Menschen, sein hochmütiges Gesicht fiel weithin auf. Man wußte auf den Bänken des Adels, daß der Kaiser ihn beauftragt hatte, die Geschichte des Krieges zu schreiben. Bücher standen hoch in Ansehen in der Stadt Rom. Man betrachtete neugierig den Mann, der für so viele Menschen Ruhm und Tadel in der Hand hielt.
      Josef saß still und beherrscht, aber in seinem Innern war er voll Aufruhr. Er war durch das jubelnde, vom Lärm froher Erwartung gefüllte Rom gegangen. Die Häuser, die Kolonnaden geschmückt, überall, auf Gerüsten, Vorsprüngen, Bäumen, Torbögen, Dächern, bekränzte Menschen. Auch hier in der Großen Rennbahn waren alle bekränzt und hatten Blumen im Schoß, in den Armen, um sie den Vorüberziehenden zuzuwerfen. Nur Josef hatte die Kühnheit, kahl dazusitzen.
      Dem Zug voran schritten die Herren des Senats, etwas mühevoll in ihren hochgesohlten, roten Schuhen. Die meisten von ihnen gingen ungern in diesem Zug mit, mit vielen inneren Vorbehalten. Im Grund ihres Herzens waren sie voll Verachtung für die Emporkömmlinge, die sie feiern mußten. Der Spediteur und sein Sohn hatten das Reich an sich gerissen, aber sie blieben auch auf dem Thron Bauern und Pöbel. Josef sah das hagere, skeptische Gesicht des Marull, den feinen, müden, grausamen Kopf des Mucian. Mucian, trotz des Galakleides, hielt den Stock hinterm Rücken, sein Gesicht zuckte. Es war ein Tag gewesen, da standen die Schalen der Waage gleich, und Josef hätte vielleicht nur ein starkes Wort hineinwerfen müssen, dann hätte die Schale des Mucian sich gesenkt und die des Vespasian sich gehoben.
      Die Minister kamen. Es machte dem eingeschrumpften, krankheitgeplagten Talaß viel Beschwer, sich mitzuschleppen, aber es war sein Werk, daß dieser Zug stattfand, der Alte wollte seinen großen Tag nicht versäumen. Dann, allein, einen kleinen Raum um sich, schritt Claudius Regin, ernsthaft, ungewohnt aufrecht. Nein, er machte sich’s wirklich nicht bequem. Aus harten, bösen, unverhängten Augen blickte er um sich, wachsam, und er verdarb den Schaulustigen den Spaß: vergebens suchten sie an seinem dritten Finger die berühmte Perle, und seine Schuhriemen waren fest gebunden, Musik kam, viel Musik. Heute spielten alle Banden militärische Weisen, am liebsten den Marsch der Fünften, der rasch populär geworden war: »Unsre Fünfte, die macht alles.«
      Die Beute des Feldzugs kam, jene Beute, von der man so Märchenhaftes gehört hatte. Man war verwöhnt, übersättigt. Aber als das nun vorbeikam, Gold, Silber, Elfenbein, nicht einzelne Stücke, sondern ein Strom, da konnte man nicht an sich halten. Man reckte den Hals, starrte über die Schulter des Vormannes, die Frauen stießen kleine, schrille Schreie aus, der Bewunderung, des Begehrens. Es floß daher, unendlich, Gold, Silber, edle Stoffe, Gewänder, und immer wieder Gold, in jeder Form, gemünzt, in Barren, gegossen in Gefäße aller Art. Dann Kriegsgerät, Waffen, Feldbinden mit den Initialen Makkabi, saubere, schmutzige, blutgetränkte, in Körben, auf Wagen, viele Tausende. Feldzeichen, Fahnen mit blockigen, hebräischen Buchstaben und mit syrisch-aramäischen, einst geschaffen, die Herzen zu erheben, jetzt mit Geschick zusammengestellt, um blasierte Zuschauer zu unterhalten. Tragbare Bühnen mit blutrünstigen Darstellungen von Kriegsszenen, gigantische Schaugerüste manchmal, vierstöckig, daß die Zuschauer sich erschreckt zurückbogen, wenn das einherschwankte, fürchtend, es möchte einstürzen, sie erschlagen. Zerbeulte Schiffe von der Schlacht an der Küste von Joppe, erbeutete Kähne aus Magdala. Und immer wieder Gold. Es ist kein Wunder, daß der Preis des Goldes sinkt, schon beträgt er nur mehr die Hälfte des Vorkriegspreises.
      Jetzt aber wird es still, denn nun kommen Beamte des Kaiserlichen Schatzamtes, in Galauniform, mit Lorbeerzweigen, sie geleiten die Hauptstücke der Beute. Getragen von Soldaten die goldenen Schaubrottische, der riesige, siebenarmige Leuchter, die dreiundneunzig heiligen Geräte des Tempels, die Schriftrollen des Gesetzes. Hoch heben sie die Träger, auf daß alle die Rollen sehen können, das Gesetz Jahves, erbeutet von dem großen guten Jupiter der Römer.
      Dahinter eine groteske Musik. Es sind die Instrumente des Tempels, die Zimbel des Ersten Leviten, die

Weitere Kostenlose Bücher