Der jüdische Krieg.
Stelle. Er war der Jude Apella, er sprang, tanzte, strich sich den zweigeteilten Bart, führte mit sich seine Gebetriemen, seinen unsichtbaren Gott. Hin und her gerissen zwischen seiner Kunst und seiner Seligkeit, denn eines mußte er mit dem andern bezahlen, hatte er sich für seine Kunst entschieden. Josef sah ihn einhergehen, den Zerrissenen, einen großen Schauspieler, einen armen Menschen.
Es folgten die Generäle der Legionen und die Offiziere und Soldaten, die sich hohe Auszeichnungen verdient hatten. Einer vor allem wurde mit Jubel akklamiert. Wo er einherkam, der Liebling der Armee, unser Pedan, der Träger des Graskranzes, da begann man zu singen, das deftige Lied der Fünften, und die Herzen hoben sich. Ja, das war Fleisch von unserm Fleisch, das war Rom. Dieser vergnügte, seiner sichere Mensch, dem konnte nichts an, mit dem war der capitolinische Jupiter. Vage Gerüchte gingen um, auch diesmal sei er es gewesen, der es geschafft hat. Was er eigentlich geleistet hatte, das durfte man aus gewissen Gründen nicht genauer sagen; aber daß es etwas Großes war, das geht ja schon daraus hervor, daß man ihm wiederum eine so hohe Auszeichnung verliehen hat. Josef sah das häßliche, nackte, einäugige Gesicht. Da ging er hin, verschmitzt, behaglich, kräftig, laut, zufrieden, ein Mann. Nein, gegen diese satte Gemeinheit kam keiner auf. Diesem Soldaten, der niemals zweifelte, der immer einverstanden war mit sich, dem gehörte die Welt, für ihn hatte sein Jupiter sie erschaffen.
Und jetzt schimmerte es heran, turmhoch, lorbeerbekränzt, gezogen von vier weißen Rossen, der Triumphwagen. Auf ihm Vespasian. Das Gesicht, damit es dem des Jupiter gleiche, mit Mennige geschminkt. Lorbeer auf dem breiten, unbedeckten Bauernschädel, den alten, untersetzten Körper gekleidet in den besternten Purpurornat, den der capitolinische Jupiter ihm für diesen Tag hatte abtreten müssen. Etwas gelangweilt schaute er auf die jubelnde Menge. Noch gut drei Stunden würde das dauern. Das Kleid des Jupiter war schwer, das lange Stehen auf dem schwankenden Wagen war auch alles andere als behaglich. Er hat das wirklich nur wegen seiner Söhne auf sich genommen. Eine Dynastie gründen ist eine mühevolle Sache. Warm ist es. Jupiter muß es im Sommer bedeutend heiß haben, wenn man schon im April in seinen Kleidern derartig schwitzt. Was dieser Triumph kostet, nicht auszudenken. Zwölf Millionen hat Regin veranschlagt, es werden sicher dreizehn, vierzehn werden. Man könnte das Geld wahrhaftig besser verwenden, aber diese Fetthirne müssen immer ihre Repräsentation haben, dagegen ist nichts zu machen. Daß der Tempel nicht mehr da ist, ist recht angenehm. Der Junge hat das geschickt gedreht. Wenn das Unanständige nützlich ist, muß man es tun, und hernach muß man sich Skrupel machen. Nur so besteht man im Leben und vor den Göttern. Der Leibeigene hinter ihm, der die schwere, goldene Krone des Jupiter über seinem Haupt hält, ruft ihm die vorgeschriebene Formel zu: »Sieh hinter dich und vergiß nicht, daß du ein Mensch bist.« Na ja, hoffentlich hat er noch recht lange Zeit, ehe er ein Gott wird. Er denkt an die Statuen der vergotteten früheren Kaiser. Dieser Triumph wird dazu beitragen, daß er eine Woche früher ein Gott wird. Der Wagen stößt. Vespasian schaut ächzend nach der Sonnenuhr.
Titus, auf dem zweiten Triumphwagen, sieht oft nach dem Amulett, das ihn vor Neid und bösem Blick schützen soll; denn neben ihm reitet sein Bruder Domitian, das Früchtchen. Aber die Sorge vor dem Neid des Bruders kann ihm den Stolz dieses Tages nicht verderben. Kalt strahlend steht er auf seinem Wagen, erhoben über alles Menschliche, der Soldat am Ziel, der fleischgewordene Jupiter. Wie er an der Kaiserlichen Loge vorbeikommt, ernüchtert er sich freilich auf eine kurze Weile. Die Frau ist nicht da, die Frau haben sie ihm genommen. Wem denn will er sich zeigen in seinem Glanz, was hat das alles für einen Sinn ohne die Frau? Sein Auge sucht unter der Menge, sucht auf den Plätzen des Zweiten Adels. Wie er Josef entdeckt hat, streckt er ihm den Arm zu, grüßend.
Die Wagen der Triumphatoren zogen weiter, machten halt am Fuß des Capitols. Augenzeugen meldeten: Simon Bar Giora ist gegeißelt, erwürgt. Ausrufer schrien es unters Volk. Jubelgeschrei: der Krieg war aus. Vespasian und sein Sohn stiegen herab von ihren Wagen. Opferten Schwein, Bock und Stier, um sich und das Heer zu entsühnen, falls man sich während des
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